GOTT & MENSCH im spiegel harzgebirglerischer reime

Gedicht zum Thema Gedanken

von  harzgebirgler


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"nur noch ein gott kann uns retten" (heidegger)

es steht ein gott schon aus sehr lange  zeit
wohl auch ob uns'rer unausstehlichkeit
denn letztlich ist und bleibt er doch das maß *
was längst der mensch, verzückt von sich, vergaß.

* „Ist unbekannt Gott ? Ist er offenbar wie der Himmel ? Dieses glaub' ich eher. Der Menschen Maß ist's.“ (Hölderlin, In lieblicher Bläue blühet)

*

ist die erd' erst menschenleer
fragt nach uns nicht einer mehr
auch kein gott - der stellt sein sein
das steht fest dann gleichfalls ein
denn wir können nur am leben

ja sein bildnis wiedergeben
deshalb darf man fast drauf wetten:
irgendwie wird er uns retten
vorm totalen untergang
doch die zeit dahin ist lang...

„Lang ist
Die Zeit, es ereignet sich aber
Das Wahre.“ (Hölderlin)

*

Als Gott, total des Echos bar,
noch ganz für sich wer weiß wo war
im Unbestimmten, Ungefähren,
begann es doch in ihm zu gären
vor endlos öder Langeweile:
Wenn ich die Lage richtig peile,
kennt mich kein Schwein und ruft mich an -
mal sehn, wie man das ändern kann?!
 
Gott ging in sich mit sich zu Rat
und schritt dann kurzerhand zur Tat:
Schöpfte - aus welchen Töpfen immer -
die Welt, das All mit Sternenschimmer,
schöpfte das Licht, schöpfte die Nacht,
kunstvoll verfugt, nicht ungeschlacht,
sowie die Erde samt dem Paar,
das des Geschlechtes Quellgrund war.
 
Nun hatte Gott echt was zu tun;
die Menschheit ließ ihn nicht mehr ruh’n,
sah zu ihm auf zwar, rief ihn an
als Herrn, der alles macht und kann,
tat aber sonst stur, was sie wollte - 
kein Wunder, daß der Herr oft grollte
und bald sein Einsamsein vermißte,
war es auch gänzlich leer und triste.
 
Als er zudem bekümmert sah,
was seinem Fleisch und Blut geschah,
da ward ihm klar: Es wird nur schlimmer,
zog sich zurück ins Wartezimmer
der eigenen Unendlichkeit
und sinnt voraus das End’ der Zeit,
an der sein Ebenbild längst baut -
es sinkt der Tag, der Abend graut...


*


es wandelt gott mit riesenschritten
von alters her durch zeit und raum;
was menschen jemals taten, litten,
kümmert ihn scheints seit langem kaum.
 
er läßt den menschen frei gewähren,
vertraut in ihm auf seinen geist:
vollkommenheit mag leiten, nähren
ihn, bis die nacht den morgen kreißt.
 
dass wir nicht den verstand verlieren
vor fernem, das sich endlos dehnt,
vermag der mensch zu reflektieren,
wodurch er sich zag heimisch wähnt.
 
so kommt ins dasein eine ruhe
und stiefeln wir am rand entlang -
begriffe sind wie wanderschuhe
und sichern w/irren erdengang.
 
zu fassen nicht und schwer zu sehen,
unkenntlich fast an dem, was ist
der gott, da wir im zeitraum stehen,
einsam mensch an sich selbst meist mißt.
 
doch hats uns eh schon übertroffen,
in unserm wesen eingeholt;
oh alles was wir sind und hoffen,
vollkommenem bleibts anbefohlen.
 
warum sollte gott verweilen -
er weilt doch, kommend stets, schon längst;
er muß nicht zögern, muß nicht eilen,
er lächelt w/leise, wenn du denkst
er sei dir ferne, sei nicht nah:
er ist in allem ständig da.


*

als gott noch ein ganz lieber war
hielt ihn der mensch für blöd
und sich für toll und wunderbar -
die welt ward langsam öd

und es zerbrach ein gleichgewicht
system kam aus dem lot -
bescheuert ist der mensch, nicht dicht,
sieht kaum schon was ihm droht...


*

eh einst der gott ans schöpfen ernsthaft dachte

da schöpfte er im grunde schon verdacht

dass wenn er nicht nur licht nein alles machte

ihm dies noch viele scherereien macht


er sollte ja dann auch alsbald gewahren

wie eigenwillig ebenbilder sind

die keineswegs nach seinem will'n verfahren

und dachte bei sich prompt: “gott menschenskind


du musst jetzt zeigen wer hier herr im hause

sonst tanzen die dir auf der nase rum

denn schließlich heißt der hausmeister nicht krause!”


und brachte die zwei kurzentschlossen um

das ew'ge leben sowie zudem jeden

weit'ren vorteil dort im garten eden...


