Wozu Psychotherapie?

Aphorismus zum Thema Hilfe/ Hilflosigkeit

von  Hamlet

Wozu Psychotherapie? (27.02.2018)

Denn läuft nicht meistens das Gute darauf hinaus, dass man sich zusammenreißt? Nein. Zwar erreicht der an der Seele Erkrankte das Gute, wenn er sich zusammenreißt. Doch der Gesunde muss sich nicht zusammenreißen, um das Gute zu tun, da er es gerne macht. Da ich mich meistens zusammenreißen muss, damit ich das Gute tue, bin ich noch an der Seele krank. Und da ich mich nicht immer vernunftbestimmt zusammenreißen will, tue ich manchmal das Böse.

Aber das Böse hält krank. Und da Heilung sehr lange dauern kann oder oft sogar ungewiss ist, ist für den seelisch Erkrankten nur die kantsche Ethik gut. Denn sie achtet nicht auf unmittelbare Lust und Liebesglück, sondern bloß auf das Gute, das an der Gerechtigkeit gemessen wird, wie sie im Kategorischen Imperativ zur Formel kommt: Handle nach derjenigen Maxime, durch die du wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Dagegen steht dem seelisch Gesunden Aristoteles‘ Glücksethik offen, d. h. er kann durch soziale Tugenden glänzen, da er sie offensichtlich mit Freude tut. Das ist das Ziel der Erziehung, das aber nur mit „pädagogischem Eros“ geht. Der, in dessen Erziehung dieser Halbgott nicht fruchtbar geworden ist, der muss sich  – freilich auf steinigem Weg – mit Kant selber erziehen. Weil ich es aber nicht immer kantianisch gewollt habe (da es bei Kant nicht um Lust und Liebesglück geht), hoffe ich noch auf einen Meisterpsychologen, der mich zur Tugendethik führt. Aber warum konnte das nicht Buddha tun? Da ich noch keinem leibgewordenen begegnet bin, der sich mir annimmt.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (27.02.18)
"Aber warum konnte das nicht Buddha tun? Da ich noch keinem leibgewordenen begegnet bin, der sich mir annimmt."

Ähnlich formuliert es Sheldon B. Kopp in "Triffst du Buddha unterwegs... Psychotherapie und Selbsterfahrung".
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