Schwarz-Weiss

Text zum Thema Liebe und Traurigkeit

von  Mac

Er lag im Bett und ließ sein Kopfkino abspielen. Filme, die längst vergangen waren, spielten vor seinem inneren Auge. Einer seiner Lieblingsfilme drängte sich nach vorne und die Story begann:


Er wanderte im Frühjahr über die Eifelhöhen. Die klaren Bäche führten viel Wasser, die Bäume waren noch nicht begrünt, nur die Wiesen führten das erste zarte Grün des Jahres. Schnee lag wie weißer Sprenkel an den Wegesrädern über dem Braun der letztjährigen, abgefallen Blättern. Er mochte die Kargheit dieses Landes, er mochte die kleine Kirche des Trappistenklosters, welche den Höhenrücken krönte. In Gedanken versunken spazierte er über die sandfarbigen, mit Pfützen übersäten Wege.

Unmittelbar schaute er auf. Er sah eine Gestalt auf sich zukommen. Ganz in schwarz-weiß gekleidet, mit langen, Schwarzgelockten Haaren. Die Frau trug ihre Kappe in der Hand. Sie hatte einen edlen Gang, ein ebenso edles Gesicht und wunderschöne dunkle Augen. Augen die ihn fast in die Unendlichkeit rissen. Eine Nonne des Trappistenklosters, schoss es ihm durch den Kopf. Normalerweise hinter den Mauern verborgen. Er grüßte sie lächelnd und sie lächelte zurück. Dieses Lächeln riss ihn im Bruchteil einer Sekunde aus der Bahn. Er wurde voll in das Land der Verliebtheit geschmettert. Oh ja, er hatte sich öfters mal schnell verliebt, aber auch genau so oft schnell wieder entliebt. Dieses Lächeln der Trappistennonne schlug wie ein Blitz in ihn ein, nein nicht wie ein Blitz, sondern wie ein Meteorit, welcher auf die Erde schlug. Er wusste von ihrem Schweigeorden und ging weiter ohne Worte. Nach rund 10 Sekunden drehte er sich um. Sie zu seiner Überraschung ebenfalls und  wieder erhellten diese wunderschönen, verbinden Lächeln beide Gestalten. Sie öffnete darauf die Klosterpforte und glitt hindurch. Das letzte, was er sah, war ihr Hinterkopflächeln. Er würde sie nie wieder sehen, dachte er. Nie wieder dieses Lächeln sehen, nie wieder diese Augen, nie wieder diese edle Gestalt.

Ostersonntag gegen 5 Uhr morgens war er wieder am Kloster. Er hatte seine Freundin überredet mit ihm zur Ostermesse zu fahren. Als sie an der Kirchentüre standen, hörte er über sich aus einem halbgeöffneten Fenster einen tiefen, rasselnden Husten. Ein Todesröcheln.

Er schaute hinauf zum Fenster und dann sah er sie. Sie schaute ihn aus wehmütigen, fast verzweifelten Augen an. Warum musste er jetzt an ein  großes, weißes Pferd denken und ihm diese Worte in den Sinn kommen: Spring, Frau, spring, ich setze dich vor mich auf den Sattel und wir reiten über das Ende der Welt. Verzweifelt schaute er sie an. Sie hob müde ihre Hand und winkte ihm kurz zu. Noch mal versuchten sie beide zu lächeln, aber das strahlende war verschwunden. Er fühlte, sie ging in ihren Tod. Es blieb nur noch Wehmut und Trauer zurück.
Drei Monate später floh er selber in seinen Tod.


Dieser Film jedoch ruht in der tiefsten der tiefen Kammern. Nicht abspielbar.

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Kommentare zu diesem Text

Traumtänzerin (27)
(24.08.10)
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 Mac meinte dazu am 24.08.10:
hi mel,

da hab ich doch mehr verschleiert, als ich selbst dachte. ich wollte viel offen lassen, da es ein reiner Erzähltext für eine CD war und ich ihn später erst aufgeschrieben habe. da sind mir auch ein paar fehler unterlaufen. *lächel*

die kammern sind die speziellen herzkammern, wo alles aufgezeichnet wird im leben. da der protagonist aus dieser welt in eine andere welt geflohen war, dort verstarb und wieder aufstand, darf dies in dieser welt nicht erzählt werden.

die begegnung mit der nonne, nun, das sind begebenheiten, die wir einfach nicht verstehen können, wie manches im leben. wir nennen dies meist zufall, doch die gefühle sind viel zu stark, als das dies ein sogenannter zufall sein kann. da ist ein beidseitiges verstehen, was einfach unvorstellbar ist, wenn man dies nicht selbst erlebt hat. ich habe da mal ein gedicht drüber geschrieben, welches ich auch irgendwann hier einsetzten werde.
so, *lächel*, jetzt hab ich aber genug verraten.

ich freue mich, dass du dich mit diesem text so stark auseinander gesetzt hast.

lieber gruß dir
mac

 Dieter_Rotmund (13.03.23, 14:17)
Vor Schmalz triefender, katholischer Eifelkitsch.
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