Als dann urplötzlich Frieden war, zog ich, vor Sehnsucht krank, tatsächlich noch ein Strümpfepaar aus meinem Kleiderschrank, trat aus dem halb zerstörten Haus, lief durch die Trümmerstadt und sah bestimmt wie eine aus, die’s ziemlich nötig hat.
Noch heut hör ich mein Herz von damals lärmen und fühle, wie’s an Käfigstangen schlägt. Noch heut kann ich mich an den Träumen wärmen, die schuldbewusst ich aus der Hand gelegt.
Erschöpft sank ich auf eine Bank, die letzte halbwegs heil. Da kam ein Mann den Weg entlang, sein Blick traf wie ein Pfeil. Die Uniform hätt gestern noch dem Feind ich zugezählt. Ich wollte zögernd sein, jedoch – ich fühlte mich erwählt.
Noch heut hör ich mein Herz von damals lärmen…
Es folgten Monate voll Glück; Tom hatte mich so lieb! Nur selten dachte ich zurück, wo denn der Gatte blieb? Mein nagelneuer Lippenstift war aus Amerika. Ich malte mir in Sonntagsschrift das schönste Lippenpaar.
Noch heut hör ich mein Herz von damals lärmen…
Dann kam ein Brief, kaum noch erhofft, und meine Scham war groß. Um mir zu helfen, sagte Tom sich zärtlich von mir los. Den nächsten Kuss, sprach sein Gesicht, kriegst du von deinem Mann! So ging er fort. Ich winkte nicht. Die Einsicht, sie gewann.
Noch heut hör ich mein Herz von damals lärmen…
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