kleinreime aus zettels kasten (18)
Kurzgedicht zum Thema Gedanken
von harzgebirgler
ohne brücken wär’ verkehr
miteinander oftmals schwer.
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allmählich tickt die natuHr wie verrückt
bis sie uns einst schlag zwölf zum teufel schickt.
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wer sich was vorsetzt setzt ihm oft kaum nach -
schon daraus entspringt manches ungemach.
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das zölibat entlarvt sich als konstrukt
wenn klosterbrüdern ihre lende juckt.
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ist ein mensch erst mal fremdbestimmt
ihm das meist viel an freiraum nimmt.
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macht herr sommer sich vom acker
steht am start der herbste macker
alsbald gefolgt von einer zeit
auf die sich bloß frau holle freut.
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so standpunkte sind längst wohlfeil
und bergen kaum des menschen heil -
doch mancher punktet wenn ER steht
obwohl das bald vorübergeht!
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'rezepte' schreiben ließ der mensch nie bleiben
sonst könnt’ er sich viel mahl kaum einverleiben.
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zwei buchstaben entscheiden viel
steht erst das leben auf dem spiel -
kommt der notar geht’s meistens schief
statt des notarztes den man rief.
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manches 'elfchen' sorgt ganz sicher
bei den elfen für gekicher
weil - ist auch die zahl korrekt -
doch oft humbug in ihm steckt.
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differenzen enthüllen nicht selten so viel
dass es wem dann wie schuppen von den augen fiel .
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die gute alte dampflokzeit
wo's feuerross auch funken speit
von kohle schön genährt
war gar nicht so verkehrt -
heute geht's nur noch um "kohle"
dass uns bald der teufel hole.
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frost macht sich längst breit in der welt
weil allenthalben "kohle" zählt -
die heizt zwar kalten herzen ein
doch führt zu wärme nur zum schein.
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manche dinge die geschehen
können echt ins auge gehen.
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wenn erst galgenvögel singen
wird's wie nachtigall'n kaum klingen.
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das leben lässt sich selten kommandieren
obwohl wir gerne meinen dass wir's führen.
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forscher fanden stets schon schwierig
eines nicht zu sein : neugierig!
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sie reichen sich einander ohne ende
im vierteljahresrhythmus schön die hände
um ganz natürlich vorüberzugleiten,
die durchaus eigensinn'gen jahreszeiten...
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wo die leistung richtig drückt
wird wer leicht auch mal verrückt
und hat dann schon seine not
wieder voll zu komm' ins lot.
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plastik kommt selbst im speisefisch
inzwischen auf den mittagstisch
was man nur weder sieht noch schmeckt
weil's ganz verborgen in ihm steckt
doch so verleibt sich - winzig klein -
der mensch den müll im meere ein
der erst durch ihn hineingeriet -
insofern: guten appetit!
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was sich oft abspielt zwischen zwei'n
kann zweifellos z/verstörend sein.
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wär' über uns der himmel nicht
wir würden kaum je sein
und schrieben nie auch ein gedicht
voll mond- und sonnenschein.
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liebe wäre ohne leib
ein recht astralner zeitvertreib!
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das, was sich in der langeweile zeigt,
ist zeit, die zu vertreiben meist geneigt
seit langem ja fast alle weltweit sind -
dabei vergeht sie letztlich so geschwind...
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sein licht untern scheffel sollt' niemals wer stellen
es sei denn er lässt sich von pinschern verbellen.
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worauf es ankommt sagte einst ein dichter
und gegen den sind alle kleine lichter
weil sie sein werk total in schatten stellt
doch welt auch künftig weitreichend erhellt:
"der Vater aber liebt,
Der über allen waltet,
Am meisten, daß gepfleget werde
Der feste Buchstab, und Bestehendes gut
Gedeutet. Dem folgt deutscher Gesang."
(Hölderlin, Patmos)
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das leben geht im tod auf und wird rund
schlägt ihm einstmals die allerletzte stund.
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menschenwerk sind bloß kalender,
ein gerüst und ein geländer -
dran hangelt mensch sich durch die zeit
in der nicht alles gut gedeiht.
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das menschenfresserische unsrer art
kommt nach dem klimawandel erst in fahrt
wenn dürre herrschet hier und flut dann dort -
die erde wird ein kreuzblutiger ort.
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durch selbstversorgung aus dem eig'nen garten
hat man in harten zeiten bess're karten
und auch in zeiten wo sehr viel chemie
im schwange ist - kaum was geht ohne die.
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der tod ist lebensimmanent
weshalb man keins ohne ihn kennt.
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mit freunden kann man pferde stehlen
die allerdings dann meist wem fehlen.
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vom kopf beginnt der fisch immer zu stinken
wobei den stinkern abfindungen winken
da kann am schwanz das fußvolk nur von träumen
und pennt dann auf der parkbank unter bäumen...
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wer zu viel auf andre hört
schreibt bald kaum mehr ungestört
oder besser unbeschwert
was alsbald erfahrung lehrt.
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vom schwafeln gilt es sprechen stets zu scheiden
denn sprache selbst kann schwafelei kaum leiden
weil sie darinnen die entwertung spürt
und dann mit sinnentzug drauf reagiert.