Punisher

Kurzgeschichte zum Thema Gewalt

von  RainerMScholz

Das ist schon ein traumatischer Erlebnis, wenn da so ein Riesengorilla über die Motorhaube gesprungen kommt und dich Ka-oh schlägt. Es ist wie in ein Zeitloch fallen: Ich dachte, ich sei für Sekunden weggewesen. Doch die Leute um mich herum erzählten, es seien mindestens zehn Minuten gewesen. Zehn Minuten! Wo sind die hin? Na klar hatte ich ein tierisches Veilchen, ich konnte kaum `was sehen. Der Typ war auch irre: Kickboxer oder sowas, ein richtiger Knacki und um die ein Meter neunzig. Der hatte erst ein Bleirohr in der Hand. Damit hätte er mir glatt den Schädel gespalten. Verdammtes Asopack! Und sein Freund versucht ihn noch zu bändigen. Wir haben ja bloß auf seiner scheiß Kühlerhaube gesessen und Bier getrunken. Und dann stand ich wohl plötzlich alleine da. Jedenfalls hat er dauernd mit dem Finger auf mich gedeutet und `rumgefuchtelt. Frag´ mich bloß, wo all die anderen waren. Vielleicht war er auch sauer wegen seiner Entlassung aus dem Gefängnis, oder seine Freundin war gerade weg oder so, was weiß ich. Auf alle Fälle haben wir ihn dann gehäutet und gegrillt, die dumme Drecksau. Gerrit wollte ihm noch eins verpassen und Zwille hatte schon seine Kanone gezogen. Hab´ ich gar nicht mitgekriegt. Ich lag ja am Boden und hab´ vor mich hingesabbert, so von wegen 'Lasst mich bloß in Ruhe!' und so. Und Zeug lief mir aus dem Auge. Zwille hat ihn in beide Beine geschossen, als er schon hingefallen war, ohne Erbarmen, da kennt er nix - Mannstopper Nummer Eins. Und dann alle auf ihn `drauf. Sein Freund ist da `mal schön weggerannt. Aber es waren `eh keine Bullen in der Nähe, die der Flachwixer hätte rufen können. Ja, und dann kam ich aus der Kneipe mit dem Plastikbecher voll Eis vor dem Auge. Die Wände waren nicht so bunt wie mein Gesicht, ich hab´ kaum `was gesehen. Und da liegt er, seine Beine mit beiden Armen umgreifend. Also: Ich hab´ mir seine Eisenstange, die unter`s Auto gerollt war, gekrallt und hab´ ihm erst `mal ein paar verpasst. Aber nicht auf den Kopf. Wollte nicht, dass er gleich abkratzt. Lieber `n bißchen Bodycrushing und so. Er sah wirklich nicht mehr gut aus - aber ich ja auch nicht. So. Vom vielen Zuschlagen war ich schon ganz matt. Ich hab´ mir dann den Drecksack erst `mal angeguckt. Nach so `ner Behandlung sieht wirklich niemand mehr astrein aus. Ist mir scheißegal wie er hieß. Der hat dauernd irgendso einen Frauennamen gerufen: vielleicht hieß ja die Nutte von einer Mutter so, die ihn ausgeschissen hat. Yvonne oder Yvette oder was weiß ich. Fast hätte ich auch geweint. Der Jammerlappen. Überall lief Blut `raus, das muß man schon zugeben aber. So eine Sauerei war das. Zwille war schon wieder drin und trank Bier. Interessierte ihn nicht weiter. Also hat Ferdinand ihn mit dem Messer traktiert, dass sein halbes Gesicht schon `runterhing. Ausgerechnet Ferdinand, wo der doch eigentlich so eine stille Nummer ist. Der Typ hat dauernd geschrien wie auf einem Kelly Family-Konzert mit dreizehn - als Mädchen. Ist aber doch `ne stille Gegend hier sonst. Hat auch keiner gehört, dass ich wüßte. Ich bin dann auch nochmal hin und auf seinem Gesicht `rumgesprungen. Was davon übrig war. Dann haben wir ihn mit den Oberzähnen auf den Rinnstein gelegt. Die Jungs vom Presswerk haben ihn schließlich eingeladen und irgendwo deponiert. Für mich war der Abend `eh gelaufen. Und morgen wieder die Maloche in der Firma. Mann, ich zog noch zwei, drei Bier weg und dann war Schluss.


(c) Rainer M. Scholz


Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram