BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Montag, 14. Mai 2018, 19:41
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BlackHört feat. ...

...  TrekanBelluvitsh mit einer Rezension zum

Album "Wild Frontier" von GARY MOORE

…Frontier…
Unter den Neuheiten wird man es vergeblich suchen. Das Album "Wild Frontier“ erschien im März 1987, also genau vor 31 Jahren! Warum also eine Rezension? Ich könnte schreiben, dass es für mich die erste Berührung mit härterer Musik war – also das, was ich damals für härter hielt. Das wäre ein guter Grund. Aber es gibt andere. GARY MOORE sollte jeder kennen, der meint, er verstehe etwas von Rock oder Hard Rock und/oder liebe die Musik. Selbst während seiner Bluesjahre sind – zumindest bei seinen Live-Auftritten – jene Einflüsse nicht zu leugnen. Die Alben mögen Blues enthalten, live war es eher Crossover. Außerdem waren sie vorbei. GARY MOORE kündigte 2009 in einem Interview an, noch ein Bluesalbum machen zu wollen/müssen, um seinen Vertrag mit der Plattenfirma zu erfüllen. Danach wollte er sich wieder dem Hard Rock widmen, ein Album einzuspielen und zu veröffentlichen, das sich dem Stil von "Wild Frontier“ ähneln sollte. Durch GARY MOORES frühen Tod am 6. Februar 2011 kam es nicht mehr dazu.

Das ist jedoch nicht alles. Es finden sich viele starke Alben in der Diskografie von GARY MOORE. "Wild Frontier“ nimmt jedoch einen Sonderplatz ein. Das der Musiker selbst daran anknüpfen wollte, verrät es. Mit "Over the hills and far away“ ist vielleicht sein bekanntestes Stück auf der Scheibe zu finden. Nicht umsonst wurde es von vielen Bands gecovert (am bekanntesten dürfte die Version von NIGHTWISH sein). Es jedoch auch das kompletteste Album des Künstlers, ein Werk aus einem Guss.

Wild?
Ein 31 Jahre altes Album hat heute ein Problem: das Internet. Die damaligen Hintergründe sind vielen, die dort schreiben, nicht mehr bekannt. Und so findet man im Netz, wenn man sich über "Wild Frontier“ informiert, die kritische Anmerkung, dass für die Songs ein Drumcomputer verwendet wurde. Das stimmt. Der Hintergrund ist jedoch entscheidend. GARY MOORE war ein Einzelkünstler. Natürlich gab es Musiker, mit denen er immer wieder zusammenarbeitet, wie z.B. sein kongeniale Partner NEIL CARTER, oder Basser BOB DAISLEY. Es gab allerdings keine GARY-MOORE-BAND. So griff er auf Bekannte, Freunde und Sessionmusiker zurück. Die waren jedoch nicht immer verfügbar. So war es bei "Wild Frontier“. Kein Trommler, mit denen GARY MOORE schon zusammengearbeitet hatte, stand zu Verfügung. Da er niemanden, mit dem er nicht schon gearbeitet hatte, in die Produktion einbinden wollte, kam der Drumcomputer zum Einsatz. Ähnliches, wenn auch umgekehrtes, Ungemach ereignete sich 1989 beim Nachfolgealbum "After The War“. Während der Aufnahmen saß zwar COSY POWELL an den Drums, wenige Tage vor der anschließenden Tour sprang dieser jedoch ab. Die Konzerte der ersten Woche mussten gestrichen werden, um einem neuen Trommler die Möglichkeit zu geben, die richtigen Stockschläge zu lernen. Das dabei nicht mehr als Rudimentäres zustande kam, durfte nicht überraschen. Aber das ist ein anderes Album, eine andere Geschichte und eine andere Rezension…

Wild Frontier:
Was das Album auszeichnet ist sein Geschlossenheit. Jedes Lied hat seinen bestimmten Platz und das ist gut so. Es ist keine bloße Aneinanderreihung von Songs. Es ist ein Gesamtwerk, aus einem Guss, dabei so produziert, dass es zeitlos wirkt. Es ist kein typischer 80er (Hard) Rock. Es zeigt einen Meister der Gitarre am Werk, der sich nicht in selbstverliebten Solos verliert, niemals den Song vergisst. Und auch wenn GARY MOORE gerne am Mikrophon auf andere Sänger zurückgriff, wirkt es erfrischend, hier nur eine Stimme zu hören: seine eigene.

