keinEinhorn

keinEskapismus, keinRosa, keineLiebe.


Die Kolumne des Teams " keinEinhorn"

Mittwoch, 13. März 2019, 00:08
(bisher 392x aufgerufen)

einHorn oder keinHorn?

von  Lala


einHorn oder keinHorn?

I.

„Welt, sei mir gegrüßt“, so beginnt ein dieser Tage auch außerhalb von YouTube zu gewisser Prominenz aufgestiegener Zielgruppenbeeinflusser ausnahmslos jedes seiner Videos. Jedes. Mit zunehmenden Erfolg. Mittlerweile hat er über 200.000 Abonnenten und jedes seiner Videos hat wenigstens 50.000 und die Besten 100.000 und mehr Klicks. Das Beste – obacht! -: zwei Millionen Klicks. Wenn ich mir diese Zahlen vor Augen führe, muss es doch um wesentliche Dinge des Lebens in seinem Kanal gehen. Wenn man sich aber die anderen Channel Betreiber, die dasselbe Themenfeld beackern ansieht, kommen die bestenfalls auf 25.000 Klicks. Und das auch mit ihren besten Videos. Viele ihrer Videos bleiben bei dreistelligen Klicks. Kein Vergleich.
Also, was hat der von mir oben eingeführte Weltbegrüßer, was die anderen nicht haben? Extremes Knowhow? Auch. Aber, das gibt es auch bei Anderen in diesem Metier. Das ist es nicht.
Was es meiner Meinung nach ist, ist nebem dem rhetorisch guten Vortrag, eine eigene, unverfälschte, authentische Meinung, gepaart mit fundiertem Wissen. Eine Meinung, die auf den Schultern, des in jedem Satz durchscheinenden Knowhows und Sachkenntnis des Vortragenden ruht.

Wie sehr wünschte ich mir, dass ich jetzt offenbaren darf, dass wir es hier mit einem Politiker oder sonst wie gearteten, aktiven Gesellschaftsbeeinflusser also einem guten Typen, Kerl, Menschen zu tun haben, der unsere Welt einfach besser machen will. Aber für alle die es nicht schon geahnt haben: Es geht nicht um die Welt, auch wenn er die immer zuerst grüßt, es geht auch nicht um Tod oder Leben, sondern nur um Klemmbausteine. Klemmbausteine? Genau: Lego! Ja, richtig, gelesen. Lego.

Als ich das erste Mal auf den YouTube Kanal von Thomas Panke, dem  Held der Steine stieß, wollte ich meinen Augen nicht trauen, wie viele Zuschauer der Mann hat. Andererseits war ich auch wiederum nicht überrascht, weil ich selbst trotz fortgeschrittenen Alters immer mal wieder ein Lego Set zusammengepuzzelt habe.
Das ist eine durchaus kontemplative Beschäftigung. Während des Bauens wird man eins mit dem Klemmbaustein. Der Legobauer ist fokussiert auf die Anleitung, der Sorge einen futzeligen Pinnoreck aus seinen wurschtigen Fingern auf Nimmerwiedersehen unters Sofa flutschen zu lassen, der Angst, dem Original-Set fehle vielleicht doch ein Apparillo aber all diese Sorgen entrücken den Klemmbausteinzusammenfüger immer mehr aus der realen Welt mit all ihrem Klingelton-Geräuschstress, der einen eben noch in echte Angst versetzt hat, in weite, kindliche Ferne.  Wir sind im Lego Orbit und fühlen schon Schwerelosigkeit. Dass unter den Händen stetig in alle Dimensionen weiterwachsende Modell, das immer mehr Ähnlichkeit mit dem coolen Bild auf der Box bekommt, bestimmt das Sein.

Ich komme im Klemmbausteinmodus zwar nicht in die vollkommene Entrücktheit und den Flow, wie ich ihn ganz seltenen Momenten beim Schreiben erlebt habe, aber zuverlässig schicken mich die Legobauanleitungen nebst Steine in einen Prä-Zustand, der sich schon so halb wie Urlaub, Entspannung, Yoga, Einhorn streicheln oder was auch immer für ein Wort ihr dafür habt, wenn ihr Entspannung und Loslassen fühlt. Das ist toll und weil das nicht nur für Kinder toll ist, sondern auch Erwachsene erfreut, hat der Klemmbaustein mittlerweile eine riesige Community gewonnen.

