Hallo Fragezeichen

Tagebuch zum Thema Missbrauch

von  fuchur

Hallo Fragezeichen,

ich weiß nicht, wie ich dich nennen soll, da kein Name passend erscheint. Die allgemeine Bezeichnung für eine Frau, die ein Kind geboren hat, passt nicht zu dir, ist eine Lüge. Du hast dich nie wie eine solche verhalten und zeigst auch heute keinerlei Züge, die zu einem solchen Menschen gehören.

Als „Fremde“ kann ich dich auch nicht ansprechen, weil du mir nicht fremd bist. Schließlich haben wir jahrelang unter einem Dach gelebt und zumindest vom sehen her bist du mir nicht fremd. Emotional allerdings bist du mir fremd – bis heute. Nie hast du mich an dich rangelassen, mir die Chance gegeben, mich geborgen und beschützt zu fühlen. Immer warst du kalt und unnahbar – abgeschottet auf der Emotionsebene.

Als „Freundin“ kann ich dich auch nicht bezeichnen, weil sich Freunde anders verhalten als du. Freunde sind für einen da, helfen, unterstützen, trösten, bauen auf usw. Nie habe ich das von dir erfahren.

Als „Geist“ kann ich dich auch nicht bezeichnen, weil du – realistisch gesehen – nicht unsichtbar warst. Du warst nur immer dann für mich unsichtbar, wenn ich dich am dringendsten gebraucht hätte.

Letztendlich muss ich damit leben,
dass ich mich nie auf dich verlassen konnte,
dass ich von dir schändlichst alleine gelassen wurde,
dass ich deiner Meinung nach immer nur gelogen habe,
dass ich nie von dir getröstet, beschützt, unterstützt oder aufgebaut wurde,
dass ich nur dazu da war, damit du dich über meine Fähigkeiten profilieren konntest,
dass ich dir nur nützte, wenn es dir in den Kram passte,

dass ich nie eine MUTTER hatte – und auch bis heute nicht habe.

Aber weißt du was, du Person ohne Namen – ich entschulde dich. Ich entschulde dich, weil du mit eines der bemitleidenswertesten Wesen auf der Erde bist. DU bist schwach, hilflos, unselbstständig, gefangen, emotionsarm. DU bist gefangen in einer Welt, in der ich nicht leben möchte. DU bist gefangen in einem Netz aus Selbsttäuschung und Intrigen. Nur bist DU NICHT die fette Spinne, die in dem Netz sitzt und die Fäden spinnt – das macht eine andere Person und DU willst/kannst es nicht sehen.

Und jetzt, wo ich diese Worte niedergeschrieben habe, schwarz auf weiß vor mir sehe, jetzt – genau jetzt in diesem Moment – tust du mir einfach nur leid. Meine Wut auf dich ist verraucht, hat Platz gemacht für mehr Erfüllung in meinem Leben. Meinem Leben, das ich trotz allem, was mir passiert ist, verdammt gut auf die Reihe bekomme. ICH bin stark, selbstständig, frei und reich an Emotionen verschiedenster Art. Klar, ich habe auch Schwächen, habe Tage, an denen es mir beschissen geht; aber im Gegenzug zu dir lebe ICH und werde nicht gelebt.

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Kommentare zu diesem Text

Elvarryn (36)
(30.04.09)
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 fuchur meinte dazu am 01.05.09:
Hallo Elvarryn,

danke für deinen Kommentar. Ob der "Edding" beim nächsten Mal entfällt oder nicht, weiß ich noch nicht. Bei diesem Text auf jeden Fall war er für mich persönlich angebracht. Über die Empfehlung freue ich mich sehr .
LG, fuchur
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