BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Dienstag, 07. April 2020, 15:38
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Frontbericht: "Auslandseinsatz"

Ja, die Fronten, von denen ich berichte, sind nicht immer nur in Deutschland zu finden. Am ersten Juni-Wochenende hatte ich mich für drei Tage an die europäische Ostfront begeben (um im Militärjargon zu bleiben) um dort beim "Metalfest Pilsen" den Metal zu verteidigen.
Aber Moment, "Metalfest Pilsen"? War da nicht mal was?
Doch. Vor ziemlich genau vier Jahren war ich schon mal teilweise dort, wie man in den beiden  Grenzgänger- Kolumnen nachlesen kann.

Nun aber zu diesem Jahr.
Ich werde die drei Tage chronologisch durchgehen und dabei das altbewährte Stichwortprinzip, sowie die Symbole "+" für positive, "-" für negative und "/" für sonstige Dinge und Aspekte, benutzen.
Wenn ihr Fragen habt, stellt sie gern in den Kommentaren oder auf meiner  Facebook-Seite.

Und los gehts. Oder ging es. Direkt nach der Spätschicht.

Tag 1, 01.06.2018

+ nachts Autobahn (A7, A3, A6) fahren -> kein Stress, keine Hektik, nur ab und zu Elefantenrennen
/ kurz nach Mitternacht spielt der Radiosender B1 die  "Bayernhymne"
- direkt im Anschluss die deutsche Nationalhymne (konnte leider nicht knien, aber zumindest saß ich)
+ zum Abschluss des "Hymnendreiers" kam dann noch die  "Europahymne", auch bekannt als "Ode an die Freude" von LUDWIG VAN BEETHOVEN
+ nach exakt vier Stunden die tschechische Autobahn 5 (zu der die A6 an der Grenze automatisch wird) in Richtung Pilsen verlassen
- das tschechische Nummerierungssystem der Autobahnabfahrten, sofern es da eins geben sollte (Grenze bis Pilsen: 144, 136, 128, 119, 107, 100, 93, 89)
- in einem der großen Kreisverkehre in Pilsen die falsche Ausfahrt genommen und ca. 5 Minuten in die falsche Richtung gefahren
+ im nächsten großen Kreisverkehr "gewendet" und dann im ersten Kreisverkehr die richtige Abfahrt genommen
+ ich kannte den Weg noch
- die eigentliche Straße zum Festivalgelände war gesperrt und alle Fahrzeuge, die zum Festival wollten, wurden über einen staubigen Schotterweg zum Festival-Parkplatz umgeleitet
- der Schotterweg glich einem ehemaligen Minenfeld, so viele Schlaglöcher wie da drin waren
+ Parken und Camping waren offiziell getrennt, so dass ich gegen 3 Uhr nachts im Schlafsack auf der umgeklappten Rückbank meines Autos lag und eine ruhige erste Nacht verbrachte
+ nach dem obligatorischen 2-Dosen-Frühstück (dieses Mal Würstchen und Apfelwein-Cola) den Schotterweg zum Gelände erkundet der zum Glück einige hundert Meter schnurgeradeaus führte und dann ca. 100 Meter vom Festivalgelände entfernt auf die Straße mündete, auf der ich ursprünglich dorthin fahren wollte
+ Festivalbändchen geholt und Geld umgetauscht (Kurs vor Ort: 1 € = 25 CZK)
+ da die erste Band, die mich interessierte erst um 13:00 Uhr spielen sollte, hatte ich genug Zeit um zurück zum Auto zu gehen, mein Duschzeug zu holen und die Dusch- und Toilettencontainer in der Nähe des Eingangs aufzusuchen (Preise: duschen: 50 CZK, Toilette 10 CZK)
+ frisch geduscht zurück zum Parkplatz gekommen, der inzwischen voller geworden war, und meine Nachbarn kennen gelernt, die mir direkt eine Dose tschechisches Bier in die Hand drückten
/ das, was mir der eine Nachbar, der etwas englisch sprach, über seinen Musikgeschmack (Old School Thrash ala OVER KILL, TANKARD, etc.) erzählte, passte nicht ganz zu dem (mir persönlich zu) modernen Zeug, was er dann kurze Zeit später in seinem Auto abspielte (FIVE FINGER DEATH PUNCH, AVENGED SEVENFOLD, etc.), bevor ich zurück aufs Gelände ging
+ erste Band des Festivals: SVARTSOT aus Dänemark, deren Folk Metal einen guten Start in den Festivaltag lieferte
+ die Sitzbänke in der unteren Hälfte des Amphitheaters, in dem das Festival stattfand, wurden komplett erneuert
+ die Lokalhelden und Maskenträger DYMYTRY gingen mit ihrer Mischung aus Rock, Metal, Punk und Industrial gut bei mir rein
+ der Cider (0,4 L für 40 CZK) auch, ich hatte mein Getränk für den Tag gefunden
- die Verkaufsstände auf dem Gelände hatten fast nur gefälschtes Bandmerch
+ nach vier Jahren endlich wieder gebratene Nudeln mit Gyros
+ mit BRAINSTORM startete mein fast 6,5-stündiges Abendprogramm durchaus fulminant, inklusive fast aller meiner Lieblingssongs von ihnen
+ FREEDOM CALL konnten das Level im Anschluss nicht nur halten, sondern sogar steigern
/ die einzige Band des Tages, die ich mir direkt aus dem Stehplatzbereich vor der Bühne anschaute
- von der Bühne her wurde durchgesagt, dass der Flieger von DEATH ANGEL gecancelled wurde und die Band ihren Auftritt am kommenden Tag leider absagen muss
- die Durchsage war nur auf tschechisch, weshalb ich mich erst einmal bei dem Menschen, der gerade neben mir lief erkundigen musste, worum es eigentlich ging
/ SONATA ARCTICA schaffen es dieses Jahr einfach nicht, mich komplett zu überzeugen, auch wenn sie dieses Mal schon mehr gute Songs gespielt haben, als bei beiden Auftritten auf der  "70000 Tons of Metal" zusammen
+ NIGHTWISH überzeugten mich dafür vom Start weg mit einer tollen Performance und einem Streifzug durch die Bandgeschichte, inklusive Songs aller drei Sängerinnen...
+ ... diese Songs wurden von Frontfrau FLOOR JANSEN in einer Art und Weise vorgetragen, die sowohl nah an den "Originalen" waren, aber trotzdem auch eine eigene Note enthielten
/ einige Songs wie "Wishmaster", "Planet Hell" oder "Alpenglow" fehlten zwar, allerdings hatte die Band im Vorfeld auch angekündigt, einige Klassiker zugunsten einer ausgewogeneren Setlist, die die gesamte Karriere umspannt, weg zu lassen
- der Weg zurück zum Parkplatz war unbeleuchtet und die Bäume ließen kaum Mondlicht durch
+ ich kam trotzdem unbeschadet am Auto an
- im Auto war es zu warm, konnte kaum schlafen

