Aufgespießt

Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag


Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"

Dienstag, 24. Juli 2012, 00:25
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Die reine Verliebnis

von  Matthias_B


(elfte Liedtextkolumne - Alternativkolumne "Die sichere Bank" bei den regulären Texten)

Mike Condello trug 1968 mit "Phase 1" sein zwar künstlerisch wertvolles, aber kommerziell nicht erfolgreiches Scherflein zur "aufblühenden" Hippiemusik bei. Dieses Album ist heutzutage nahezu vollkommen in Vergessenheit geraten. Deshalb wird - auch zur Erinnerung an den Musiker, der schon im Alter von 14 Jahren Banderfahrung sammelte, mit 16 für lokale Fernsehformate (v.a. die Kindersendung "The Wallace and Ladmo show") in leitender Funktion komponierte und bei einigen Gruppen in die sechs Saiten griff (z.B. als "Rip Kord" bei Hub Kapp und den Wheels, oder in seiner Parodie-Band Commodore Condello's salt river Navy band, mit welcher u.a. die Beatles (With a little help from his horse) oder Jimi Hendrix (Sonic boom) persifliert wurden) - der Song "Crystal clear", der vom Bassisten Ray Trainer geschrieben wurde, aus dem Werk vorgestellt.


Im Lied wird die tiefe Verbundenheit zur reinen Verliebnis, d.h. zur Idee, die man als Mann von der zum belebenden Faszinosum erhobenen Weiblichkeit an sich hegt, illustriert. Das Sprecher-Ich empfindet die "[nahe] bzw. [sich der Seele nähernde] [...][Liebe]" als "[kristallklar]" und in die "[höchsten (geistigen) Gefilde]" versetzend. Daraufhin verschwindet der Kontrast des Beschwerenden und "[Herniederziehenden]", da alles individuelle "[Schöne]" durch diese absolute Idealisierung, auf welche man sich im Glauben ganz einlassen solle, empfangen werden könne. Das Herz der angeschmachteten Abstraktion, deren Wesen wie ein rätselhafter, aber erfüllender "[Traum]" begriffen wird, scheint wie aus "[purem Kristall]" - man denke an von Hoffmannswaldau. So quält man sich in dieser Einsamkeit, die mit der geistigen Erfüllung durch die Zuneigung zu diesem Sehngebilde melancholisch durchlitten wird, lebenslang edel: "I don't know her name, I don't know if she's real". Infolgedessen muss dieses erhabene allgemeine Verliebtsein, wenn nicht die dessen Erahnung verloren gehe solle, an sich ganzheitlich begriffen werden, nicht etwa nur "[auf rationalem Wege]" - da mag man die Weimarer Klassik grüßen lassen. Diese "[beflügelnde]" Wahrheit kann unermesslich "[besehen]" und ausgeschöpft werden, da man in ihr gänzlich und somit glücklich aufgeht, was durch "I can find reflections there of what I thought it was me" angedeutet wird. Somit "[braucht]" es auch "[in der schwärzesten Nacht keinen Mond]" als gewollt ungreifbaren und fernen metaphysischen Ankerpunkt des überbordenden Sehnwehs mehr, weil die Idealisierung, an die geglaubt wird, auch diesen als Lichtblick überstrahlt. Mit "she' ll come to me soon, wait and see" wird die Hoffnung ausgedrückt, dass es eine Verkörperung dieser reinen Liebe im Irdischen geben könne, welche man(n) als die berühmte 'Eine', als 'die Richtige' bezeichnet. Wichtig erscheint hierbei, dass man sich dessen bewusst ist, in die Liebe verliebt zu sein, und nicht etwa nur in eine bestimmte einem leibhaftig gegenüberstehende Dame, welche unweigerlich den ihr angedichteten zeitlosen Zauber verlieren würde, ließe man sich auf eine Liaison mit ihr ein. Man sehe sich bloß einmal an, welche Unmenge an geradezu hymnischen Werken verschiedener Literatursysteme jener unerreichbaren Idealzeichnung der Weiblichkeit, die somit eine Liebeserklärung an die Existenz der schöngeistigen Substanz an sich bedeutet, gewidmet wurde. Auch in musikalischer Hinsicht klingt die mit raumfüllendem Bass und dunkelfarbenen Streichertönen verzierte Komposition dezent, aber tiefgreifend.

Zitiert aus: Mike Condello - Crystal clear (1968)
http://www.youtube.com/watch?v=64-AjyB22Co

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