KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Montag, 17. Mai 2021, 22:17
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Moral versus China

767. Kolumne


Zum Einfordern moralischer Haltungen - ein großes Thema unserer Zeit - ein paar Gedanken:
Solange wir von unseren Autoexporten nach China abhängig sind, werden wir Europäer politisch in China nichts bewirken.
Bevor wir uns um chinesische Verfassungswirklichkeiten Sorgen machen, müssen wir unsere Interessen ausbauen: einen (auch militärisch) starken europäischen Staat schaffen.
Auf die Neue Seidenstraße muss ein starkes Europa als kooperierende Macht antworten mit einer gestärkten Wirtschaft. Wahrscheinlich müssen auch starke (Zweck-)Bündnisse mit den USA, Kanada und Russland geschlossen werden, um auf Dauer mithalten zu können.
Generell sehe ich die gesamte politische Lage wie Schillers Wallenstein (V. 788f.): „Leicht beieinander wohnen die Gedanken, Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen.“
Da spielt die Moral nicht die Hauptrolle. In der Regel werden moralische Positionen instrumentalisiert für politische und wirtschaftliche Interessen. Dazu noch ein Satz aus WALLENSTEIN (V. 1716): „Laß nicht zu viel uns an die Menschen glauben.“ Und ich füge noch Brechts Sentenz hinzu: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“
Ergo: In größeren Weltzusammenhängen entscheidet nicht die moralische Intention, sondern die Durchsetzung der Interessen. Die Fälle, wo moralische Positionen nicht instrumentalisiert werden, sind selten und ereignen sich vornehmlich im überschaubaren privaten Zusammenhang Einzelner.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (07.06.21)
Gerne gelesen. Leider kenne ich mich mit Schillers Wallenstein nicht aus. Ist Wallenstein nicht 30jähriger Krieg?

 Bergmann meinte dazu am 07.06.21:
Ja, so ist es.
Schillers dreiteiliges Drama ist zugleich ein (geschichts-)philosophisches Werk.
Schiller, der sich über die frz. Revolution 1789ff. (vor allem ff.) sehr nüchtern und ernüchtert äußerte (auch in der 'Glocke'), hätte sich heutzutage garantiert mit China befasst.
Es gibt leider heute kein WALLENSTEIN vergleichbares Drama mehr. Wir leben nun mal in einer Zeit individueller Befindlichkeiten, hart am Rande eines kakophonischen Selbstmitleids beim "schwerelosen Aneinandervorbeireden" (Ingeborg Bachmann, Malina) ...
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