Zweiter Brief Vanessas an ihre Freundin

Text

von  ManMan

Zweiter Brief Vanessas an ihre Freundin

Liebe Judith,
danke für deinen lieben Brief. Ich bin sehr froh darüber, dass wir uns in letzter Zeit öfter schreiben. Das hat mir doch früher sehr gefehlt.
Mit deinem Erich hast du anscheinend Pech. Wenn er so bleibt, wie du ihn mir geschildert hast, oder wenn es öfter vorkommt, dass er so jähzornig ist, solltst du dich lieber von ihm trennen, ehe es zu spät ist. Ich habe ja schon immer davor gewarnt, dass wir Frauen uns wieder nach einem „starken Mann“ zurücksehnen, bloß weil das im Bett angenehm ist. Die Männer sind so, dass sie dann gleich denken, sie könnten rücksichtslos sein und wären dann noch besonders beliebt bei uns. Du schreibst, er hätte dich schlagen wollen, sei aber im letzten Moment zur Besinnung gekommen. Ich finde, das reicht aus, um sich zu trennen! Aber gut, ich gebe zu, das ist leichter gesagt als getan. Jedenfalls möchte ich nicht in deiner Haut stecken!
Ich möchte mich von meinem Emdie auf keinen Fall trennen. Er ist immer noch so süß und zärtlich zu mir, du glaubst es nicht! Aber er hat sich auch verändert, ist selbstbewusster geworden, vor allem seit er einen Verlag für seine Lyrik gefunden hat. Neulich waren wir in Bonn, und da hat er eine richtige Dichterlesung abgehalten. Du glaubst ja nicht, wie stolz ich auf ihn bin! An seine kleinen Eskapaden habe ich mich allmählich gewöhnt. Solange es nichts Ernstes wird, nehme ich es hin und schimpfe bloß ein wenig mit ihm. Ich denke, das ist klüger als ihm jedes Mal eine Szene zu machen. Und schließlich ist er ein Künstler, und von denen hört man so etwas ja des öfteren.
Ich arbeite immer noch in dem Café, aber nicht mehr so oft. Neulich war ich mit Jutta, das ist eine Arbeitskollegin von mir, im Spielcasino. Emdie weiß davon nichts. Und stell dir vor: Ich habe fast tausend Euro gewonnen. Gottlob habe ich dann aufgehört,obwohl Jutta mich gedrängt hat, weiterzuspielen. Sie hatte anfangs auch gewonnen, aber dann hat sie alles verloren, ich glaube so viel, wie sie in zwei Wochen verdient. Daher habe ich nicht auf sie gehört, und das war gut so. Von dem Gewinn sage ich Emdie natürlich nichts, der kann nicht besonders gut mit Geld umgehen. Aber, wer weiß, vielleicht bin ich ja ein Glückskind, vielleicht gewinne ich noch irgendwo. Ich werde öfter mal kleinere Beträge einsetzen.
Ach so, habe ich dir schon erzählt, dass ich sehr krank war? Ja, eine schwere Infektion, hat mich ganz schön geschafft. Aber Emdie war rührend besorgt um mich, das hat mir sehr geholfen. Jetzt geht es mir besser. So, nun muss ich aufhören zu schreiben. Ich habe heute noch Dienst.

Schreib mir wieder, liebe Judith, und alles, alles Liebe

deine Vanessa

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Kommentare zu diesem Text

Caterina (46)
(14.07.08)
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