Das Chthonische III: Das Titanische

Episches Theaterstück zum Thema Elemente

von  Terminator

Die olympischen Götter haben die Titanen in einen Bereich verbannt, der sich noch unter der monotheistischen Hölle befindet. Der Logos gewann gegen das Chaos im Kampf um die Natur.


Die Macht der Menschen über die Natur kommt aber von den Titanen. Prometheus überlistete selbst Göttervater Zeus. Die Menschen verdanken ihren technologischen Fortschritt dunklen Kräften. Wissenschaft und Magie entspringen derselben Quelle. Deshalb ist alles Titanische vom Verbrennungsmotor und Atomkraftwerk bis zu Ibuprofen und den Impfstoffen mit Vorsicht zu genießen.


Prometheus steht für den titanischen Logos. Das Projekt Atlantropa von Herman Sörgel folgte der titanischen Logik. Die Wolkenkratzer in Shanghai und Dubai sind titanische Logistik. Das Bodybuilding im Fitness-Studio mit halbkünstlichen Nahrungszusätzen ist titanisches Logem.


In Maßen ist das Titanische einhegbar und beherrschbar. Das Empire State Building passt harmonisch ins Stadtpanorama von New York. Aber spaßt nicht mit dieser Stadt: New York ist nichts anderes als The City in the Sea von Edgar Allan Poe. Die Stadt steht, wie die USA, Chimäre aus Neo-Byzanz und Neuvenedig (bzw. Neo-Neo-Karthago), auf titanischem Grund. Den dunklen Ahnungen Poes im Zeitalter der Romantik folgte die explizite Darstellung Lovecrafts im Zeitalter der Psychoanalyse: unsere moderne Welt ist auf etwas gebaut, das gar nicht sein soll (das Urböse).


Nach Peter Sloterdijk geschah im 20. Jahrhundert Folgendes: jeder von uns bekam das Äquivalent von mehreren Dutzend Sklaven. Wir haben die fossilen Brennstoffe nutzbar gemacht und damit so viel Energie generieren können, wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit.


Das Titanische ist ubiquitär. Der Sieg der Olympier war nicht von Dauer. Doch als Mittel, welches wir durch unsere Vernunft verantwortungsvoll beherrschen, wie das Feuer, das in den Öfen brennt und die Häuser warm hält, ohne sie zu verbrennen, hat es einen berechtigten Platz in der menschlichen Kultur. Wird aber das Titanische zum Selbstzweck, zerstören wir die Natur sowohl um uns herum als auch unsere eigene. Der Transhumanismus bedeutet, dass wir dann keine Menschen mehr sind. Wollen wir jedoch Menschen bleiben, müssen wir mit den titanischen Kräften konservativ umgehen.


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Kommentare zu diesem Text

Taina (39)
(09.08.22, 05:24)
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 Terminator meinte dazu am 09.08.22 um 23:38:
Ansonsten ist es mit der Technik wie mit allem, sie kann auch Schaden verursachen.
Zu deinem Regime kommen wir noch, du bist ganz offensichtlich lunar. Mit der Technik ist es nicht wie mit allem, sie kann nicht nur Schaden verurachen, sondern ihrer Nutzung liegt ein Schaden im Weltgefüge zugrunde. Der Endpunkt von Technik/Technologie ist mit zwingender Notwendigkeit der Weltuntergang, und den nimmt jede Generation stillschweigend in Kauf, weil er erst nach ihrer Zeit passiert. Wenn wir aber irgendwann auf einem anderen Planeten eine ausgestorbene hochentwickelte Zivilisation entdecken, werden wir feststellen, dass sie an ihrer Technologie zugrunde ging. Die vorletzte Alien-Generation wird aber nicht geglaubt haben, dass das möglich ist.
Taina (39) antwortete darauf am 10.08.22 um 07:37:
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 Regina (09.08.22, 06:56)
Die Technikgläubigkeit hat längst die Rolle übernommen, die einst vom Katholizismus eingenommen gewesen war. Ein seh erhellender Text über die unterbewussten Hintergründe, die unsere Zeit beherrschen.

Kommentar geändert am 09.08.2022 um 06:57 Uhr

 Terminator schrieb daraufhin am 09.08.22 um 23:41:
Allein die Nutzung der Technik, das technologische Paradigma im Weltbezug, spielt mit dem Weltuntergang. Aber Technologie als Religion (Yuval Harari nennt in Homo Deus die voll ausgereifte Technik-Religion Dataismus), das ist das Ende des Menschen. Wenn wir uns nur noch als Steigbügelhalter der KI sehen, haben wir uns selbst aufgegeben.

 LotharAtzert (09.08.22, 10:37)
Erinnern darf ich in diesem Zusammenhang auch wieder mal an die einzige "sanfte" Titanin und zugleich erste Frau von Zeus: Mnemosyne, - die Erinnerung, bzw. das Gedächtnis.
Gern gelesen.

 Terminator äußerte darauf am 09.08.22 um 23:44:
Die Sanften sind noch schlimmer. Das Männlich-Titanische ist zerstörbar, wie Godzilla oder King Kong. Das Chthonisch-Weibliche ist wie der Virus oder der Schleimpliz.

Die Frage ist, ob es möglich ist, den chthonisch-titanischen Urgrund von der Welt abzutrennen. Und wenn nicht: was ist die Hintertür, durch die es wieder reinkommt?

 LotharAtzert ergänzte dazu am 10.08.22 um 00:33:
Dann vergiß das "sanft" und sage mir, was an der Fähigkeit des Erinnerns falsch sein soll. Mnemosyne hat immer auf Seiten der Götter und gegen die eigene Brut gekämpft.

 Terminator meinte dazu am 10.08.22 um 01:05:
Gerade die Fähigkeiten des titanischen Prinzips sind das, wovon wir Menschen abhängig sind. Wollen wir ohne Erdöl und seine Deivate leben? Wollen wir ohne die moderne Medizin leben? Ich nehme zwar keine Medikamente außer ab und zu Ibuprofen, aber darauf würde ich nicht verzichten wollen.

Auf Fähigkeiten zu verzichten, die in letzter Konsequenz uns (als) Menschen zugrunde richten, darum geht es in meiner Warnung vor dem titanischen Prinzip. Müssen wir alles Titanische kategorisch ablehnen oder nur das richtige Maß finden?

Mnemosyne ist die Mutter der Musen, sie ist wohl für die Götter, was Prometheus für die Menschen ist.

 LotharAtzert meinte dazu am 10.08.22 um 10:27:
Mnemosyne ist die Mutter der Musen, sie ist wohl für die Götter, was Prometheus für die Menschen ist.
ok, das können wir erstmal so stehen lassen, auch wenn es wackelt.



Müssen wir alles Titanische kategorisch ablehnen oder nur das richtige Maß finden?
Das ist die Mutter aller Fragen, sowohl im Großen, als auch im Kleinen. Ich habe mich oft gefragt bezüglich des Abwägens: Lesen und Schreiben, ab einem bestimmten Zeitpunkt mit geschliffenen Brillengläsern bei zuviel künstlichem Licht, verschlechtert die Sehkraft stetig - demgegenüber steht der Gewinn an "Einsichten". Stärkere Brille, oder weniger lesen/schreiben? Augen trainieren? Das richtige Maß finden ist tatsächlich immer eine Frage, die (-subjektiv) "augenscheinlich" nur individuell entschieden werden kann. Daß hierzu ein Blick ins astrologische Geburtsbild helfen kann, ist selbstredend.
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