BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Donnerstag, 05. Juli 2012, 12:59
(bisher 1.898x aufgerufen)

Frontbericht: "Ruinen, Wölfe, Pot(t)enzial"

Wer sich fragt, warum die Kolumne am 1. Mai so kurz ausfiel, bekommt hier nun die Antwort serviert: Ich war vom 27.04. bis 01.05. im Ruhrpott und musste deshalb die 1. Mai-Kolumne mehr oder weniger improvisieren.
Und was ich im Pott gemacht hab, lässt ja die Überschrift bereits erahnen: Ich folgte mal wieder dem Ruf der Musik.

Und dieser führte mich nach Bochum, wo ich mich in einem Hotel in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs einquartierte. Diese Nähe war mir wichtig, da meine Ziele für dieses verlängerte WE nur mit Zügen, bzw. S-Bahnen zu erreichen waren und ich ungern unnötige Wege und Kosten auf mich nehme, wenn es sich vermeiden lässt.

Da ich an für diesen ersten Abend nichts geplant hatte, ging ich einfach blindlings in die Innenstadt, wo ich auch ziemlich schnell ein Restaurant mit guten Preisen, leckerem Essen und bergmännischer Athmosphäre (letztgenanntes ist nicht auf den gleichnamigen Autorenkollegen gemünzt) vorfand.
Nach dem Essen schlenderte ich noch etwas weiter durch die Innenstadt und geriet in das traditionelle Maiabendfest, das in diesem Jahr bereits zum 624. Mal stattfand.
Während die, von meiner Gehrichtung aus gesehen, vordere Hälfte die typischen Volksfestbuden und Stände aufwies, war der hintere Teil ein kleiner Mittelaltermarkt.
Im vorderen Teil stieß ich dann auch unverhoffter Weise auf das erste musikalische Highlight meiner Reise, in Form einer Original-Bergmannskapelle, die einige traditionelle Lieder zum besten gab. Zwar war leider nicht das "Steigerlied" dabei, aber man kann nicht alles haben.

Den Abend beging ich dann in einer Kneipe direkt neben meinem Hotel. Eigentlich wollte ich nur 2-3 Bierchen trinken und den Abend gemütlich ausklingen lassen, schließlich hatte ich ja am nächsten Tag noch was vor, aber
1. kommt es anders und
2. als man denkt.
So wurde es schließlich ein ziemlich lustiger Abend mit ziemlich interessanten Menschen und ziemlich viel Bier.
Aber macht nichts. Bin schlimmeres gewöhnt.

Am nächsten Morgen ließ ich das Frühstück zugunsten von etwas mehr Schlaf ausfallen und begann den Tag mit einer ausgiebigen Dusche. Sehr zum Missfallen des Zimmermädchens, aber das war mir in dem Moment egal. Sie hatte noch genug Zeit mein Zimmer sauber zu machen, nachdem ich das Hotel verlassen hatte.
Gut, dass es im Bahnhof auch ein McDonald's gibt, weil sich dann doch ein gewisses Hungergefühl eingestellt hatte. Nachdem dieses gestillt war, konnte es losgehen.
Mein Ziel: Das "Areal Phönix West" in Dortmund-Hörde mit Zwischenstop in Dortmund Hauptbahnhof.
Der Zwischenstop hatte 2 Gründe:
1. Die S-Bahn endete da und
2. wenn ich gut gesoffen habe, zeigt mein Darm am nächsten Tag ein erhöhtes Maß an blindem Aktionismus.
So auch in diesem Fall, weshalb mir der Zwischenstop samt Wartezeit doch sehr gelegen kam.