Tag 2, 02.06.2018

- kaum Schlaf + Morgenmuffel = bescheidener Start in den Tag
+ entschied mich, den Tag zum Löt-Tag zu machen, also mir (nach den zwei Bands, die ich sehen wollte) den Ar$(# zuzulöten
+ nach dem obligatorischen 2-Dosen-Frühstück erstmal geduscht
+ da (durch die Absage von DEATH ANGEL, deren Platz von den ursprünglichen Openern des 3. Tages, EVERGREY, übernommen wurde) die erste für mich interessante Band erst um 16:15 Uhr spielen sollte, entschied ich mich dafür, den Mittag in der Stadt zu verbringen und einzukaufen
+ Einkaufszentrum in Laufweite vom Festival
+ Cider (für mich) und Zigaretten (für Mutter und Bruder) bekommen
+ gebratene Reisnudeln mit Shrimps beim Schnellimbiss in dem Einkaufszentrum
- die Palette Cider zum Auto zurück tragen
+ die Bierpreise auf dem Festivalgelände (Gambrinus für 35 CZK, Pilsener Urquell für 45 CZK, jeweils 0,5 L)
+ CREMATORY waren für mich einer der Abräumer des Festivals, Hammer Setlist, gut aufgelegte Band und ein richtig geiler Auftritt
- der Epic Metal von EQUILIBRIUM klingt zwar auf Platte geil, kommt aber live aufgrund des fehlenden Keyboards nicht wirklich rüber (Merke: Man sollte nur Musik aufnehmen, die man auch live reproduzieren kann, ohne dass die Hälfte vom Band kommt.)
+ offizieller Start des Löt-Abends
+ "Chicken Twistie", ein Hühnchen Wrap, den es an dem Hühnchen-Stand auf der Fressmeile gab
+ allgemein die Auswahl an Essen auf dem Gelände, ich habe noch nie so geiles Essen auf einem Festival gesehen/gegessen
+ für meinen Bruder eine Tüte Beef Jerky mit einer Schärfe von 1,5 Millionen Scoville gekauft (Ich hatte den Stand gesehen und direkt gefragt, ob sie etwas "spezielles" hätten. Hatten sie.)
+ LACUNA COIL und ACCEPT zugunsten des Biergartens sausen lassen (ein paar Blicke zwischendurch bestätigten mich insbesondere bei ACCEPT in der Richtigkeit dieser Maßnahme)
/ ca. 45 Minuten nach dem Ende des Auftritts von ACCEPT wurden die Letzten (inklusive mir) aus dem Biergarten "gekehrt"
+ auf einem der Campingplätze wurde von einem der anliegenden Schrebergärten aus gezapftes Bier (0,5 L für 30 CZK) verkauft
+ zwei Männer mit Akustikgitarren spielten bei diesem Bierstand einige musikalische Klassiker, was den Aufenthalt dort noch angenehmer machte
+ deutlich alkoholisiert schläft es sich deutlich besser

