Wenn der Ruf mal wieder wichtiger ist

Kurzprosa zum Thema Vater/ Väter

von  NormanM.

Es war ein sonniger und schöner Tag, der erste Tag in diesem Jahr mit einer angenehmen Temperatur. Mark wollte sich, als die Schule aus war, noch ein Eis holen, zu dem schönen Wetter gehörte es einfach dazu. Seine Schulfreunde hatten leider kein Geld, um mitzukommen und nahmen den Bus nach Hause. Ein paar Straßen weiter in einer ruhigen Seitenstraße befand sich eine kleine alte, aber sehr gute und bekannte Eisdiele, die er aufsuchte. Er hatte noch zehn Euro Taschengeld übrig und gönnte sich vier Kugeln mit seinen Lieblingssorten. Fröhlich und gut gelaunt verließ er die Eisdiele, um zurück zur Bushaltestelle zu gehen. Er kam an einer kleinen Gruppe Jugendlicher vorbei im Alter von etwa 16 bis 18 Jahren, die ihn, als er vorbei ging, auffällig musterten. Er schenkte ihnen jedoch keine Beachtung, wahrscheinlich waren sie neidisch auf sein leckeres Eis, dachte er innerlich grinsend.
„Ey, du da, komm mal her“, hörte er einen der Jugendlichen plötzlich hinter sich rufen. Vermutlich war er gemeint, er drehte sich jedoch nicht um und ging weiter. Als er hörte, dass sie im nach gingen, wurde er unruhig und beschleunigte seinen Gang, um auf die etwas belebtere Straße zu gelangen.
„Ey, ich hab gesagt, du sollst mal herkommen“, sprach ihn der Jugendliche plötzlich von der Seite an. „Ich will auch ein Eis, gib mir mal zwei Euro.“
„Ich habe kein Geld mehr“, antworte Mark unsicher und sah gleichzeitig in die Gesichter der anderen Jugendlichen, die ebenfalls dort standen.
„Was kein Geld? Zeig mal dein Portemonnaie!“, sprach der Jugendliche wieder.
„Ich habe kein Portemonnaie mit, das war mein letztes Geld, das ich in der Hosentasche bei mir trug.
„JETZT ERZÄHL NICHT SO EINEN SCHEISS, JETZT RÜCK DEIN PORTEMONNAIE RAUS!“, schrie nun ein anderer der Jugendlichen, bei dem es sich um den Größten und Stabilsten und wahrscheinlich auch Stärksten und Brutalsten von ihnen handelte, auf ihn ein. Voller Panik begann Mark zu schwitzen und war dem Weinen nahe, am liebsten hätte er sich weggebeamt. Die einfachste Möglichkeit wäre, ihnen sein restliches Geld zu überlassen, aber er fürchtete, dass es ihnen nicht genügen würde und sie ihn wahrscheinlich doch nicht in Ruhe lassen würden. Außerdem wollte er auch nicht immer derjenige bleiben, der nachgibt und sich alles gefallen lässt. Sich mit ihnen zu prügeln war unmöglich, sie waren alle viel älter als er und zu fünft, da hätte er absolut keine Chance. Die einzige Möglichkeit wäre, weg zu rennen. Natürlich könnte das auch nicht langfristig klappen, aber bis zur Hauptstraße war es nicht mehr weit, bis dahin könnte er es vielleicht schaffen, und dort waren viel mehr Menschen unterwegs. Er griff in seine Jackentasche und tat so, als wollte er ihnen das geben, was sie wollten und dann rannte er los. Zehn Meter kam er weit, da holten sie ihm ein und verpassten ihm erstmal einen Schlag in den Magen. Das Eis befand sich längst auf dem Boden. Dann suchten sie nach seinem Portemonnaie.
„SCHEISSE, DA KOMMEN DIE BULLEN“, rief einer von ihnen plötzlich. „LOS WEG HIER.“
„Da hast du nochmal Glück gehabt“, meinte einer noch zu ihm, da rannten sie los und entkamen der  Polizei, da sie durch die Gärten der Häuser rannten, wo die Polizei mit dem Streifenwagen nicht durchkam. Aus Sicherheitsgründen fuhr sie ihn daher nach Hause, damit er nicht noch einmal in die Finger der Rowdys geriet und setzte ihm direkt vor der Haustür ab.
Sein Vater, der schon vom Fenster aus mitbekommen hatte, dass er von der Polizei gebracht wurde und dachte, dass sein Sohn etwas angestellt habe, kam ihm direkt entgegen, als er das Haus betrat.
„Was hat das zu bedeuten?“, fragte er wutentbrannt. „Was hast du angestellt?“
„Gar nichts, aber...“ Weiter kam er nicht, da sein Vater ihm direkt eine saftige Ohrfeige verpasste und weiter auf ihn einschrie.
„Spinnst du eigentlich? Was sollen die Nachbarn denken, wenn sie das gesehen haben? Mein Sohn ist ein Krimineller. Weißt du, was du mir damit antust, du verdammter Arsch?“ Wieder schlug der Vater zu. „Was hast du angestellt?“
„Ich habe nichts gemacht“, schrie Mark zurück.
„Und wieso bringt die Polizei dich dann nach Hause? Du ruinierst meinen Ruf, meine Karriere hängt davon ab.“ Weitere Schläge folgten. Marks Vater verlor schließlich die Kontrolle über sich und schlug immer weiter auf seinen Sohn, der überhaupt nicht zu Wort kam, ein bis er erschöpft war.
„Ich habe nichts gemacht. Ich habe mir nach der Schule in der Eisdiele ein Eis gekauft und dann bin ich von Jugendlichen überfallen worden, die mein Portemonnaie haben wollten. Die Polizei kam dort vorbei und hat mich deshalb nach Hause gebracht, damit mir unterwegs nichts passiert“, erklärte Fritz schließlich, als er endlich zu Wort kam.
„Na, was gehst du dann auch alleine durch diese Gegend“, brummelte der Vater nur, ohne ein Wort der Entschuldigung.

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Kommentare zu diesem Text

JowennaHolunder (59)
(06.09.10)
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 NormanM. meinte dazu am 12.09.10:
Das ist es auch, was mich stört, dass man in solchen situationen noch bestraft wird anstatt aufgebaut und nicht einmal zu wort kommen kann.

Lg Norman
chichi† (80)
(06.09.10)
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 NormanM. antwortete darauf am 12.09.10:
Hallo und vielen dank fürs lesen. Ich freue mich, dass die aussage rüber gekommen ist.

Lg Norman
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