Meinen nächsten Zug erwischte ich trotzdem und kam schließlich in Hörde an. Und musste mich erst einmal orientieren. Laut der Grafik auf der Website des "Rock in den Ruinen"-Festivals sollte das Festivalgelände direkt westlich des Bahnhofs liegen. Auf Nachfrage bei einem Taxifahrer erfuhr ich dann, dass es ca. 2 km Fußweg vom Bahnhof bis zum Gelände sind. Na klasse.
Das dachte sich wohl auch das Grüppchen, das sich mir anschloss, weil sie das selbe Ziel hatten. Auf dem Weg wurde ein bisschen über unsere Lieblingsmusik gefachsimpelt und sich über das Fehlen der obligatorischen Kioske beschwert. Natürlich tauchte, sehr zur Freude meiner neuen Gefährten just in diesem Moment einer vor uns auf.
Nach einigen Minuten tauchten dann auch die Ruinen der Hochöfen vor uns auf, die die Kulisse des Festivals bilden sollten.

Kaum durch die Einlasskontrolle durch, wartete die erste Überraschung: Eine Bonkasse, an der man Getränkebons zum Preis von 2,50 € pro Stück erstehen konnte/musste. "Musste" deshalb, weil es, entgegen aller Vorraussagen, ein sommerlicher, sonniger Tag mit Temperaturen im oberen 20er-Bereich war und man deshalb gar nicht ums trinken herum kam. Also kaufte ich mir 10 Bons und setzte meinen Weg aufs Gelände fort.

Doch direkt am Eingang wurde ich nochmals aufgehalten. Diesmal von ein paar hübschen jungen Damen, die im Auftrag einer Gesundheitskasse ein kleines Gewinnspiel durchführten. Die 4 zu beantwortenden Fragen aus der Musikwelt stellten für mich natürlich keinerlei Schwierigkeiten dar und endlich konnte ich meine Füße auf den groben Schotter setzen, auf dem ich die nächsten Stunden verbringen sollte.

Da ich, wie viele Andere auch, nicht zum Beginn des Festivals da war, sondern erst später kam, hatte ich den Opener, eine lokale junge Band namens ANGRY WHITE ELEPHANT verpasst und auch die zweite Band des Tages, KOPEK aus Irland spielten bereits. Da die mich aber auch nicht wirklich interessierten und mein Darm nochmals sein Recht einforderte, suchte ich erst einmal einen der Toilettencontainer auf.

Nach einer intensiven Sitzung, holte ich mir ein Bier und begann dann, etwas über das Gelände zu streunen.
Dieses war auf 2 Ebenen aufgeteilt. Während auf der größeren, höher gelegenen Ebene die Bühne und ein Großteil der Essensstände standen, fanden sich auf der niedriger gelegenen Ebene u.a. das Merchandise-Zelt und 2 Biergärten (teilweise überdacht), die auch immer gut gefüllt waren.
Beide Ebenen waren durch 2 kurze Anstiege miteinander verbunden und ich nutzte den vorderen, um direkt vor die Bühne und in die erste Reihe zu kommen.

Die nächste Band war nämlich einer der 2 Hauptgründe, weswegen ich hier war: die schwedischen Rock'n'Roller von SISTER SIN, die hier ihren einzigen Gig in Deutschland in diesem Jahr spielten.
Ich beschreibe ihre Musik gern wie folgt:
Hätten LEMMY und DORO in den späten 80ern einen Bastard gezeugt, dann wäre das heute SISTER SIN.
Und diese Wurzeln spiegeln sich auch deutlich in Songs wie "On Parole", "Love - Hate", "Outrage" oder "Better than them" wieder. Dargeboten von einer gut eingespielten Band und einer Sängerin, die sowohl für die Ohren als auch für die Augen eine Wohltat war, kann ich dem Auftritt nichts negatives abgewinnen. Natürlich hätte er noch länger sein und es hätten noch mehr Songs gespielt werden können, aber das ist ja meistens so.

Nach der Show holte ich mir noch ein Bier und setzte mich in den Biergarten, wo ich mir den ersten Sonnenbrand des Jahres holte (Anmerkung: Auf der Kreuzfahrt hatte ich keinen!).
Nach einiger Zeit sah ich SISTER SIN dann am Merchandise auftauchen und ging rüber, um mich mit ihnen zu unterhalten und mir Autogramme zu holen. Da ich der einzige war, der schon mit einem SISTER SIN-Shirt aufs Gelände kam, war es natürlich einfach, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
So verbrachte ich den kompletten Auftritt der Holländer PETER PAN SPEEDROCK mit SISTER SIN am Merch, was sich als die richtige Entscheidung herausstellte. Als die Band sich dann wieder zurückzog, beschloss ich, mich etwas auszuruhen.
Also holte ich mir noch ein Bier und legte mich auf ein Stück Wiese, das direkt neben dem Gelände lag.