Zurück zum Held der Steine: Panke. Der ist im normalen Leben in der IT Branche tätig gewesen aber hat vor Jahren alles hingeschmissen und sich selbständig in Lego gemacht. Seinen Kindheitstraum wahrgemacht. Dann, so erzählt er in seinem Kanal, hätte er exklusive Videos für Kunden gemacht, um ihnen das bereits gekaufte Modell zu erklären und nochmal schmackhaft zu machen.
Aufgrund der positiven Resonanz auf diese Videos, kam der "Held" auf die Idee, YouTube als seinen Kanal zu nutzen, um „die Welt“ daran teilhaben zu lassen. Nunmehr seit dem 4.6.2014 . lädt er ein Lego-Video nach dem anderen im selben Lego Frontalunterricht Stil hoch.

Panke wird vis-a-vis vor einer Kamera in Halbtotaler Einstellung aufgenommen, sizend vor seinem Schreibtisch und dem aufgebauten Set. Neben sich ein Zollstock und Stofftiererdmännchen. Im Hintergrund Post-It Zettel mit ironischen Bemerkungen. Nach der Begrüßungsformel, quatscht Panke entweder zehn oder auch sechzig Minuten am Stück. Immer in einem Take. Kein Schnitt. Kein Zoom. Keine Musik. Kein Schwenk. Nichts. Jedes Video quasi live und scheinbar ohne Teleprompter eingesprochen. Kein „ähh“, kein Hänger, keine Katastrophe.

Alle Videos seit 2014 sind so aufgebaut. Wenn ich diese Legomonologe aus dem „Herzen der Welt“ mir anhöre und ansehe, muss ich häufig an Stoiber und seine Rede zur Anbindung Münchens zum Flughafen mit dem Transrapid denken. Eine einzige Stolper- und Stotterfalle eines jahrzehntelang auf solche Auftritte konditionierten Politprofis. Es ist fast unmöglich, sich dem Sog der Videos von Panke zu entziehen, wenn man die Bausteine und das Bauen mag. Aber oft, lese ich in den Kommentaren zu den Videos auch: „Ich liege im meinem Bett, habe nichts mit Lego am Hut und schaue trotzdem ein ca. 1h Video, bei dem ein Mann über Lego-Pakete spricht. Irgendwie nice xD“

Das ist nicht „nice“, das ist auffällig. Aber vielleicht ist Panke ja ein Einhorn? Ein so seltenes, wie romantisches Geschöpf, welches Klemmbausteineverliebte streicheln, beschützen und in den Schlaf gesungen werden wollen?

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 drmdswrt (13.03.19)
Interessanterweise bin ich über Panke wegen einer Rechtssache gestolpert:
Im Januar wollte LEGO von ihm, dass er sein Logo löscht, weil dieses angeblich gegen Markenrecht verstößt. Also nicht das neue und aktuelle Logo, sondern sein vorgeriges, das einem (Lego-)Stein nachempfunden ist.
Er hat das Logo geändert und auf seinem Channel die richtige Antwort parat gehabt. LEGO erntete wohl einen kleinen Shitstorm und entschuldigte sich quasi für die Vorgehensweise.
Falls Interesse am Fall besteht, lässt sich das z.B. hier nachlesen:
 https://www.lhr-law.de/magazin/markenrecht/lego-gegen-held-der-steine

Ich habe aufgrunddessen auch mal 2 Videos angeklickt, z.B. "Die erwartete Katastrophe" 75222 – als Einsteigervideo tatsächlich zum Wegklicken. Da kann ich nicht lange dabei bleiben. Irgendwie fehlt mir dazu die Muße.

 Lala meinte dazu am 14.03.19:
Das ist ja nur der erste Teil. Das Thema welches Du ansprichst folgt im Zweiten. Der zum Glück schon fertig ist :)

 drmdswrt antwortete darauf am 14.03.19:
Tschuldigung. Da wollte ich nicht vorgreifen. Aber zu viel habe ich ja nicht verraten, oder?

 Oskar (13.03.19)
Noch ein Lego Mann.

https://www.youtube.com/watch?v=LDSArPHB5EQ

 Lala schrieb daraufhin am 14.03.19:
Woah! Da war ich ganz schnell wieder weg. Aber dennoch Danke für den Link.

 princess (13.03.19)
Ohne diese Kolumne hätte ich den Helden der Steine in 100 Jahren nicht entdeckt. Das Einhornfeeling wollte sich bei mir nicht so recht einstellen. Ich fand ihn einfach nur langweilig. Die Kolumne hingegen: ausgesprochen informativ und amüsant.

 Lala äußerte darauf am 14.03.19:
Danke - es folgt noch ein Zweiter Teil
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