Aktionskunst

Engagiertes Gedicht zum Thema Natur

von  juttavon

im Lauen erhebt sich das Stück
Schmetterlinge entfalten den Aufstand
Arien mit Flügeln gerüstet die Herzwand
zerbrechlich
besetzen das Brennnesselfeld gnädig
entbrannter Triumph gewonnener Zeit
aus Gemüt noch eines Jahres Glück

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Kommentare zu diesem Text


 albrext (23.05.19)
Das Leben,
ein Hauch
im Fluss der Zeit.
Zart, vergänglich und schön,
wie die Wolken im Wind.

Liebe Grüße
Albrecht

 juttavon meinte dazu am 25.05.19:
Danke für Deinen einfühlenden, lyrischen Kommentar! Das freut mich.
HG Jutta

 Habakuk (24.05.19)
Der Titel deines Gedichts gibt mir einen ersten Hinweis zur Interpretation deines schönen Gedichts, liebe Jutta. Hoffe ich.

Das implizite lyrische Ich identifiziert sich mit einem Schmetterling. Der Mensch erlebt die Natur durch seine radikal subjektive Sichtweise. Der Schmetterling nimmt hier also charakteristische menschliche Züge an, was seine Empfindungen und inneren Handlungsantriebe (Impulse) anbelangt. Der Schmetterling ist ein instinktgesteuertes Wesen, will heißen, zeigt in bestimmten Situationen ein nicht bewusst gelenktes, aber der Natur inhärentes artspezifisches Verhalten.

In der Aktionskunst ist nicht selten der Künstler selber Bestandteil des Werkes und sein Körper künstlerisches Medium. Während für ein klassisches Kunstverständnis die Trennung von Subjekt und Objekt Voraussetzung ist, in dem der Künstler ein von ihm ablösbares Artefakt schafft, geht es in der Aktionskunst um Handlungen, in die der Künstler (hier das implizite lyr. Ich) unmittelbar involviert ist.
In diesem Zusammenhang verstehe ich Aussagen wie „entfalten den Aufstand, besetzen das Brennesselfeld, aus Gemüt noch eines Jahres Glück“. Alles Empfindungen bzw. Handlungen menschlicher Art, die einem Schmetterling so nicht zu eigen sein dürften.
Nicht nur in Griechenland, sondern auch bei vielen primitiven Völkern, gilt der Schmetterling als Symbol für die Seele. Das kann damit erklärt werden, dass der Schmetterling bis zu seiner endgültigen Gestalt einige Entwicklungsstadien durchläuft und dann in der letzten Stufe der Puppe entschlüpft, dies kann als Bild für eine vom Körper befreite Seele verstanden werden.
Aus demselben Grund ist der Schmetterling auch oft ein Bild für Verwandlung, Auferstehung und Wiedergeburt.
Im Medizinrad der Indianer wird der Schmetterling dem Schmetterlingsclan zugeordnet. Dies ist der Clan, der mit dem geistigen Aspekt des Seins assoziiert wird. Schmetterlinge sind Meister der Transformation. Sie alle beginnen ihr Leben als Raupen, ernähren sich von Pflanzen, bis sie einen Kokon spinnen können, und verwandeln sich dann, nach einer Phase des Schlafes, in Schmetterlinge. Als solche ernähren sie sich von Blumen und helfen diesen bei der Vermehrung, indem sie deren Pollen verbreiten. Auf diese Weise bringen sie dem Rest der Schöpfung die Gabe der Schönheit.

Sprachlich erzeugen helle Vokale eine heitere und gelassene Stimmung, wohingegen dunkle Vokale eher trüb und gedrückt wirken. A und u zählt man grundsätzlich zu den dunklen Vokalen, sie vermitteln eine Stimmung von tiefen Tönen, von Dumpfem, von schwer Lastendem oder Bedrohlichem. Andererseits wird der Vokal a im Schrifttum aber auch als der „heitere Vokal der ruhigen Gegenwart“ bezeichnet. Dies gilt gleichermaßen für den Diphthong au, wenngleich auch dieser ambivalent zu sehen ist und außerdem für Schneidendes, Unabänderliches, Trennung, Trauer und Schmerz (Assoziation: "Au"!) stehen kann.
Ich denke in diesem Zusammenhang an die Wörter „Lauen, Aufstand, Arien, entfalten, das, Herzwand, entbrannt, Jahres“ in deinem Gedicht.

Die Umlaute ü und ä zählen grundsätzlich zu den hellen Vokalen. Es sind Zwischenlaute zwischen einem a bzw. u und vermitteln dem Leser u. U. den Einruck, dass das lyrische Ich sich im Übergangsbereich von zwei verschiedenen Gefühlen befindet, einerseits der Sehnsucht nach einer vom Körper befreiten Seele und andererseits der noch vorhandenen Körpergebundenheit.
Auf dein Gedicht bezogen fallen mir da die Wörter „Stück, Flügel, gnädig, Gemüt, Glück“ ins Auge.
Ansonsten sehe ich sehr oft die Vokale e und i: Diese hellen Vokale evozieren eine fröhliche, aber auch aufgeregte Stimmung, was auch für den Diphthong ei gilt. Die einzelnen Wörter füge ich jetzt nicht an, sie sind aber leicht im Gedicht nachzuvollziehen.

Harte Konsonanten bzw. Konsonantencluster wirken aggressiv und abweisend. Beispielhaft in „Stück (st, ck), entfaltet (t, tf, lt), gerüstet (r, st, t), zerbrechlich (z, r, br, ch). Etc. pp.
Weiche Konsonanten sehe ich fast in jedem Wort: b, d, g, m, n, l. Die einzelnen Wörter erspare ich mir. Auffällig ist die besondere Häufigkeit der Konsonanten n sowie g.

Meine Absicht war, darzulegen, wie die Gefühlsambiguität des lyr. Ich auch in den Vokalen und Konsonanten Niederschlag gefunden hat.

Weiterhin fallen mir die Klangfiguren Konsonanz, Assonanz und Alliteration auf.
Mehrfache Konsonanzen bei n bzw. l, Assonanzen bei a, e, ü, Alliterationen bei a, b, d, e, g, s, z. Reim bei Stück, Glück.

Ein feines Gedicht, liebe Jutta. Rhythmisch, bildhaft, sprachmusikalisch, klangvoll und zudem voller rhetorischer Stilmittel.
Ob meine Interpretation mit der Intention der Dichterin im Einklang steht, sei dahingestellt.

HG
H.

 juttavon antwortete darauf am 25.05.19:
Danke für Deinen reichen Kommentar!
Schön, wie Du die klangliche Seite herausarbeitest. Ja, da drückt sich eine ambivalente Stimmung aus.
Das Bild des Schmetterlings beinhaltet die Transformation, die das seelisch-geistige Wachsen des Menschen symbolisieren kann. Und es drückt die Gleichzeitigkeit von zarter Zerbrechlichkeit und machtvoller Kraft aus. Diese erlebe ich vor allem in der Selbstverständlichkeit, in der die "instinktgesteuerten" Wesen für das Überleben handeln; ihr ganzes Dasein ist "Aktionskunst". Sozusagen vorbildlich

HG Jutta
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