Und ich war nicht der Einzige, der sich diese kleine Auszeit nahm.
So bekam ich den Reunion-Auftritt der Dortmunder Punk-Legende THE IDIOTS nur zu hören, was mich aber auch nicht weiter tangierte. Punk ist halt nicht meine bevorzugte Musikrichtung. Allerdings konnte man hier deutlich erkennen, dass THE IDIOTS viele der heutigen deutschen Punkbands beeinflusst haben.

Nach einer Bratwurst und einem weiteren Bier ging es zurück auf die obere Ebene, weil jetzt der Auftritt einer weiteren Legende auf dem Plan stand: KILLING JOKE. Für diesen Auftritt hätten sie sich allerdings in "Killing Sound" umbenennen können. Der Soundmann am Mischpult hatte nämlich einen rabenschwarzen Tag bei diesem Auftritt, so dass leider nicht viel davon hängenbleibt, ausser den politischen Ansagen von Sänger JAZ COLEMAN.

Politisch ging es dann auch auf der Bühne weiter. Der Bürgermeister von Hörde stand gemeinsam mit den lokalen Jusos (die das Festival mit organisiert und auch einen eigenen Stand auf dem Gelände hatten) sowie je einem Land- und Bundestagsabgeordneten der SPD auf der Bühne und hielt eine kleine Rede, in der neben dem Festival und der erneuten Meisterschaft des BVB natürlich auch die Aufforderung, zur Landtagswahl in NRW zu gehen, nicht fehlen durfte. Er schloss mit der Ankündigung eines Dortmunder Sohns ab, der nun als nächstes mit seiner Band die Bühne betreten sollte: PHILLIP BOA & THE VOODOO CLUB.

Und die folgenden ca. 90 Minuten vergingen wie im Flug. PHILLIP BOAs Musik lässt sich schwer kategorisieren, da er sich einfach mal überall bedient und sein eigenes Ding daraus macht, ohne sich um Konventionen oder Schubladen zu scheren.
Meiner Meinung nach ist er der letzte echte Hippie, weil er einfach das macht, worauf er Bock hat.
Auf den war ich, ehrlich gesagt, sehr gespannt und wurde auch nicht enttäuscht. Wer mal die Chance hat, ihn live zu sehen, sollte sie wahrnehmen. Unabhängig vom individuellen Musikgeschmack.

Apropos individueller Musikgeshmack: Als Heavy Metal Fan (auch bekannt als Metaler) freute ich mich (wie viele der ca. 10000 Besucher auch) natürlich tierisch auf SAXON, die der Headliner des Festivals waren. Nachdem ich sie zuletzt im Frühjahr 2007 gesehen hatte (Auf Wacken 2007 hatte ich sie verpasst, weil ich anderweitig beschäftigt war. Und nein, ich war nicht zu besoffen!) war ich natürlich gespannt. Und ich sollte nicht enttäuscht werden.
Mit dem Hit "Heavy Metal Thunder" als Einsteiger kann man auch nicht viel falsch machen. Und auch im Laufe des Sets machte man alles richtig, indem man ein wahres Best-of Set hinlegte. Songs wie "Princess of the Night", "747 (Strangers in the Night)", "Dallas 1PM" oder "Wheels of Steel" wurden mit einer Spielfreude dargeboten, die man bei vielen Bands in der Form nicht mehr vorfindet.
Natürlich kamen auch wieder die klassischen Ansagen von Sänger BIFF BYFORD. So fragte er z.B. ob die Fans einen schnellen oder einen langsamen Song hören wollen. Unabhängig vom Ergebnis wurde standartgemäß "Crusader" gespielt.
Zur Zugabe warf BIFF sich sogar in eine Kutte mit SAXON-Backpatch (Rückenaufnäher für die nicht so in der Materie bewanderten unter uns) und kündigte den Song an, der davon handelt, was alle Anwesenden dort zusammenbringt und vereint: Nicht Bier, sondern "Denim and Leather". Nuff' said!

