Aufgespießt

Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag


Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"

Montag, 09. Juli 2012, 20:18
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Wandelbares Gefühl für Luxus

von  AlmaMarieSchneider


Wer sich in Deutschland auf Wohnungssuche begibt hat es nicht leicht seine Wünsche und die Realität unter einen Hut zu bringen.
Passen nun endlich Lage, Preis und Zimmergrößen, stellt sich plötzlich das Bad als unüberwindliches Hindernis für eine Anmietung heraus. Angesichts der oft fensterlosen, engen, schlauchförmigen Räume, die eher an eine Zelle als an eine Oase für Hygiene und Entspannung erinnern, wird aus Begeisterung für die neue Wohnung schnell Enttäuschung und ein klares Nein und die Suche geht weiter... bis zur nächsten Nasszelle.
Eine wirkliche Verbreitung von Bädern fand erst Mitte des 20 Jahrhunderts in Deutschland statt. Davor musste man mit Zubern oder Bottichen vorlieb nehmen. Meistens befanden sich diese in der Waschküche oder sie wurden in der Küche aufgestellt, mit heißem Wasser gefüllt und die ganze Familie nacheinander durchgezogen. So ein Badetag (meistens der Samstag) war eine anstrengende Sache und hatte zumindest für die glücklichen Erstbader dann doch etwas von Luxus an sich.
In den 50ern entstanden dann sozusagen die Notunterkünfte für die Hygiene. Ein paar Quadratmeter Wohnfläche wurden abgezweigt und mit Wanne, Dusche, Waschbecken und Toilette ausgestattet. Ein ungeheuerer Komfort zum bisherigen Zuber und dem Etagen- oder Hofklo. Luxus war bereits eine Etagendusche.
Nun müssten ja alle zufrieden sein, denkt man. Doch die Vorstellung gerade im Bereich Hygiene hat sich in den letzten Jahren noch einmal sehr verändert. Man möchte das warme Wasser genießen, möchte einen angenehmen Raum, Musik, schönes Licht, möchte den Alltag einfach hinter sich lassen und entspannen. Möchte eine Liege aufstellen können für eine Massage oder im Alter behindertengerecht duschen können ohne hohe Wannenränder überwinden zu müssen.
Die Vorstellung in einer engen Wanne zu baden, über sich einen riesigen Warmwasserboiler, eingezwängt zwischen Trockner, Waschmaschine, Toilette und Waschbecken macht keinen Spaß. In den 50ern hätte man hierüber jedoch unzweifelhaft vom Luxus der Reichen gesprochen.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (10.07.12)
Frauen baden in Milch von glücklichen Kühen, tragen edle Lotionen auf, waschen ihr Haar mit perlenden Shampoo, salben ihren Körper mit duftenden Cremes ein und bürsten mit 1000 Strichen ihr güldenes Haar, sie sind eins mit der Wellness-Oase "Badezimmer".
Männer machen sich sauber.

 AlmaMarieSchneider (10.07.12)
Deine Aussage scheint auf immer weniger Männer zu zu treffen Dieter_Rotmund.
Ich glaube gerade bei Männern hat sich der größte Wandel im Gefühl für Luxus vollzogen. Die Wellness-Tempel quellen über von genusssüchtigen Kerlen, die nicht einmal mehr vor Gesichtsmasken fremdeln.

 Dieter_Rotmund (11.07.12)
Nun, Alma, wahrscheinlich hast Du Recht. Auch ich bade hin und wieder in mit Badezusätzen versehenen Badewasser einer Badewanne. Schuld ist natürlich ein Frau...

Dein Text ist - beabsichtigt oder nicht - von leicht satirischen Gehalt: Die neue Wohnung danach auszusuchen, ob das Badezimmer luxuriös genug ist, ist durchaus noch typisch Frau. Bzw. eine nahezu perfekte Wohnung abzulehnen, nur weil das Badezimmer keine Fenster oder keine Badewanne hat. Ein echtes Luxusproblem.
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