Playgirl (Will Tremper), 1966

Kritik

von  Mondscheinsonate

Heute sah ich den Film und würde ich es mir ganz einfach machen, könnte die Kritik folgendermaßen lauten: "Oberflächliches Filmchen über ein Model, das mit ihren Reizen nicht geizt und den Männern ständig den Kopf verdreht, bis sie jemand bändigt - oder auch nicht?"


Ja, das ist die Rahmenhandlung und lockt niemanden hervor, aber es steckt viel mehr dahinter: Rassismuskritik, das Verschweigen der Nazi-Zeit, der Umgang mit der Mauer in Berlin, das Hochziehen von hässlichen Bauten, Frauengezicke und der Umgang mit Frauen, sowie der Umgang mit der Liebe.


Die Dialoge sind großartig, das internationale Model Alexandra Borowski, gespielt von der bildhübschen Eva Renzi, spielt mit den Männern und wirft ihnen Aussagen entgegen, die nicht zu verachten sind. Dass sie sehr jung ist, wird überzeugend dargestellt. Sie weiß ihre Reize für sich zu nützen. 

Sigbert Lahner, gespielt von Paul Hubschmid, der eigentlich verlobt ist, mit einer Frau "die Mann (man) sich nur wünschen kann", hübsch und dümmlich, sie sagt selbst: "Ich versteh gar nichts", soll für seinen Chef einspringen und ihm die Alexandra vom "Hals halten", sie beschäftigen, "die sei verrückt". So ist er anfangs versucht ihren Reizen zu widerstehen, aber Alexandra nimmt sich ungeniert, was sie will und er verliebt sich in sie. Die Dialoge zwischen beiden in einem Nachtlokal gehen kurz um Rassismus, den er zugibt, sie ablehnt (zuvor passierte ihr aber im Hotel auch ein Missgeschick, sodass ihre Vorurteile doch herauskommen, was sie beschämte). Die beiden verbringen eine Nacht miteinander.

Dennoch kann Alexandra die Finger nicht von seinem Chef lassen und geht wieder mit ihm ins Bett. Hierbei kommt es vorher zu einem Gespräch, das aufhorchen lässt, Alexandra weiß nicht viel bis gar nichts vom 2. Weltkrieg, das erschüttert den feinen Geschäftsmann sehr, auch betrachtet sie Ruinen als Tourismusattraktion, meint "dieser Hitler oder so", er meint: "Das ist 20 Jahre erst her!" und sie sagt: "Ja, glaubst du, das stand in den Geschichtsbüchern?" (Ihre Mutter ist Deutsche, das wird nebenbei, in einem anderen Zusammenhang erwähnt)

Dies zu den Schlüsseldialogen, ansonsten geht es um das Bild der Frau. Von dem frechen Mädchen bleibt nichts mehr übrig, als sie sich eingestehen muss, dass sie sich doch in Lahner verliebt hat, es folgt eine Fotosession mit einem Italiener, den sie sexuell ablehnt, auf jedem Bild ist Traurigkeit zu sehen, bis sie Lahner wiedertrifft. Den Rest zu verraten, wäre nicht fair. 

Großartiger Film, ganz Tremper, wo Gesichter, Gesten und Dialoge zwar im Vordergrund stehen, allerdings das Drumherum unglaublich wichtig ist und auch aufmerksam zu beobachten ist, dann fügt sich das Gesamtbild Berlin und die Zeit 1966 zusammen.


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Kommentare zu diesem Text


 Gabyi (10.05.24, 10:41)
Glaube, ich kenne diesen Film.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 10.05.24 um 10:45:
Sicher, der ist ja nicht mehr ganz frisch :)

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 10.05.24 um 12:30:
Hallo Cori,
deine anregende Besprechung macht mich neugierig.
Ich würde die unnötige Inversion im Schlusssatz verändern.

LG
Ekki

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 10.05.24 um 12:34:
Is weg, Danke!

 Dieter_Rotmund (10.05.24, 15:30)
Kino oder gestreamt?

 Mondscheinsonate äußerte darauf am 10.05.24 um 16:57:
Gestreamt.
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