Damit endete ein grandioses Festival und die Realität kehrte wieder ein. In Form von schmerzenden Füßen. Dieser grobe Schotter ist absolut ungeeignet, um einen ganzen Tag darauf zuzubringen. Da sollten die Veranstalter Abhilfe schaffen, sofern es nicht gegen den Denkmalschutz verstößt, unter dem das Gelände steht.

Auf der Heimfahrt passierte nichts weltbewegendes mehr und ich fiel erschöpft aber glücklich ins Bett. Allerdings nicht, ohne an der Rezeption eine Nachricht zu hinterlassen, dass ich am folgenden Tag gern ausschlafen würde und deshalb mein Zimmer auch nicht gereinigt zu werden braucht.
Meinem Wunsch wurde stattgegeben.

Zum Sonntag ist nicht viel zu sagen, außer dass ich das Zimmer nur verließ, um mich mit Mc Fastfood, einer Tüte Chips und 'nem Sixpack einzudecken. Der Rest ist Schweigen und Rocky (III & IV).

Am Montag bin ich nach dem Frühstück und anschließender Dusche noch mal ein wenig durch die Innenstadt gestreunt. Dabei war ich auf der Suche nach 3 Dingen:
1. einer Volksbank, da meine finanziellen Reserven doch etwas zur Neige gingen und ich schauen wollte, ob die Firma ihren Teil des Vertrages mit mir schon erfüllt hatte (um es vorweg zu nehmen: sie hatte, was mich in eine äußerst komfortable Lage versetzte),
2. einem Supermarkt, da ich etwas Leergut abzugeben hatte (auch hier wurde ich fündig) und
3. einem Restaurant, wo ich mich vor dem Abend, der mir bevorstehen sollte, noch stärken konnte.
Nachdem ich all meine Erkundungen zu meiner Zufriedenheit eingeholt hatte, wurde es Zeit zur Tat zu schreiten. Sprich: Geld abheben, Leergut wegbringen und die Karte des angepeilten Restaurants genauer studieren.
Es sah auch alles ganz lecker aus und die Preise waren auch vernünftig, aber irgendwas sagte mir, ich sollte lieber auf dem Weg zur Matrix (meinem Ziel für diesen Abend) etwas essen. Zumal ich zu diesem Zeitpunkt auch noch keinen wirklichen Hunger hatte.

Nachdem ich mich im Hotel noch etwas ausgeruht und frisch gemacht hatte, hieß es: Auf zur Matrix, zu einem meiner, leider viel zu seltenen, Besuche.
Diese Location ist vom Bochumer Hauptbahnhof aus um einiges leichter zu erreichen als Hörde, da man gerade mal 2 Stationen mit der S-Bahn fahren muss. In Bochum-Langendreer (nicht Bochum Langendreer West) steigt man dann aus und wendet sich, nachdem man die Treppen runter gegangen ist, in Richtung der Bushaltestellen. Diese Straße (Hauptstraße) geht man mehrere 100 m hoch und schon erblickt man auf der rechten Seite die Matrix.

Bevor es aber für mich soweit war, kehrte ich erst mal in einem Restaurant ein, an dem ich schon oft vorbei gelaufen war und mir jedesmal gesagt habe, dass ich bei Gelegenheit mal dort essen werde. Nun war also diese Gelegenheit und ich ergriff sie beim Schopfe. Und wurde keinesfalls enttäuscht. Die Bedienung war super aufmerksam und echt fix, das Schnitzel war verdammt lecker und auch appetitlich angerichtet. Nur was die Größe des Bieres angeht, muss man den Menschen in NRW noch einiges beibringen.*

* Einwurf: Egal ob aus Köln, Düsseldorf, Bochum oder sonstwo in NRW: 0,2 Liter ist keine angemessene Größe für ein Bier!
Fragt mal in Bayern nach.

