Oktobermenuett

Gedicht

von  gitano

Oktobermenuett

Das Brandgesicht des Sommers fiebert jetzt im Baum,
den Schopf durchwühlt von Tarantellahänden,
als würde diese Gier des Säftetreibens niemals enden!
Was bisher glimmte - will jetzt brennen – zerreißt sich aller Kleider Saum.
Was bisher an sich hielt und diente – zerrt jetzt an diesem Zaum.
Und aus Fanfarenfarben entkleidet sich die Welt
ins Grau über Kopf zieht ein Pausenzeichen gefiedert übers Feld.
Ein erster Abend wirft schon früh sein feines Tuch zum Traum.

alternative Fassung zu den Langzeilen


Oktobermenuett

Das Brandgesicht des Sommers
fiebert jetzt im Baum,
den Schopf durchwühlt
von Tarantellahänden,
als würde diese Gier des Säftetreibens niemals enden!

Was bisher glimmte - will jetzt brennen –
zerreißt sich aller Kleider Saum.
Was bisher an sich hielt und diente –
zerrt jetzt an diesem Zaum.
Und aus Fanfarenfarben
entkleidet sich die Welt

ins Grau
überkopf zieht ein Pausenzeichen
gefiedert übers Feld.
Der Abend
wirft schon früh sein feines Tuch
zum Traum.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (03.10.12)
Die Kurzzeilenfassung gefällt mir besser. Beide Fassungen sind gelungene Synästhesie.
LG
Ekki

 gitano meinte dazu am 03.10.12:
Danke Ekki, für Lesen und vor allem für "gelungene Synästhesie".
gitano
chichi† (80)
(03.10.12)
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 gitano antwortete darauf am 03.10.12:
die kurzzeilenversion also...Vielen Dank für Dein Statement!
gitano
janna (66)
(03.10.12)
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 gitano schrieb daraufhin am 03.10.12:
hallo janna!
klar brandgesicht...danke, danke für hinwes und die komplimente.
gitano

 styraxx (12.10.12)
Gefällt mir sehr gut, vor allem die erste Version. Die Vergleiche und Bezüge, die ungewöhnlichen, aber nie manierierten Bilder, die Du hier heranziehst, um diese einzigartige Herbststimmung zu erzeugen, machen den Text oder eben das Menuett aus. LG

 gitano äußerte darauf am 12.10.12:
Hallo styraxx!
Vielen Dank für Deinen Kommentar und die Empfehlung!
Ich versuche meist meine eigene poetische Sichtweise auf die Inhalte zu in möglichs passenden Rhythmen zu transportieren.
Es freut mich, dass Dir aufgegfallen ist, dass diese Bilder nicht der Mainstreambilderschar der Herbstgedichte folgen.

Die Langzeilen der Version 1 wählte ich um jeweils eine inhaltliche Sequenz pro Zeile setzen zu können (mit einer Ausnahme). Früher war dies in der arabischen Lyrik so üblich. ich wollte dabei auf Mehrdeutigkeiten verzichten, die man durch geschicktes Umbrechen der Zeilen erzielen kann. In der Langzeile wirken dann "Nur" die poetischen Bilder ....wenn sie nicht interessant genug sind - wirds schnell langweilig. Eine besondere "Prüfung" eben.

Menuett als gemäßigter Schreittanz im etwas zurückhaltendem Temperament, Verbeugungen, Platzwechsel,...
ist natürlich eher assoziativ zum Inhalt und zur Umsetzung gemeint (Jambus, Takte, Melodie, und dem Fadeout am Ende nach einigen kleinen Highlights...)
Vielen Dank für Deinen Eintrag!
gitano

 FrankReich (25.02.20)
Hi Gitano,

ich bin mir jetzt nicht so sicher ob das Wortspiel im Titel bewusst gewählt wurde, der Inhalt Deines Gedichtes befasst sich meiner Meinung nach nämlich eben so wenig mit Tanz und Musik wie mit Essen, aber die erste Version ist zumindest schon einmal ein Oktett, und wenn ich das aus dem Titel streiche, dann bleibt übrig:
...

Ciao, Frank

P.S.: Ich habe an anderer Stelle gelesen, dass Du evtl. über Quellen bzgl. des Doppelsonetts verfügst, das würde mich auch interessieren.

 gitano ergänzte dazu am 25.02.20:
Hallo Frank,
zu Quellen betreff Doppeösonetten habe ich unter dem Thread zum Sonett hier auf KV vor ein paar Tagen wiederholt Angaben getippt...eigentlich sind Quellen mit etwas Recherche nicht so schwer zu finden...ebenso zum sonetto caudativo (Schweif-/Schwanzsonett). Eine nachricht dazu müßtest Du über die KV Benachrichtung bekommen haben.

Zum Text hier:
Nein die erste Fassung ist kein Oktett, sonder lediglich metrisch in acht Zeilen gesetzt.
Menuett ist ein beschwingter, mäßig schneller Schreittanz der Renaissace/Barock mit Drehungen, Platzwechseln etc. pp. Rhythmisch und szenarisch lehnt der Text sich daran an. Die Allegorie zu "Blättertanz" und anderen typisch herbstlichen Erscheinungen scheint zumindest nach anderen Kommentaren auzugehen...z.B. Eitelkeit > sich übermäßig schminken > mit Farben und es gibt einige Weitere...

Z4 / Z5 gibt es rhythmische/metrische Zitate aus Andreas Gryhius Alexandrinersonett "Es ist alles eitel" (17 Jhd.) und geht über in eine Reprise (Entspannung).

Aber jeder liest lyrische Texte anders...
die anderen KommentatorInnen haben den Text auch anders kommentiert...

Grizzi
gitano
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