KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Sonntag, 07. Dezember 2014, 17:47
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Gedanken zur Montage-Technik

438. Kolumne


Gedanken zur Montage-Technik
Mit großem Vergnügen las ich Günther Anders’ Dialoge zum Wesen der Phantasie und des Phantastischen in der Malerei. Der Böcklinismus wird dabei zu hart kritisiert - denn das Wesen des Montierens (mit mehr oder weniger sichtbaren oder gar absichtlichen ‘Nähten’) bedeutet und bedingt ja auch ein neues Sehen der (surrealistischen oder symbolistischen) Maler und der Betrachter. Wie wäre außerdem Kafka zu beurteilen, der ja mit den Nähten seiner Bilder und Realitäten bewusst arbeitet, ich bin versucht zu sagen, bei Kafka ist die Naht ja schon das eigentliche Thema! Auch Thomas Mann muss hier mit seinen Montage-Romanen, vor allem „Doktor Faustus“, erwähnt werden. Aber Günther Anders, der 1955 darüber schrieb, traute wohl der Montage (und das heißt doch: dem Schöpfertum der Symbolisten und Surrealisten) nicht (so viel zu). Heute sind die impressionistischen Bilder uns so vertraut, dass die Sichtweise ihrer Maler gar nicht mehr genügt. Die Auflösung der Realität, die nicht mehr als Ganzheit begriffen wird, ist durch die Montage der Symbolisten und Surrealisten konsequent erweitert worden. Insofern tadele ich die polemische Kritik Anders’.
Ich denke übrigens, dass die Künstler, die sich der Mythologien bedienen, nur deutlicher neues Sehen provozieren, und zwar im Unterschied zu den Impressionisten schon im vollen Bewusstsein des Verlusts der Ganzheit; vielleicht ist das Wiederverwenden archetypischer Bilder (bei gleichzeitiger Weiterentwicklung von Mythologie! [Theologie entwickelt sich nicht anders weiter, selbst wenn am Ende eine Theologie ohne Gott stehen wird]) das verzweifelte Festhalten an der Hoffnung, es gebe im Werden der Geschichte und der Gesellschaft wenigstens eine anthropologische Kontinuität, damit die Selbstentfremdung nicht zur linearen (suizidalen) Selbstaufhebung führt, sondern nur zu einer dialektischen. Natürlich liegt darin utopisches Wollen und sehnsüchtiges Wünschen.
Die Weiterentwicklung der Montage-Prinzips sehe ich (schon seit Marcel Duchamps, später dann etwa bei Beuys, in der Literatur liegen die Dinge anders, die Literatur ist konservativer) in der Erweiterung des Kunst-Begriffs, der sich immer mehr auflöst ins Gesellschaftlich-Politische, und das sieht Günter Anders in seiner Polemik nicht, will oder kann es nicht sehen, ich weiß das nicht, oder er sieht es eben anders als ich.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 EkkehartMittelberg (02.01.15)
Die Weiterentwicklung des Montage-Prinzips entspricht auf jeden Fall der Realität einer höchst arbeitststeiligen Gesellschaft, der der Blick für die Zusammenhänge verloren geht und die ihre Wirklichkeit vielleicht nur in der Montage angemessen spiegeln kann.

 Bergmann (02.01.15)
Ein überzeugender Aspekt!
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