Auswurf und zurück zum Thema. Nach diesem wirklich guten Essen, setzte ich meinen Weg zur Matrix fort. Und ich muss gestehen: Mir geht jedes Mal mein schwarzes Herz auf, wenn ich dieses riesige ehemalige Brauereigebäude sehe.
Vor diesem wartete schon eine kleine Meute schwarzgekleideter, größtenteils langhaariger Gesell(inn)en, die sich nach meiner Ankunft auch noch stark vermehren sollte. Wobei auch die Anzahl an kurzhaarigen schwarzgekleideten Gesellen noch ansteigen sollte.
An den diversen Shirts konnte man schon eindeutig erkennen, dass die meisten wegen POWERWOLF da waren, die hier das Abschlusskonzert ihrer ersten großen Headlinertour (unter dem Banner "Wolfsnächte 2012" mit LONEWOLF, STORMWARRIOR und MYSTIC PROPHECY als Support-Acts) spielten.
Allerdings überraschte mich nicht die Masse an Shirts, sondern die Vielfalt. Allein bei meiner Ankunft zählte ich (mein eigenes mit eingeschlossen) sage und schreibe 7 verschiedene Motive. Ein weiterer Beweis dafür, dass POWERWOLF zurecht einer DER Aufsteiger der letzten Jahre in der Power Metal-Szene sind. Die Gründe werden später noch deutlicher werden.

Nachdem die Einlasskontrolle passiert, Merchandise gekauft und Jacke + Tasche abgegeben waren, konnte der Spaß beginnen.
Da ich keine Chance mehr auf die erste Reihe hatte (zum Glück, wie sich später herausstellen sollte), suchte ich mir einen guten Platz im hinteren Bereich, wo der Boden leicht nach oben ging.

Das Konzert fand im ehemaligen Keller der Brauerei statt. Heute trägt der langgezogene, gemauerte Raum mit der bogenartigen Decke den schönen Namen "The Tube" (auf deutsch: "Die Röhre").
Und da es in diesem Raum nach wie vor keine vernünftige Belüftung gibt, tropfte im Laufe des Konzertes irgendwann buchstäblich der Schweiß von besagter Decke. Deswegen war ich auch froh, weiter hinten zu stehen. So konnte ich wenigstens noch halbwegs vernünftig atmen.

Als die Luft aber noch gut war, betraten LONEWOLF die Bühne, um das erste Geheul des Abends anzustimmen. Sie boten zwar technisch einwandfreien, geradlinigen klassischen Heavy Metal, aber nichts, was sich dauerhaft bei mir im Ohr festsetzen konnte. Den Metal-Puristen im Publikum hatte es aber gefallen und von denen gab es nicht wenige, wie die vielen in die Luft gestreckten Pommesgabeln eindrucksvoll bewiesen.

Auch STORMWARRIOR setzen auf klassischen Heavy Metal, veredeln diesen aber mit Wikinger-Thematiken in den Texten, was passt wie die Axt in den Schädel. Für mich persönlich eröffneten sie den Doppelpack jener Bands, die ich in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren hatte. Leider hatten sie ein paar Probleme mit dem Sound, da die Gitarren und auch der Gesang zu leise waren. Schade, da wäre sicherlich mehr drin gewesen.

So ges(ch)ehen bei MYSTIC PROPHECY. Diese Band hatte ich im Jahre 2006 zum ersten Mal an gleicher Stelle gesehen und ich war sehr gespannt, wie sie sich nun, 6 Jahre später, schlagen würden.
Und ich kann nur sagen: Wow! Eine solch energiegeladene Performance hatte ich wirklich nicht erwartet. Und es passte alles: Sound, Show, Ansagen. Die Meute fraß Sänger R. D. LIAPAKIS sprichwörtlich aus der Hand. Und dabei waren MYSTIC PROPHECY nur Co-Headliner. Wie und wo sollte das noch enden? Aber das war mir in dem Moment egal. Ich wusste nur, dass ich mir bei nächster Gelegenheit das neue Album von MYSTIC PROPHECY zulegen muss.

