Ihre Lieblingsuhrzeit ist Zehn vor Zwölf.

Bild zum Thema Denken und Fühlen

von  SunnySchwanbeck

Anfang September. Dunkelblaue Nächte. Die Luft ist noch warm, auch nach zehn Uhr. Wind streift unsere Gesichter. Dein dünner Schal kitzelt meine Wange. Parkhausdach.

Noelia: Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Sie fährt gedankenverloren durch mein buntes Haar, ihre Festivalbändchen schaben über meine Stirn, während sie ihren Blick auf die Lichter unserer Stadt richtet.

Milou: Du solltest nicht sovieles fühlen, für so viele.
Die Worte schleichen aus meinen aufgeplatzten Lippen, es tut mir leid, sie ziehen zu lassen. Ich drehe mich zur Seite und lasse ihr Haar mein Gesicht bedecken.

Noelia: Man braucht Menschen. Punkt. Das ist einfach so, was wäre ich ohne die Menschen, die mich zu dem machten, was ich bin, und das (er)tragen was ich war? Natürlich fühle ich. Wie könnte ich an mich denken, wenn es schon tausend andere tun.

Sie zieht ihre kühlen Hände aus meinem Haar und lässt sie ihr Gesicht rauf und runter fahren. Der Zweifel bildet Rinnsale in ihren Augen, den ihre Lider nicht fortwischen können.

Ich setze mich auf, streiche mir eine violette Strähne aus dem Gesicht und greife zur Weinflasche neben mir. Das gluckernde Geräusch des Weines, wie er in eines der Gläser fliest,  beruhigt uns beide.

Milou: Hier.
Ich schaue ihr fest in die Herbstfarbenden Augen und drücke ihr das Glas bestimmend in die Hand.

Noelia: Es hilft nur, wenn du auch trinkst.
Ihr Blick gleitet zum zweiten Glas neben mir. Ich kichere ein bisschen und schenke mir schließlich auch Wein ein. Ein zartes Lächeln erreicht ihre Lippen und wir stoßen an.

Noelia: Worauf trinken wir?

Milou: Auf Legenden.

Das hohe Klirren der Gläser zieht sich durch unsere Adern. Wir legen keinen Wert auf teuren Wein, nur auf teure Gläser.

Noelia: Legenden?

Der Wein färbt ihre Lippen Rot, wir sitzen uns nun im Schneidersitz gegenüber und der feine Kies, der auf dem Dach des Parkhauses liegt, knirscht bei jeder Bewegung. Es wird kühler, ohne dass wir es großartig merken, lediglich ihre Wangen werden rosig, während ihr dunkles Haar ihr um die Nase weht.

Milou: Legenden besagen, dass wenn man nicht schlafen kann, man einfach gerade im Traum eines anderen ist.
Ich schwenke meine Glas geschäftig und beobachte die rote Flüssigkeit, wie sie sanft am Glas leckt.

Noelia: Ich schlief seit Wochen nicht, das Träumen machte mir Angst und mein Bett und die Dunkelheit.
Ihre Hand wandert über ihre dünne Strumpfhose herüber zu meiner löchrigen Jeans, bis hin zu meiner blassen Hand.

Ich wage es nicht, diesen Moment zu zerbrechen, umschließe ihre Hand mit einem sanften Lächeln und reiche ihr still eine Zigarette.

Noelia: Du solltest weniger rauchen.
Sie entzieht ihre Hand und sucht ihr kleines Feuerzeug, das irgendwo neben ihr im Kies liegt. Für einen Moment wirft die Flamme ein schwaches Licht auf ihr feines Gesicht und lässt ihre Augen glühen.

Milou: Du solltest weniger lieben.
Ich stehe auf und lasse meine Hände in meiner Jackentaschen verschwinden. Noelia sitzt immer noch am Rande des Daches und raucht, das sehe ich aus dem Augenwinkel. Wie sie den Rauch langsam aus ihrem Mund entweichen lässt, und zu sieht, wie er im Wind Richtung Himmel tanzt.

Noelia: Ich möchte dir Herzdame sein.
Ich drücke mein Gesicht in die Tiefen meines schwarzen Schals, während ihre Worte wie eine defekte Schallplatte immer und immer wieder in meinem Kopf widerhallen.

Sie steht auch auf, klopft sich den Kies von der Hose und fährt sich durch die Haare, ihr süßliches Parfum umgibt mich, während sie hinter mir steht und mir über den Arm streicht.

Milou: Du bist vieles für mich geworden, das weißt du doch, oder?
Ich spüre wie sie hinter mir nickt.

Milou: Dann sollte dir klar sein, dass du mehr bist, als nur meine Herzdame.
Noelia zieht scharf die Luft ein, ich merke wie sich ihre Haltung lockert und stelle mir ihr riesiges lächeln vor, dass jetzt ihr schönes gesicht einnimmt.

Anmerkung von SunnySchwanbeck:

nalum.

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Kommentare zu diesem Text


 Erdbeerkeks (11.09.12)
"Ich fühle sovieles für soviele." Kenn ich doch.

Krümel.

(:
kyl (57)
(11.09.12)
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Nemoria (19) meinte dazu am 11.09.12:
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Nemoria (19)
(11.09.12)
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kyl (57)
(12.09.12)
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