Die Melodie des Regens

Kurzgeschichte zum Thema Schöpfung

von  Elisabeth

Es ist Abend. Das Tageslicht reicht gerade noch aus, um eine zur Hälfte über Wasser stehende Hütte zu erkennen, eine Pfahlgründung am Ufer eines Sees. Auf der überdachten Veranda, die sich fast wie ein Steg erstreckt, sitzen eine große und eine kleine Gestalt, die Hütte ist dunkel, aber zwischen Wand und Dachkante der Veranda hängen einige leuchtende Lampions.

Der Regen tröpfelt sanft auf das Dach und den sich um die Hütte ausbreitenden See. Die Seerosenblätter wippen unter der plötzlichen Last ein wenig, in das 'plitsch, plitsch' der Tropfen mischt sich vereinzeltes Froschquaken.

"Macht der Regen die Frösche?" fragt die Kleine, während sie hinaussieht auf den See und den Takt der Regentropfen, die vom Strohdach der Hütte in den Teich fallen, mit dem Trommeln ihrer nackten Zehen auf die Holzbohlen der Veranda imitiert.

Die Oma wendet sich ab von der Betrachtung der in den Teich fallenden Tropfen, die zunehmend größer werden und dichter fallen, sieht milde lächelnd hinunter zu ihrem Enkelkind. "Früher dachte man, die Frösche entstünden aus dem Schlamm der Teiche, in denen sie sitzen. Man stellte sich vor, daß die Frösche aus dem grünbraunen Matsch herauskrochen und durch das Wasser endlich zu den Seerosenblättern schwammen, auf denen sie zu sitzen pflegen, um zu quaken."

Das Froschquaken wird lauter, die Regentropfen werden größer und hinterlassen temporäre Krater in dem dunkelgrünen Wasser des Sees. Immer mehr Frösche klettern auf die Seerosenblätter, die in Sichtweite der Veranda einen Teil der Wasseroberfläche bedecken. Die Tropfen vom Dach der Hütte in den See kommen in schnellerer Folge, das 'platsch, platsch, platsch' nimmt die Enkelin jetzt mit dem Trappeln der Zehen und dem Tippen der Zeigefinger beider Hände auf. "Und entstehen die Frösche nun aus dem Schlamm oder macht sie der Regen?" fragt die Enkelin, schaut aber nicht ihre Großmutter an, sondern weiterhin hinaus auf den See.

Die freundliche alte Dame lächelt hinunter auf das Kind. "Tatsächlich legen die Frösche Eier in das Wasser und daraus schlüpfen ihre Kinder. Und wenn diese Kinder zu erwachsenen Fröschen herangewachsen sind, klettern sie heraus aus dem Wasser auf die Seerosenblätter und quaken."

"Ich will aber, daß der Regen sie macht", insistiert das Kind, schaut noch immer hinaus auf die Seerosenblätter.

Der Regen erschüttert die Seerosenblätter nun mit froschgroßen Tropfen, die sich an die runden Blätter klammern und sich mit ihren Stimmen einreihen in die der bereits vorhandenen, abendlichen Sänger, 'Quak, quak, quak, keckkeckkecks, quak, quak', untermalt vom Trommeln des Regens.

* * *




Anmerkung von Elisabeth:

Diese Kurzgeschichte habe ich 2008 geschrieben.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (14.10.23, 14:38)
Mir persönlich ist der Stil zu blumig und verklärt. Ganz sicher sind es zu viele Adjektive.

 Rosalinde meinte dazu am 14.10.23 um 15:48:
Das ist mir auch alles ein bisschen zu rosig geschildert.

 Elisabeth antwortete darauf am 15.10.23 um 12:45:
Hallo Rosalinde,
ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Ich nehme man an, mit dem 'zu rosig' beziehst Du Dich, wie Dein Vorkommentator, auf die Menge und die Art der gewählten Adjektive.
Ich nehme das zur Kenntnis. Es war ein Versuch, mit Sprache ein ähnlich buntes Bild zu malen, wie der Künstler, dessen Bilder mich zu diesem Text inspiriert haben (Link zu seiner Online-Galerie auf Wunsch). Vielleicht ist es ein wenig mit mir durchgegangen, aber umso mehr danke ich für Deine wertvolle Rückmeldung.
Ich mag Adjektive sehr, also werde ich vermutlich fast immer alles zu 'rosig' für Dich schildern. Und zumindest seit ich Kinder habe, schreibe ich auch wenig, was eher die dunklen Seiten des Daseins betrachtet. Vielleicht sollte ich von den älteren Sachen etwas mehr hochladen, damit das 'rosige' nicht überwiegt
Ich werd mal bei Dir Stöbern gehen, um neue Perspektiven zu entdecken.

Schöne Grüße von Elisabeth

 Hobbes (14.10.23, 16:02)
Hallo Elisabeth,

schön erzählt! Macht Lust auf mehr.
Eigentlich gar nicht mein Genre, aber diesmal musste ich es lesen.

Gruß 

Peter

 Elisabeth schrieb daraufhin am 15.10.23 um 12:55:
Hallo Peter,

ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob. Ganz besonders freue ich mich, daß Du es gelesen - und gemocht - hast, obwohl es nicht Dein bevorzugtes Genre ist.

Schöne Grüße von Bettina

 IngeWrobel (14.10.23, 17:25)
Welch ein schöner ruhiger poetischer Prosatext! 
Gefällt mir ausgesprochen gut! 

Liebe Grüße 
von der Inge

 Elisabeth äußerte darauf am 15.10.23 um 13:01:
Hallo Inge,

ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob. Das hat mich sehr gefreut.
Ich muß bald einmal mein Versprechen, bei Dir 'reinzulesen' umsetzen, ganz besonders wo unser Geschmack sich an diesem hier überraschend so kontrovers aufgenommenen kleinen Text ja trifft.

Liebe Grüße von Bettina

 uwesch (14.10.23, 18:19)
Die Stimmung kommt gut rüber :) LG Uwe

 Elisabeth ergänzte dazu am 15.10.23 um 13:07:
Hallo Uwe,

ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob für die Stimmung der kleinen Geschichte.
Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Ich sehr zu, daß ich bald einmal die Zeit finde, auch bei Dir reinzulesen.

Schöne Grüße von Elisabeth
Agnete (66)
(17.10.23, 11:59)
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 Elisabeth meinte dazu am 17.10.23 um 13:33:
Hallo noch einmal, Agnete,

ganz herzlichen Dank auch für diesen Kommentar.

Ja, Kinder machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt, auch wenn sie nicht Pippi Langstrumpf heißen.

Ich freue mich sehr darüber, daß Dir diese Geschichte gefällt.

Liebe Grüße von Elisabeth / Bettina
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