An unsere Mutter (geheimes Weihnachtsgedicht)
Was wäre schwer daran gewesen, einmal nicht schlecht gelaunt zu sein? Statt unsre Spannung aufzulösen, warst du empfindlich und gemein. Mit dir war es nicht auszuhalten, das lang ersehnte Weihnachtsfest. Ich seh noch deinen Blick, den kalten, er gab uns Kindern gleich den Rest. Spätestens mittags Heiligabend war jede Hoffnung aufgezehrt, es wird noch schön. Nach Gründen grabend, hast du uns Liebe schlicht verwehrt. Wir haben dann im Kinderzimmer den größten Teil der Zeit verbracht und hofften sehr, es wird nicht schlimmer. Es reicht ja schon, wenn keiner lacht. Nur selten in den ganzen Jahren sah’n wir dich auch mal mild gestimmt. Gefasst auf lauernde Gefahren, dachten wir dann: Gleich kracht’s bestimmt! Heut willst du, dass wir dich besuchen und rufst uns Mitleid heischend an mit einer Stimme wie aus Kuchen. Als ob man Steine wecken kann! Wozu musst du dir denn beweisen, dass du noch immer Macht besitzt? Wir werden weiterhin vereisen, wenn du an den Gemütern ritzt! Längst schöpfen wir aus andern Quellen die Liebe, die ein Herz erhofft, um sich das Dasein aufzuhellen. Sei eingeschnappt wie sonst so oft!