*

bevor gott einst ans schöpfen ging
und an mit seinen werken fing
gab es bloß chaos überall
und auch noch keinen sündenfall

die erde war voll wüst und leer
ganz ohne baum und grizzlybär
der mensch war gleichfalls nicht in sicht
gott sprach erst mal "!ES WERDE LICHT!"

denn sonst konnt’ ja selbst gott nichts seh’n
und mußte blind zu werke geh’n --
gott schuf den himmel und die erd’
und legte fürn elektroherd

vorausschauend bereits den grund
denn was zu kochen ist gesund
oft gern ergänzt durch rohe kost
heut’ kommt die sogar schon per post --

gott gab sich müh’ und gab echt gas
schuf land und meer und farn und gras
nebst sternen sonne mond und tier’n
die wenn sie fell ham selten frier’n

und mit erstaunen nimmt man wahr
daß eher licht als sonne war -
dann stand der mensch auf dem programm:
der liebe gott formte adam

sowie eva nach seinem bild
die beiden machten ihn bald wild
durch fruchtgenuß vom weisheitsbaum
und ratzfatz war er aus der traum

vom leichten leben ohne tod -
gott hatt’ es ihnen angedroht
denn fühlen muß wer der nicht hört
weil eine schlange ihn betört...


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den tod hat uns das urpaar eingebrockt
und auch das paradies gleich mitverzockt -
den beiden paaradieschen war nicht bange
sie gingen auf den leim der falschen schlange
was gott mit radikalem schnitt quittierte
der zu den dann letalen folgen führte
zumindest steht es so ja in der bibel:
gott nahm den sündenfall dem urpaar übel!


*


das abnabeln von gott begann

als wer "COGITO SUM" ersann

denn wenn der mensch IST weil er DENKT

kein schöpfer mehr bei ihm verfängt...



*

den lieben gott erschreckt kein schwarzes loch
im gegenteil „dir stopf ich's loch schon noch -
auf deine nimmersatte fresserei
da pell' ich mir salopp gesagt ein ei!“
sprach er jüngst zu einem riesengroßen
das erschrak zutiefst vor seiner bloßen

stimme die fast urknallmäßig hallte
während gott die rechte faust entballte
und steckt ihm einen finger in den hals
den kleinen nur der größer schon ist als
alles was son gierschlund jemals schluckte
bis der nahezu vor brechreiz zuckte -

„wehe du kotzt mir jetzt auf den kittel!“
drohte gott „dann geb' ich dir ein mittel
was dein vielfraßmaul ad hoc verschließt
und du dauermittagsschlaf genießt!“
drauf wandte er sich ab vom schwarzen loch
das unendlich erschüttert lunte roch...



***



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Kommentare zu diesem Text

Taina (39)
(01.09.23, 09:01)
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 harzgebirgler meinte dazu am 01.09.23 um 10:41:
Hölderlin nennt ihn in eingangs erwähntem Gedicht "der Menschen Maß". - Seine herrliche Hymne "Patmos" nennt ihn überdies sowohl am Anfang als auch am Ende:
"Nah ist
Und schwer zu fassen der Gott.
Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch."

...
"der Vater aber liebt,
Der über allen waltet,
Am meisten, daß gepfleget werde
Der feste Buchstab, und bestehendes gut
Gedeutet. Dem folgt deutscher Gesang."

 uwesch (01.09.23, 09:58)
Gott sei Dank - sonst hättest Du diesen aufschlußreichen Text nicht geschrieben :ermm: LG Uwe

 harzgebirgler antwortete darauf am 01.09.23 um 10:47:
"schonend rührt des Maases allzeit kundig
Nur einen Augenblik die Wohnungen der Menschen
Ein Gott an, unversehn, und keiner weiß es, wenn?" (Hölderlin, Friedensfeier) -- LG mit herzlichem Dank vom Harzer

 Tula (01.09.23, 14:42)
Hallo harzgebirgler
Mir tut Gott ehrlich gesagt leid, wie er so täglich auf seine Geschöpfe herunterblicken und mit ansehen muss, wie sie das Paradies von einst nun endgültig zerstören. Vielleicht überlegt er ja doch, ob eine neue Sintflut ...

LG
Tula

 harzgebirgler schrieb daraufhin am 01.09.23 um 18:20:
:) :) 
hallo Tula,

gott schuf den menschen, doch schafft ihn der
kann man echt sagen total seither
so dass er für sein ebenbild
beinahe schon als nichts mehr gilt
was sich jedoch einst rächen kann
denn ewig sieht's kein gott sich an...

lg mit herzlichem dank
harzgebirgler
Agnete (66)
(03.09.23, 14:44)
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 harzgebirgler äußerte darauf am 09.09.23 um 15:49:
...der scheinheiligen sind weit mehr
in aller welt eh seit jeher! :angry: 

lg mit herzlichem dank vom harzer
Teolein (70)
(07.09.23, 07:51)
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 harzgebirgler ergänzte dazu am 09.09.23 um 16:02:
friede(n) wird erst vollends sein
kehrt ein gott hier wieder ein.

beste dankesgrüße vom harzer
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