Vom Verwunder

Text

von  Akzidenz

[..]
Sowie uns ein Missbehagen hinter die Nacht und über den Morgen noch hinausgeht,
sodann erst sprechen wir von Schrecklichkeit!


Delictum attentatum oder der Versuch, zu töten, darin liegt alles Weh des Schluckes, der überwunden wurde, um wieder getrocknet zu sein, darin die Beinlosigkeit behänder Gipfler und Bestrebender: nach ihrem Wandern verlieren sie den Blick zurück: von da an treten sie v o r alle anderen und rufen: Was ist das Gipfeln ohne Aufstieg schon! was zähmlicher als unversiegte Schlachten? Was Versehrtsein ohne Rückkehr? Hier kommt die Rückkehr der Versehrten! Und noch, was Aufsteigen ohne das Gipfeln ist, darauf verdrehet sich der rötliche Klang der Ankläger und Inkulpanten, denn nichts beliebt uns mehr, als ein vergessenes Verständnis zu vergeilen, sind sie doch simul iustus et peccator; »Den Gipfel haben wir ihm aufgehalten, so genießet nun sein leeres Kommen in unsere Gründe!« So spricht aus uns die Cognitura und die unversehrte Sache!

Gar gibt es nicht viel mehr der mütterlichen Reue, als ein gescheitertes Morden vorm Leben auszustehen - da sind die heimlichsten Versammlungen offengemacht, wenn die Mütterlichkeit weint um die vebrannte Schößlichkeit, da sind Geheimnisse ganz offenbart und konvinziert worden, um das Innere ins Äußere zu tun, und sich ganz blank zu schämen daran! Da haben wir die bare Wahrheit unseres Herostraten - häufiger als Unschuld muss dieser noch bewiesen werden, uns ein fettiges Gegenteile vom Harmloseren abzugeben, den Percussoren zwischen den Resten herabzusetzen: und wie er uns missfällt, der neue Mensch von oben!

So viel Ich mich hüte, entgegen einen Baum zu gähnen, so halte Ich es mit den Stammbäumen von Dingen heilig - nun wischen wir uns unsere Seelen dran ab, Freunde und Seher! Sehen wir alle die uns an, die sich selbst im Schilde führten und unlängst dekuvriert wurden, denn das ist viel mehr als das Schlimmste: seine Bluttat! das ist ein Schritt zurück vom Mutter-Morde vor die Mutter, zum Aufseher, zum corpus delicti, zum Corpus-Mensch, zur alten Verwandlung - sie ist ist beschämt - zur alten Anmut - sie ist verknallt -, aller Versehrtheit und Gefahren - und endlich endet die Gefahr einmal! Denn Gefahren waren v o r h e r(!) die, die uns die Traub vermiesten! Was muss es Mördern an Gefahren mangeln und an Freud, uns den Vater eines Toten zu beleidigen und dabei selbst noch nie gestorben zu sein: deshalb steht es ihm nicht recht, zu morden! und die Schatten zu beschämen!

Sicarius und Menschjäger, der Du aus gefahrenvollen Höhlen im Berge dem Tale fremdes Gold zurückbrachtest, Du fragst: war dies Goldes Verstecker nicht einzig und allein die Welt? Oder schon: die Rechtfertigung? Die Welt heißt bloß ein Teil des Friedens, und ein Teil verborgen - das ist ihr ganzes Antependium aus Vorhut vorm Golde! Golde, ob dessen Glanz und Strahlen man vieles mutmaßte - und auch nicht viel unversehrt mutmaßte, sondern auch naschhaft wurd auf dieses Mutmaßen und Neid auf Unberührtes und -berühmtes, die Kenner ihrer Kennerschaft, die Totengräber ihrer Gräber: was rührt es euch an! Müsst ihr denn nicht einstmals  selbst Mörder und des Thanatos Adlatus gewesen sein, euch selbst eurer Toten zu ächten? Wollt ihr schenken? Dann seid ihr Doromanen des Schenkens, denn ihr schenkt nur, was Leben will, nicht aber, was sterben kann! Das schenkt ihr selbst den Toten! Wennschon - um nicht wider die Wahrheit zu reden - das ist alles Ersetzbare, denn es stirbt schnell! Was nicht ersetzet wird, ist unitiv und kostbaren Stoffes, wie allein schon ein Faden vom Kleide des Onkels.

Wie als er nun, zwischen denn reuigen Blicken seiner Entkleider, das Gold wieder herunterwürgte, beim Abgange durch's nasse Haus, durch die Familie gehend und weggehend - nie ist er so tief-gegangen! - und sich harmlos wie aus einer Stadt von der alten Tür fortmachte, die sie noch immer oben lag, die Stadt im Schranke, im Schrank des Eidams, wo flagranterweise Fenster, dass man das Herrenzimmer durch das Redoute durchblickte - und noch Herrenhafteres, sein Versuch - da merkten wir, die wir des animus occidendi Zeugen, die Verwandlung: der sich noch was zu schämen hatte war länger nicht mehr der, der sich schämte . . und hinaufblickt.

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