Apropos zulegen: Wenn es eine Band an diesem Abend geben konnte, bei der die Leute noch zulegen konnten, dann nur POWERWOLF. Und so kam es auch.
Vor der Bühne, die wie immer kirchlich dekoriert war, warteten mehrere hundert Jünger darauf, die Messe gelesen zu bekommen.
Nacheinander kamen sie dann auch auf die Bühne: Schlagzeug-Novize ROEL VAN HELDEN, Organist FALK MARIA SCHLEGEL, die gitarrenschwingenden Ordensbrüder CHARLES und MATTHEW GREYWOLF sowie Hohepriester ATTILA DORN.
Und die Jünger wurden gleich mal "Sanctified with Dynamite", was nur der Auftakt einer grandiosen Show war. Ob "Saturday Satan", "Catholic in the Morning, Satanist at Night", "Raise your Fist, Evangelist" oder "We drink your Blood", die Menge geriet mehr in Exstase, als ein sich selbst geißelnder Opus Dei-Anhänger. Kein Wunder, schließlich hatten sich hier auch Vertreter des "Lupus Dei" eingefunden, die bei "Resurrection by Erection" kollektiv zum Höhepunkt kamen. Während ATTILA und FALK MARIA die Massen während der Songs immer wieder annimierten, wechselten die GREYWOLF-Brüder so oft die Seiten, dass es schien, als wollten sie ein Kreuz in den Boden rennen.
Als Zugabe gab es zwar kein Abendmahl, aber dafür u.a. den "Kiss of the Cobra King". Vielen Dankeschön dafür.

Das werden sich auch LONEWOLF gedacht haben, die während eines Songs in POWERWOLF-Bemalung auf die Bühne kamen (eine für Abschlusskonzerte durchaus übliche Vorgehensweise für Vorgruppen) und gemeinsam mit diesen Party machten. Zur Belohnung durften sie allesamt niederknien und wurden von ATTILA offiziell ins Rudel aufgenommen.

Ich muss gestehen, dass dies eines der schweißtreibendsten und intensivsten Konzerte war, die ich jemals besucht habe. Ich war fix und alle und mein Shirt war vom Schweiß durchnässt. Und was tut der wahre Metaler dann? Richtig, er geht hoch in den Rockpalast und macht da weiter, wo er beim Konzert aufgehört hat: headbangen und Luftgitarre spielen!
Da an diesem Abend "Tanz in den Mai" war, hatte die Matrix außerplanmäßig geöffnet und im Rockpalast lief "The Best of Rock & Metal". Eine Überschrift, die ich nur unterstreichen kann.
Ein Klassiker und/oder geiler Song jagte den nächsten und ich verließ die Tanzfläche eigentlich nur, um Bier zu holen, oder um Bier wegzubringen. Zum Glück liefen zwischendurch auch mal Songs, die ich nicht kannte/mochte, so dass ich mir ein paar kurze Auszeiten nehmen konnte. Man merkt schon, dass das Konzert seine Spuren hinterlassen hatte. Meinem Shirt war das aber egal. Das wurde während des Abends noch zweimal durchgeschwitzt.
Gegen halb 6 gingen dann die Lichter an und bei mir waren sie fast aus. Zum ersten Mal hatte ich es geschafft, die Verzehrkarte (40 €) voll zu kriegen.

Irgendwie erscheint mir der Weg von der Matrix zum Bahnhof immer kürzer als der Hinweg. Keine Ahnung warum. Ist mir aber auch egal. Wichtig ist nur, dass ich ohne Zwischenfälle dort ankam und ebenso problemlos wieder nach Bochum zurück.
Hier war nochmal ein kurzer Zwischenstop im Mc Doof angesagt, bevor ich dann um dreiviertel 7 (06:45 Uhr, für alle, die der Uhrzeit nicht mächtig sind) endlich ins Bett fiel. Geschlaucht, aber glücklich.

