Selbst - dieb - Stahl

Text

von  Anifarap

Und glaubst du, dass die Tränen Münder haben, die das austragen, was sie zu gebären drohen? Ein halblanges Etwas an Traurigkeit, das sich über die Wangen schleicht, wie ein Dieb, der offensichtlich gestohlen hat.
Ein Stück aus der grauen Masse, die sich drückt und quetscht, im Säureschutzmantel des anonymen Mitreisenden badet.
Hat er in die Seiten seines Lebens gesteckt, um die Zeit mit einer Brücke zum Umschlingen, während er in einem Zug reist nebst hundert Anderen und doch zugleich Gleichgesinnten.
Das Ziel zu erreichen, was es auch immer sein mag.
Ein sinnloses Unterfangen der Tränen, die dann durchsichtig und unsichtbar hervorkriechen und ein Lied singen, das schreit in den Tönen von Rot und Schwarz.
Schließlich absinkend in ein Grau, das unvorhanden sein Dasein eher abblätternd fristet.
So viel stummes Geschrei greift um sich und zerkaut die inneren Ohren, die längst verschlossen beim ersten Klang wie eine Mimosenblüte.
Eine Leinwand bricht ins Feld und zeigt eine rote Brücke in einer sturmzerfurchten Landschaft, die sich ballt gegen die Winde, die das Wasser darunter in Leben versetzen.
Die Finger zittern über die Wange und schlagen den Tränen ins Gesicht, roh und rücksichtslos. Hier und da quietscht das Metall von Rad auf Rad, und es wendet sich die Sanduhr, beunruhigend langsam.
Die Zeichen des Papiers haben sich ausgebreitet, sind zu größeren und noch größeren Kindern geworden. Baden in entwendeten Zubern und kuscheln mit Resten und Geziefer in den Eimern dieser Welt, die schon irgendjemanden einfallen wird.
Die Grenzen beißen sich in die Schwanzenden und können nicht kläffen, eher klaffen, wie tiefe Gräben irgendwo tief im Meer, wo nur sehr intelligente Wesen hinfinden.
Die Dunkelheit ist wohl auch der Schutzbereich dieser schwatzhaften Tränen, ach, wären sie dort verblieben in ihrer stillen Tiefe wertvoller, als an der Oberfläche und laut ins Nichts der Anderen brüllend.
Die Nadel zittert still zwischen den feinen Rillen der Fingerkuppen und näht ihnen die Münder zu mit jedem weiteren Wort ein Stich mehr. Bis das Kreuz verborgen unter vielen Zeichen auf dem Papier verschwindet, wie ein Baum im Walde.


Anmerkung von Anifarap:

10.01.2012

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram