Das vollkommende Glück

Text zum Thema Krankheit/ Heilung

von  NormanM.

Das vollkommene Glück, irgendwie sucht jeder Mensch danach. Die einen haben nie erfahren, was Glück ist und wie es ist, glücklich zu sein, und diejenigen, die es sind, sind es doch nicht richtig. Gibt es das überhaupt, das vollkommene Glück?

Vor einigen Wochen habe ich ihn das erste Mal gesehen. Er saß draußen und sah vor sich hin. Ein paar Meter vor ihm entdeckte ich Vögel, die dort spielten, genau in seiner Blickrichtung. Ich beobachtete ihn dabei, wie er ihnen zusah. Er beneidete sie  wahrscheinlich, dass sie so frei waren, jederzeit davon fliegen konnten. Wahrscheinlich wäre er genauso frei wie sie und könnte einfach fortfliegen. Doch er war gefesselt an seinem Rollstuhl.
Nach einiger Zeit flogen die Vögel davon, doch er sah ihnen nicht nach. Seine Blickrichtung änderte sich nicht.
Seitdem sitzt er jeden Tag draußen und sieht vor sich hin. Niemals ändert er seine Blickrichtung. Er sitzt dort, doch ist er woanders, weit weg. Doch niemand weiß, wo.

Inzwischen habe ich vieles über ihn erfahren.
23 Jahre ist er alt. Bis vor kurzem studierte er Jura. Doch glücklich war er damit nicht. Freunde hat er so gut wie keine, eigentlich war er immer Einzelgänger. In der Liebe hatte er so gut wie nie Glück. Er war ein trauriger Mensch und hat sich nichts sehnlicher gewünscht als glücklich zu sein.
Vor einem Jahr hatte er einen schweren Unfall. Nun sitzt er dort Tag für Tag in seinem Rollstuhl und vegetiert vor sich hin. Er wird nie wieder laufen können, sich nie wieder bewegen können, für den Rest seines Lebens wird er an diesem Rollstuhl gefesselt bleiben, doch er bekommt es nicht mit. Er weiß nicht, wer er ist und wer er war. Sein ganzes Leben, sein Schicksal, sein Leiden, nichts von all dem nimmt er wahr. Er ist nicht in der Lage, Traurigkeit und Schmerz zu spüren. Ist das das vollkommende Glück?

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Kommentare zu diesem Text


 Omnahmashivaya (17.11.07)
Das ist sicherlich nicht das vollkommene Glück. Ein sehr trauriger Text. über den ich lange nachgedacht habe. Aber vielleicht sollten wir noch wissen, wie das passiert ist. Er saß sicherlich nicht schon immer im Rollstuhl. Schade, dass er so einen traurigen Lebensweg hatte. Lg Sabine

 Omnahmashivaya meinte dazu am 17.11.07:
Auf der einen Seite denken vielleicht EInige, dass es gut ist wenn man auch Leiden nicht spürt, aber wenn man gar nichts spürt, ist das auch sicherlich nicht schön. Wenn man sich selbst nicht bewußt ist. Und selbst zum höchsten Glück gehört auch mal hier und da ein Tief. Wahrscheinlich ist Alles besser, als überhaupt nichts mehr mitzubekommen. Ich weiß es nicht. Eine große Frage.

 NormanM. antwortete darauf am 18.11.07:
Hallo, er hatte einen Unfall, das werd ich gleich noch ergänzen. Aber darauf wollte ich dann nicht so genau drauf eingehen, weil ich die ursache für nicht so wichtig halte.
Ja, das sehe ich auch so, dass zum Glück auch mal ein tief gehört, weil man sonst nie wüsste, was glück ist und es nicht schätzen könnte.
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