Und komplett ohne Schädel, als um 10 Uhr der Wecker klingelte.
Nachdem ich, so wie ich war gefrühstückt hatte, genehmigte ich mir eine lange ausgiebige Dusche, packte dann zusammen und checkte aus. Da ich nur 2 mal gefrühstückt hatte, brauchte ich 10 € weniger zu zahlen, als ursprünglich vereinbart. Diese 10 € wurden dann gleich in ein ausgewogenes Mittagessen im Restaurant "Zur Goldenen Möwe" investiert, bevor ich meinen Platz in der 1. Klasse im IC von Bochum nach Kassel bezog.
Kostete auch nur 10 € mehr, als die 2. Klasse, aber ich dachte mir:
"Wenn ich am 1. Mai schon nicht bei einer Kundgebung dabei sein kann, dann sitz ich wenigstens im Gewerkschafts-Shirt in der 1. Klasse."
Aber eins hab ich festgestellt. Es gibt etwas, das sowohl in der 1., als auch in der 2. Klasse gleich ist: die Toiletten!
Und was lernen wir daraus: Egal, wie elitär oder besser wir uns vielleicht manchmal vorkommen mögen, beim Kacken sind wir alle gleich!

In diesem Sinne:

Danke fürs Reinhören!


Euer BLACKHEART

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (08.05.12)
Du bist freiwillig nach Bochum gefahren und hast dort in einem Bahnhofshotel übernachtet? Oder war das gar literarische Fiktion? Welch ein Tor!
Ich wußte übrigens nicht, was ein "Backpatch" ist, bin aber, wie alle Süddeutschen und die Sachsen, mit dreiviertel sieben = 6:45 Uhr vertraut.
Die Kolumne hat hier und da Längen, ich habe sie aber dennoch gerne gelesen!

P.S.: "Merchendise"?

 BLACKHEART (08.05.12)
Habe den Rechtschreibfehler bemerkt.
"Merchandise" = Shirts, CDs, Sticker, Aufnäher, etc. einer Band, also gewissermaßen die Werbeartikel, über die sie sich u.a. auch finanziert.
Werde mich bemühen, auch in Zukunft verwendete Fachbegriffe zu erklären.

Was das Geographische angeht: Ja, es ist alles so passiert, wie ich es beschrieben habe. Ich bin gerne im Ruhrpott unterwegs, weil mir die Mentalität der Menschen dort sehr zusagt. Gleiches gilt auch für Hamburg.
Wobei ich sagen muss, dass ich für Konzerte auch gern mal durch halb Deutschland fahre und es mir dann im Endeffekt auch egal ist, wohin es mich da verschlägt. Auch den Süden Deutschlands habe ich dabei schon des Öfteren aufgesucht (Stuttgart, München, Karlsruhe, Mannheim, Bayreuth, Würzburg, Aschaffenburg).
Letztendlich steht für mich aber das Konzert im Vordergrund. Dass ich dabei auch die verschiedenen regionalen Mentalitäten mitbekomme, ist ein angenehmer Nebeneffekt.

 Dieter_Rotmund (08.05.12)
Es fehlt die dienstägliche BLACKHEART-Hitparade!

...ich spring ein:

Meine TOP 10 der abstoßensten NRW-Städte:

10. Olpe
9. Pullheim
8. Bergisch Gladbach (wegen Heidi Klum)
7. Leverkusen
6. Hagen
5. Düren
4. Kerpen
3. Essen (nur wegen des Baldeney-Sees nicht auf Platz 2)
2. Duisburg (nur wegen des Sportparks Wedau nicht auf Platz 1)
1. Köln (wegen Karneval, der Karnevalsband BAP und der extrem hässlichen Großkirche am Hauptbahnhof)

 BLACKHEART (09.05.12)
Nicht ganz. Bei "Frontberichten entfallen die TOP bzw. FLOP 5.

In deiner Aufstellung fehlt mir irgendwie noch Mönchengladbach. zumindest aus fußballerischer Sicht.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram