27. September : Senor Domingo y Dona Maria Elena

Tagebuch

von  Raggiodisole

27. September  Senor Domingo y Dona Maria Elena

Nach einer herrlich ruhigen Nacht in einem flauschigen Bett gönnen wir uns natürlich noch ein gutes Frühstück, bevor wir uns wieder auf den Weg begeben.
Mein Fuß schmerzt fast nicht mehr und wir haben  Hornillos del Camino als unser heutiges Etappenziel ausgewählt. Bis wir jedoch dort gekommen sind, hat sich noch sehr viel und sehr Überraschendes ereignet.
Aber lasst mich der Reihe nach erzählen.
Begonnen hat es damit, dass wir auf dem Weg aus der Stadt hinaus immer wieder bei den einzelnen Monumenten und Statuen stehen geblieben sind und ich versucht habe, zu entziffern, was die Inschriften bedeuten.
Als wir also wieder einmal vor einer Statue standen, näherte sich uns ein älterer Herr mit einem kleinen Hund an der Leine, und fragte uns, ob wir denn wüssten, wer das sei. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich von Berufs wegen mit den Heiligen vertraut sei und  wir  sinngemäß die meisten Inschriften verstanden hätten. Im weiteren Verlauf des Gespräches erfuhr er auch, dass wir aus Österreich kommen und plötzlich hellte sich seine Miene auf und er wechselte in ein gebrochenes Deutsch. Während er uns auf die andere Straßenseite lotste, erzählte er uns, dass er im Jahr 1960 in Deutschland gearbeitet hätte und deshalb unsere Sprache spricht. Er  bot sich an, uns etwas zu zeigen, an dem die meisten Pilger achtlos vorbeigehen würden. Neugierig folgten wir ihm und lauschten seinen Ausführungen. Er wusste zu jeder Statue und „zu jedem Stein“ eine spezielle Geschichte. Erzählte uns von seinen Söhnen und Enkelkindern und zog uns plötzlich nach links in eine kleine Straße hinein. Unser Blick fiel auf ein großes, altes Gebäude. Der alte Herr, der sich als Domingo vorgestellt hatte, erklärte uns, dass dies die alte Pilgerherberge von Burgos gewesen sei und jetzt die „Faculdad de Derecho“, also die juristische Fakultät der Universität Burgos darin untergebracht sei.

Ehrfurchtsvoll blieben wir stehen, allerdings nicht deswegen, weil es sich hier um ein Universitätsgebäude handelte, sondern weil das große Tor von zwei schwarz gekleideten Herrn bewacht wurde, die ziemlich furchteinflößend aussahen und deren Körperhaltung eindeutig darauf hinwies, dass sie nicht gewillt waren, jeden in dieses Gebäude zu lassen. Senor Domingo band seinen Hund an ein Fensterkreuz, ging auf die beiden Herren zu uns und nach einem kurzen Wortwechsel drehte er sich um und winkte uns zu sich.
Die beiden Schwarzgekleideten grüßten höflich, traten zur Seite uns ließen uns passieren. Senor Domingo schleppte uns zum Portier, der  uns einen Stempel in unser credencial gab und dann zeigte er uns den Campus. Während ich ein paar Fotos machte, näherte sich uns eine ältere, sehr elegant gekleidete Dame, die Senior Domingo offensichtlich zu kennen schien. Die in Spanien unter Freunden übliche Begrüßung wurde begleitet von einem Wortschwall, dessen Inhalt ich beim besten willen nicht verstehen konnte. Aber eine Übersetzung ließ nicht lange auf sich warten. Senior Domingo stellte uns die Dame vor als Dona Maria Elena und als ehemalige Professorin der Universität Burgos vor und erklärte uns, dass heute in Kürze  ein großer Festakt beginnen würde, zu dem alles geladen war, was in Burgos und Umgebung Rang und Namen hatte, vom alcalde (Bürgermeister) über die Dekane der Fakultäten bis hin zum …
Der geneigte Leser möge entschuldigen, aber ich habe mir die Namen unmöglich alle merken können.

Dona Maria Elena, die selber schon einmal den Camino gegangen ist, wollte sogar für uns organisieren, dass wir als Gäste am Festakt teilnehmen könnten, aber da es mittlerweile schon fast Mittag war und meine Fußverletzung ohnehin schon ein Durcheinander in unseren Zeitplan gebracht hatte, mussten wir leider schweren Herzens ablehnen.
Mit guten Wünschen und der Bitte um ein Gebet am Grab des Apostels überließ uns Dona Maria Elena der Obhut von Senor Domingo, der uns noch ein ganzes Stück hinaus begleitete. Doch dann mussten wir uns auch von ihm und seinem kleinen Hund verabschieden.

Weiter ging es Richtung Tardajos, wo wir eine Pause machten und den obligatorischen cafè con leche tranken und uns mit einem bocadillo con jamon stärkten. Und schließlich erreichten wir auch die in unserem Adi als sehr nett beschriebene Herbege in Hornillos del Camino. Die Herberge wäre ja noch zu ertragen gewesen, nur die Hospitalera hatte Haare an den Zähnen. Sie führte uns in den Keller zum Stempeln der credencials, als ob es ihr zuwider wäre, dass noch immer Pilger eintrudeln und als wir nicht sofort verstanden, dass sie uns nach unserer Nationalität fragte, blaffte sie uns an „ debes saber que nacionalidad eres, eh?“ … also, dass wir ja wissen müssten, aus welchem Land wir kämen.

Egal, wir trafen die beiden Steirermädls aus dem Bus nach Burgos wieder und gingen gemeinsam Abendessen. Dann noch ein kleines Pläuschchen mit einer deutschen Pilgerin und schon war es auch Zeit, die Erlebnisse des Tages im Hefterl festzuhalten und den wohlverdienten Schlaf zu suchen.

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