9. September 2007

Tagebuch zum Thema Aufbruch

von  Raggiodisole

9. September 2007
obwohl wir schon seit einem Jahr wissen, dass wir den Camino gehen werden …
obwohl wir schon seit Monaten unsere Füße auf dieses Abenteuer einstimmen …
obwohl wir unsere Rucksäcke schon mindestens zum 12ten mal neu gepackt haben …
obwohl unsere Gedanken schon seit Tagen nur um all die Kleinigkeiten kreisen, die wir für unsere Lieben zuhause noch vorbereiten müssen …
Also kurz gesagt alles und jedes nur noch vom bevorstehenden Camino überschattet ist, war der heutige Tag irgendwie der offizielle Beginn unseres Weges.
Schon früh aus den Federn, weil Gitti und ich ja noch die Agape vorbereiten wollten, bevor wir nach der Hl. Messe den Pilgersegen empfangen.
Ein Blick aus dem Fenster lässt erste Zweifel auskommen – es regnet … besser gesagt es schüttet. Ein Omen ???
Nein, ich hoffe auf das erste „kleine Caminowunder“ … also den Kuchen zugedeckt, die Wanderschuhe angezogen und den Rucksack umgeschnallt und ab Richtung Pfarrhof.
Und siehe da – es hat nicht aufgehört zu regnen… also hab ich dann doch lieber das Auto genommen.
Im Pfarrhof hektische Vorbereitungen, Kaffe kochen, Brötchen schmieren … und schon läutet es zur Messe.
P.Heinrich bittet uns am Ende der Messe vor den Altar und spendet uns den Pilgersegen … Gitti und ich stehen da … schauen uns ein paar Mal an … ich glaube, wir denken dasselbe … jetzt ist es also quasi offiziell:
Wir gehen den Jakobsweg!

Aber zuerst geht es ins Pfarrhaus, wo wir für die Gemeindemitglieder die Agape vorbereitet haben. Wir werden ausgequetscht, von wo weg … wie lang … ob wir uns auch vorbereitet hätten … wie schwer denn der Rucksack sei …
Hin und wieder auch ein anerkennendes „Ich bewundere euch, dass ihr euch das traut“ … und ich gebe zu, das ging mir runter wie frisches kalt gepresstes steirisches Kürbiskernöl … hatte ich doch anfangs von vielen Seiten oft nur ein
verständnisloses Kopfschütteln geerntet, als ich von meinem Traum, den Camino zu gehen, erzählte…
Die Zeit vergeht und die ersten Hausfrauen müssen heim zum Kochen. Heidi ist eine der ersten, die sich verabschiedet, sie bekommt Gäste zum Mittagessen. Sie umarmt mich ganz fest, mit Tränen in den Augen, und wünscht uns einen guten Weg und den Segen Gottes. Ich weiß, sie wäre gern mitgegangen, aber ihr Knie hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Viele gute Wünsche haben wir auf unseren Weg mitbekommen … und viele Bitten um ein kleines Gebet. Aber der Camino ist ja lang genug, um für alle zu beten. Und wenn es sich nicht ausgeht?
Auch kein Problem. Alle die ihn schon mal gegangen sind, sagen, man wird infiziert mit dem „Camino-Virus“ … und geht ihn sicher noch einmal… und dann geht sich’s sicher aus …
Vorher muss ich meinen Rucksack noch einmal umpacken … aber das ist eine andere Geschichte …

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