28. September: Tut ma leid, hamma ned ...

Tagebuch

von  Raggiodisole

28. September

Nichts wie weg aus diesen unfreundlichen Haus. Sogar Gitti begnügt sich mit Automatentee und Keksen zum Frühstück und dann ziehen wir los.
Wir haben Morgenfrost und es ist saukalt, dass sogar ich mit langer Hose, Pulli UND Jacke loslaufe. Obwohl wir heute auch „sehr früh“ dran sind, gehören wir dennoch zu den letzten, die das Dorf verlassen, die Steirerinnen und die deutsche Pilgerin sind schon lange vor uns weg.

Die Landschaft gefällt mir, nicht nur, weil es meist eben dahin geht, sondern diese Harmonie, die hier ausgestrahlt wird, legt sich äußerst positiv auf meine Seele. Irgendwie erinnert sie mich an die japanischen Zengärten.

Langsam kommt die Sonne wieder durch und zu Mittag machen wir in Hontanas Rast und bekommen hier spanische Gastfreundschaft zu spüren.
Die Bar bietet eine „Suppe des Hauses“ an und Gitti ist sofort begeistert. Ich hätte lieber ein bocadillo con jamo, queso y tomates. Als ich meinen Wunsch äußere blickt mich die Wirtin zuerst einwenig verzweifelt an und verschwindet  in der kleinen Küche. Kurz darauf  erscheint sie gemeinsam mit einer anderen Frau, bittet uns, draußen vor dem Haus Platz zu nehmen und ein wenig Geduld zu haben. Die Wirtin verschwindet wieder im Haus und die andere Frau in einer kleinen Seitengasse. Nach wenigen Minuten kehrt sie mit einer gefüllten Einkaufstasche zurück und verschwindet ebenfalls im Haus. Und dann dauert es keine weiteren fünf Minuten und Gitti bekommt eine dampfende Suppe serviert und ich ein Riesenbocadillo mit herrlichem Schinken, Käse und Tomaten. Es war das beste und größte Schinkensandwich, das ich bisher in Spanien gegessen hatte.
Beim Zahlen hab ich mich extra bei der Wirtin für ihre Bemühungen gedankt und da hat sie mir erzählt, dass sie kein Brot und keine Tomaten mehr gehabt  hätte, aber ihre Schwester hatte von sich zuhause das Fehlende geholt, damit ich mein gewünschtes Bocadillo con jamon, queso y tomates bekäme.

Wenn ich mir vorstelle, das Ganze wäre bei uns in Österreich, oder vielleicht auch irgendwo in Deutschland oder der Schweiz passiert*ggg* … ich glaube, ich hätte lange auf mein Schinkenbrot gewartet… eher hätte ich ein lapidares „tut ma leid, hamma ned“ gehört … und das wär’s gewesen….

So herrlich gestärkt machten wir uns auf den Weg um unser heutiges Etappenziel Castrojeriz „noch vor Einbruch der Dunkelheit“ zu erreichen. Es war mittlerweile wieder sehr heiß geworden und der Weg zog sich schier endlos dahin. Wir überholten eine andere deutschen Pilgerin, die offensichtlich Probleme zu haben schien. Bei einem kurzen Plauscherl und auf die Frage, ob wir irgendwie helfen könnten, erzählte sie uns, dass sie heute ihre Füße so sehr spüre und auch leichte Kreislaufprobleme hätte. Aber wir sollten ruhig weitergehen, sie käme schon zurecht. Und tatsächlich, bei einer Pause, die wir dann machten, holte sie uns wieder ein und wir liefen ein Stück gemeinsam. Castrojeriz lag ja auch schon in Sichtweite, doch wie immer zogen sich die letzten Kilometer, die wir noch dazu auf der wenig befahrenen Landstraße laufen mussten. Aber schließlich erreichten wir unser Ziel und in der Herberge „Casa nostra“ wurden wir von einem sehr freundlichen, jungen Hospitalero mit den Worten „ Für diese Nacht ist mein Haus auch euer Haus, Seid herzlich willkommen“ empfangen. Wir fühlten uns gleich wohl und es machte mir auch nichts aus, dass nur mehr Betten oben frei waren. Der tägliche Pilgerluxus einer heißen Dusche wurde heute erweitert durch ein Vollbad für unsere Kleidung in der Waschmaschine der Herberge.
In der Herberge war inzwischen auch Antje, die deutsche Pilgerin eingetroffen und versuchte, ihre Wehwehchen in den Griff zu bekommen.

Wir machten uns auf die Suche nach einer Bar und einem supermercado. Die Bar war urig, tapeziert mit lauter Geldscheinen und der cafè con leche ein Gedicht, dafür war die Auswahl im Supermercado nicht mehr sehr groß. Aber das kommt wahrscheinlich davon, wenn man immer als letzter eintrudelt *zwinker* . Doch Gitti und ich konnten unsere Vorräte ergänzen und beruhigt zum Abendessen in die Bar gehen.  Es schmeckte ausgezeichnet und das obligatorische Glas Rotwein rundete das Mahl hervorragend ab.
Und gab auch die nötige Bettschwere, die aber die meisten Pilger ja auch ohnehin aufgrund der Anstrengung des Weges meist ganz von alleine bekamen.
Das obere Bett wurde mit Hilfe eines Sessels problemlos bestiegen und  somit stand einer erholsamen Nachtruhe nichts mehr im Weg.
Ob sie das auch tatsächlich war erfahrt ihr morgen*zwinker*.

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