Zack!

Erörterung zum Thema Beobachtungen

von  tastifix

Ja, dies wird schon wieder ein Artikel über die Deutsche Bahn. Ich kann es nicht ändern, aber ich mache mir jetzt einfach ´mal so richtig Luft.

Da ohne Wagen, fahre ich sehr oft mit der Bahn und rege mich entsprechend oft auf. In diesem Falle allerdings kann die arme Bahn selber überhaupt nichts dazu.

In meinem Abteil ist es ziemlich voll. So bleibt mir nur noch ein Sitz direkt an der Ausstiegstür.
"Naja, für zehn Minuten werde ich das wohl aushalten!", zwinge ich mich zur Ruhe.
Ich kann ja von Glück sagen, überhaupt einen Sitzplatz ergattert zu haben. Schon ertönt das Warnsignal vor der Abfahrt des Zuges. Das soll in etwa bedeuten:
"Wenn`s Ihnen eben möglich ist, bleiben Sie bitte nicht zwischen den Türhälften stehen. Es könnte Ihnen schlecht bekommen, Ihr Aussehen drastisch verändern, Ihnen zu erschreckender Ähnlichkeit mit einem Pfannkuchen verhelfen oder sogar etwas noch Schlimmeres nach sich ziehen!"

Da kein potentieller Selbstmörder mitfährt (die pflegen sich in "schöner" Regelmäßigkeit des praktischen Nutzens wegen eher direkt auf die Gleise zu legen!), befolgen sogar Jugendliche diese indirekte Aufforderung und drängeln sich vorsichtshalber noch etwas enger im Mittelgang zusammen. Die Bahn ist`s zufrieden und zuckelt los.

"Wir wünschen Ihnen eine angenehme Reise!"
Das waren noch Zeiten, in denen man doch tatsächlich diesen guten Wunsch von der lieben Bahn mit auf die Fahrt bekam. Oder:
"Wir begrüßen ganz herzlich unsere Reisenden aus...!
Das hört man heute nur noch bei Fernreisen mit den Intercityzügen.

Da ja alle Abteile recht voll sind, ist der Durchgangs- bzw. Durchschlurfverkehr  entsprechend lebhaft. Es würde mich ja im Grunde genommen auch nicht stören - im Gegenteil ist es doch sehr interessant, die unterschiedlichsten Menschentypen an sich vorbei flanieren zu lassen und deren Outfit mehr oder weniger auffällig zu mustern.

Ich kann Ihnen sagen:
Ich habe schon ganze World Trade Center gestaunt, was sich Leute so einfallen lassen, um sich von ihren lieben Mitmenschen abzugrenzen:
Mir direkt gegenüber sitzt ein Typ mit Springerstiefeln, natürlich ganz in Schwarz gekleidet. Aber ich muss ihm zugestehen, der Mensch hat Geschmack. Damit farblich auch bestimmt alles passt, trägt er schwarzen Lippenstift, Schwarz auf sowie unter den Fingernägeln und Metall, wohin ich auch blicke. Dabei blicke ich geschocktes, unbedarftes Menschlein schon fast gar nicht mehr irgendwohin, denn ich bin bereits einer Ohnmacht nahe. Mindestens fünf Gardinenringe durch die Ohren, einen durch die Nase( nein, stimmt nicht, wäre bei dieser Horrorausgabe an Mitmensch aber gar nicht schlecht, denn an dem könnte man ihn besser aus dem Zug entfernen). Was aber unübersehbare Tatsache ist, ist der hübsche Nagel durch die Zunge.
„Da ist ihm ein Stilbruch unterlaufen. Da fehlt doch das Bild mit dem Totenkopf drauf dran!“, entsetze ich mich. Sollte ich ihn vielleicht darauf aufmerksam machen? Vielleicht setzte er sich dann aus Dankbarkeit mir gegenüber sogar anderswohin, weil er sich so freut...? Doch die Hoffnung darf ich getrost begraben. Es ist ja inzwischen zum Bersten voll. Der Mittelgang sieht aus wie das Innere einer Sardinenbüchse.
Bitte, wo ist der nächste Bahnhof?“, denke ich.
Tatsächlich steigen dort sehr viele der von dem Gedränge beinahe vergammelten ääh erschöpfte Sardinen aus, werden aber leider durch frisch eingefangene ersetzt. Es ist eine Wohltat, sie anzusehen. Sie tragen noch den Hoffnungsschimmer auf dem Gesicht, der besagt:
„Ich habe ´das mit der guten Reise` auf dem Bahnsteig stehend auch mitgekriegt und lass mich gerne überraschen!“
„Ich auch!“, sage ich mir, nämlich, wie lange noch deren gute Laune anhalten wird.