Bereits die ersten beiden Songs, das fabulierende "Over The Hills And Far Away“ und das epische "Wild Frontier“ hauen den Zuhörer aus den Socken. Lied Nummer 3, das treibende "Take A Littel Time“, wirkt dagegen entspannend einfach, begeistert jedoch gerade deswegen. Es folgt ein weiterer Höhepunkt, das Instrumentalstück "The Loner“. Es ist ohne Zweifel einer der besten Gitarrensongs, die je aufgenommen wurden. Kaum ein Musikfreund lief 1986 nicht durch die Straßen und versuchte es zu summen… und scheiterte regelmäßig. Das Sing-along-Cover "Friday On My Mind“ macht gute Laune. Dem bedrückend wirkende "Strangers In The Darkness“ folgt das bedrohliche "Thunder Rising“. Zusammen mit dem melancholischen Abschluss "Johnny Boy“ verstärkt sich so der hauptsächlich düstere Eindruck des Albums.

Ja, 1987 konnte es schon einmal passieren, das ein Album nur 8 Songs hatte. Doch damit hatte GARY MOORE sein Pulver noch lange nicht verschossen. Die 80er Jahre waren die Zeit der Maxisingles. Dort fand man als Dreingabe nicht nur Livemusik, sondern auch Stücke, die es nicht auf das Album schafften. Als das CD-Zeitalter heranbrach, fand man diese bei Neuveröffentlichungen in diesem Format oft auf den Silberlingen als Bonusmaterial. Bei "Wild Frontier“ ist es nicht anders. "Crying In The Shadows“ heißt das Stück in diesem Fall und es wurde zurecht aussotiert, kann es doch mit dem Album nicht mithalten, auch wegen dem genretypischen Text aus dieser Zeit: Liebeskummerschmalz. Wer so etwas hören wollte, kaufte sich ein Album von WHITESNAKE, nicht von GARY MOORE.

Die Maxisingles waren jedoch auch die große Zeit der (i]Extended Version(i]. Oft waren es lediglich Remixes. "Over The Hills And Far Away“ ist ein solcher Fall. Es gibt nur wenige neue Gitarrenriffs. Dennoch ist es eines der bessern Arbeiten am Schneidepult. Doch dann ist da noch der Titelsong "Wild Frontier“ als echte Extended Version. Natürlich wurde hier auch gemixt. Doch es gibt jede Menge neue, andere und zusätzliche Gitarrenparts. Der Song, den ursprünglich PHIL LYNOTT singen sollte, was sein Tod am 4. Januar 1986 verhinderte, behandelt den Nordirlandkonflikt. Selten passte ein Gitarrenspiel derart zu dem Schmerz, den ein Künstler verspürte und dem er Ausdruck verleihen wollte. Es ist ein Meisterwerk im Meisterwerk.


Anspieltipp: "Wild Frontier (Extended Version)“

P.S.: Auf der CD sind Albumtracks und Zusatzssongs ein wenig durcheinander. Die von mir beschriebene Reihenfolge – zuerst das Album, dann das Bonusmaterial – ist zu empfehlen.


Und, weil die Leser von "BlackHört“ es gewohnt sind:

Die Top 3 (die gar nichts mit Hard Rock oder dem Album zu tun haben – ich höre sie zur Zeit nur oft):

Platz 3:   "The Other Side“ von PHILLIP LARUE
Platz 2:   "The Long Haul“ von BLACK ENGLISH
Platz 1:   "Beekeeper“ von KEATON HENSON

Holy Moly
Trekan

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (10.04.18)
Ich bin überfordert, weil ich nicht weiss, was ein "Drumcomputer" ist.
Graeculus (69) meinte dazu am 10.04.18:
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 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 10.04.18:
"Schießbude", kennich, das is, wenn 'ne Kickermannschaft 0:10 unterliegt, die heisst dann Schießbude. Jawohl.

 TrekanBelluvitsh schrieb daraufhin am 10.04.18:
Ich dachte mir, eine Rezension muss sich nicht immer um eine aktuelle Platte drehen. So habe ich mich halt den Klassikern zugewandt, bzw. dem, was ich dafür halte.
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