Fremder Stern (letzte Fassung)

Text

von  Cathleen

Fremder Stern (letzte Fassung)

Mein Bruder kommt vom Rauchen rein:
Da sei ein fremder Stern zu sehn
mit ungeheuer hellem Schein,
er würde überm Kuhstall stehn.
Ein Stern? – Es hält uns nicht im Haus,
wir streben, von Magie betört,
in diese helle Nacht hinaus,
halb aufgekratzt und halb verstört.

Ist das zum Weinen oder Lachen?
Muss man sich ernsthaft Sorgen machen?
Vielleicht ist das ein Märchen bloß?
Doch warum lässt es uns nicht los?


Zu unserem Erstaunen zieht
der Stall uns an wie ein Magnet,
und überall man Menschen sieht,
denen es ganz genau so geht.
Im Stall hört man ein Baby schrein,
was das bedeutet, weiß man nicht.
Wir würden gerne mit hinein,
nur steht die Menge schon zu dicht.

Ist das zum Weinen oder Lachen? …

Die Ersten kommen schon zurück
und sinken wirklich auf die Knie,
berichten, Augen voller Glück,
von einer Frau namens Marie.
Sie hätt ihr Söhnlein grad geborn,
das segnend schon sein Händchen hebt.
Wer’s sah, hat Stein und Bein geschworn,
dass er was Großes miterlebt.

Ist das zum Weinen oder Lachen? …

Ein Rettungswagen braust herbei,
weil, was hier vor sich geht, nicht geht,
und ebenfalls die Polizei,
die nun im Kreis den Stall umsteht.
Die Menge schmettert „Stille Nacht“
und übertönt das Megaphon,
das ernsthaft die Bemerkung macht,
der Kleine sei nicht Gottes Sohn!

Ist das zum Weinen oder Lachen? …

Man schickt bei Strafe uns nach Haus.
Der Rettungswagen ist schon fort.
Den Leuten gehn die Lieder aus.
So peu à peu leert sich der Ort.
Doch noch auf dem Nachhausegang,
beten wir für Marie und Kind
innig und voller Überschwang,
obwohl wir Atheisten sind.

Ist das zum Weinen oder Lachen? …
 


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