Einige der Fahrgäste empfinden den leisen Geräuschpegel der Gespräche umher als zu langweilig. Sie möchten ein wenig mehr Action und Schwung. Den Letzteren zu erzeugen, macht ihnen keine Probleme. Wie wäre es denn mit einer dann etwas lauteren Wanderung durch sämtliche Abteile? Es muss doch möglich sein, Leben in die Bude zu kriegen. Augenscheinlich fühlen sie sich dafür verantwortlich, dass niemand der Sitzenden eventuell aus seinen tiefen Gedanken dann in noch tieferen Schlaf versinkt. Wundern würde es mich bei der jetzt ungewöhnlich frischen Luft mit der ebenfalls ungewöhnlich dezenten Duftmarke in all diesen Abteilen jedenfalls kein bisschen.

Diese lieben Mitmenschen mit dem überragenden Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft erheben sich, schlurfen mit drastisch quietschenden Sohlen den Gang entlang, stoßen die Verbindungstür zum nächsten Abteil mit dem Schuh auf, treten hindurch und es macht „Peng!“ Der Herdentrieb des Menschen gebietet es, solcherlei Aktionen immer als Gruppe zu starten. Gemeinsam sind wir stark und das Peng der zuknallenden Verbindungstüren noch durchdringender.

Denn des macht entsprechend der Mitgliederzahl einer solch eingeschworenen Gruppe nicht nur einmal „peng“. Jeder, der dazu gehört, wartet, wie es sich der „Höflichkeit“ wegen geziemt, bis sein Vordermann die Türe hat hinter sich zuknallen lassen. Erst dann sorgt er selbst für eine Wiederholung dieses wahrlich lieblichen Lärms. Da zu der Gruppe mindestens sieben Halbwüchsige zählen, hat das Theater eine verstärkte Wirkung auf die ohnehin angegriffenen Nerven sämtlicher Fahrgäste und die Jugendlichen die doch so sehr erhoffte vermehrte Aufmerksamkeit der Anderen, die sie dann von Herzen genießen. Endlich stehen sie im Mittelpunkt, und sei es nur als da verwünschte Störenfriede.

Eines jedenfalls haben sie geschafft: Die Lebensgeister der Reisenden sind wieder erwacht, die Energie zurück, sich sogar lauthals über diese Rücksichtslosigkeit auslassen zu können. Der Kreislauf ist gerettet, man hört die ersten entrüsteten Stimmen:
„Das ist ja wohl die Höhe...!“
„Also, wissen Sie, wenn wir uns das zu unserer Jugendzeit erlaubt hätten...!“ (Eventuell falsche verbale Kriegsführung, denn da gab` s vielleicht noch gar keine Bahn!)
„Das müsste mein Sohn sein...!“, erbost sich eine Mutter mit einem kleinen Kind an der Hand. – Ist es aber nicht. Deshalb bleibt alles so, wie es ist. 

Apropo Geruch: Da soll es doch so niedliche oder auch weniger niedliche, kleine Flaschen geben. Drückt man auf deren Köpfe drauf, antworten sie mit einem fein versprühten Duft, der doch tatsächlich die Kraft hat, den beißenden Schweißgeruch zu stoppen oder wenigstens abzumildern. Ich bete solche Wunderdinger herbei, denn neben mir sitzt ein Mann, der stinkt, als ob er die Nacht auf einem Misthaufen verbracht hat. Nein, nein, ich täusche mich nicht: Das(!!) ist kein Chanel Nr.5. Selbst ein großes „Anti“ davor träfe noch nicht ins Schwarze!! Mir ist schlecht.

Diese Exemplare gehörten zum Augen- und auch zum Ohrenarzt.
Zum Augenarzt, damit sie infolge per der betreffenden Reklame überall und in den Geschäften plus dem Fernsehen auf den richtigen Trichter kommen.
Zum Ohrenarzt, damit sie endlich einmal vernehmen, wie sehr sie ihren Mitmenschen stinken. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Da gibt es noch etwas, was ich um Himmelswillen nicht vergessen möchte, zur Diskussion zu stellen. Wissen Sie, weshalb immer alles so verschmiert werden muss? Warum die noch neuen Sitze nach allein drei Fahrten aussehen, als ob ´ne Hühnerschar ihre künstlerische Begabung hätte testen wollen? Die armen Hühner können ja nichts dazu...Aber mussten sie, um diesen Mist zu produzieren, unbedingt absolut abriebfeste Farbe verwenden?  Und müssen die kleine Abfallbehälter neben jeder Sitzreihe mit angeknabberten Butterbroten vollgestopft, mit Saftresten versaut werden?

Muss das alles wirklich sein?
Denken Sie ´mal darüber nach!

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Reise!

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