Tag 3, 03.06.2018

- Alkohol führt (bei mir) zu erhöhrter Darmaktivität, die mich im Laufe dieses Tages insgesamt 150 CZK kostete
+ ich hatte genug Zeit dafür, weil "meine" Bands erst ab ca. 15:00 Uhr spielten
+ mit BATTLE BEAST startete mein finaler Festivaltag in Sachen Bands
+ seit sie auf dem  "Metal Diver Festival" gespielt haben, mag ich diese Band und ihren Stil, der eine Mischung aus Power Metal und 80er-Pop à la KIM WILDE darstellt
+ ALESTORM bringen die Party aufs "Metalfest", inklusive Piraten Metal und einer überdimensionalen Gummiente, die während des letzten Songs aufs Publikum geworfen und im Anschluss an den Auftritt von selbigem zerstört wurde
+ bei RAGE wieder ganz vorne mit drin und diese deutsche Legende abgefeiert
+ bei einem Song holte der Gitarrist eine kleinen Jungen mit Spielzeuggitarre auf die Bühne, der gemeinsam mit der Band den Song performte, inklusive den ganz großen Posen (der Metalnachwuchs in Tschechien scheint gesichert zu sein)
/ der Pagan Metal von ELUVEITIE war dann das Kontrastprogramm zum klassischen Metal, was sich auch in einem (fast) kompletten Austausch des Publikums vor der Bühne wiederspiegelte
+ diese Band hatte wenigstens alle Instrumente, die man hören konnte, auch auf der Bühne, welche aber auch groß genug für bis zu neun Menschen ist
+ der Auftritt, auf den ich mich im Vorfeld mit am meisten gefreut hatte, war der von APOCALYPTICA, die ihr komplettes Debüt-Album "APOCALYPTICA plays METALLICA by four Cellos" auf die Bühne brachten
+ extra für diese Tour hatten sie ihren ehemaligen 4. Cellisten mit dabei, der inzwischen u.a. in der Band von Ex-NIGHTWISH-Sängerin TARJA TURUNEN spielt
/ ungefähr zur Hälfte des 1,5-stündigen Sets kam auch der Schlagzeuger mit dazu, sodass die Songs noch mehr Wucht bekamen, was besonders bei "One" sehr gut zum Tragen kam
+ nach dem Schlussakkord konnte ich das Gelände schnell verlassen und startete bereits 15 Minuten nach Ende des Festivals meine Heimreise
+ Punkt 3:30 Uhr fuhr ich wieder auf den Hof vor meiner Wohnung und beendete somit meinen Einsatz an der Ostfront

Ich hoffe, euch hat dieser kleine Einblick über die Festivalgrenzen des Landes gefallen. Ich hatte auf jeden Fall meinen Spaß. Den werde ich auch weiterhin auf Konzerten und Festivals haben. Und ihr hoffentlich weiterhin mit meinen Frontberichten.

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen!

Zum Beispiel für meine TOP 5 der europäischen Festivals, auf die ich auch gerne mal fahren würde.

Platz 5: Graspop Metal Meeting (Belgien)
Platz 4: Hellfest (Frankreich)
Platz 3: Metal Days (Slowenien)
Platz 2: Sweden Rock Festival (Schweden)

und

Platz 1: Download (Großbritannien)

Danke fürs Reinhören.


euer BLACKHEART


Song der Woche: "Can the Can" von SUZY QUATRO

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (12.06.18)
"Löt-Tag": Habe nicht verstanden, was das ist.

Ansonsten gerne gelesen!

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 12.06.18:
"gefälschtes Bandmerch"

Haben die anwesenden Bands nicht ein eigenes Interesse daran, dass nur offizielle Band-T-Shirts u.ä. verkauft werden, weil sie an gefälschter Ware nichts verdienen? Falls ja, warum können sie diese Interessen gegenüber den Konzertveranstalter nicht durchsetzen? Okay, das hat nichts mit Musik zu tun, aber solche Hintergründe interessieren mich sehr ...
Graeculus (69) antwortete darauf am 12.06.18:
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