Football ist halt auch nur (irgend)ein Game (Teil 3).

Text

von  theatralisch

Ein Beitrag von 2016 auf welt.de mit dem Titel „Selbstmörder handeln irrational“ wird eingeleitet wie folgt: „Die Golden Gate Bridge, 227 Meter hoch, unten das Wasser. Kevin Hines springt – und bereut es im nächsten Moment. Er überlebt. Heute bringt seine Geschichte Selbstmordkandidaten auf andere Gedanken“ (Remke 2016). Zum damaligen Zeitpunkt hätten bereits seit der Eröffnung 1937 1700 Menschen versucht, sich auf der Golden Gate Bridge – gelegen über der Bucht von San Francisco – das Leben zu nehmen. Das wäre also im Durchnschnitt eine Person in zwei Wochen. Nur die Nanjing Yangtse Brücke in China schafft es noch auf Platz 1 auf die Liste mit den meisten Suizidversuchen. Laut Statistik überlebten den Sprung in den Tod „nicht mehr als 68“ (ebd.) oder vier Prozent. Bei anderen Brücken würden 15 Prozent überleben.

Weiter im Text wird anhand des Erwähnten Suizidanten Kevin Hines, der beim Sprung 19 Jahre alt war, herausgestellt, dass sich ein Bereuen während der Suizidhandlung einstellen würde: Er bezeichnete dies als „den größten Fehler seines Lebens“ (ebd.). Der Fall – entsprechend wie vom Dach eines 25 Stockwerke hohen Gebäudes - würde Berechnungen zufolge vier Sekunden dauern.

Nachdem Hines wieder aufgewacht war, wollte er um seine zweite Chance kämpfen. Er sei von seiner bipolaren Störung und Halluzinationen in den Suizid getrieben worden. Suizidanten würden irrational handeln, mit Logik ginge dies nicht einher. Die einfache Frage nach dem Befinden würde also oft schon genügen, um eine Person vom Suizid abzuhalten.

Da mein Text keinen wissenschaftlichen Ansprüchen vollends genügen soll und muss, stelle ich lediglich meine Hypothesen in den Raum: Bereits die zweite von mehreren Suizidphasen beschreibt die Ambivalenz zwischen Leben und Tod, also das Abwägen. Den neuen Erkenntnissen zufolge würde nun auch als letzte Phase abermals die Ambivalenz Sinn machen oder gar drastischer: Niemand wollte eigentlich sterben. Und deshalb dürfte der Suizid auch nicht als FREI-tod bezeichnet werden. So wurde er von mir aber nach „Jean Améry“ bezeichnet, der das Buch „Hand an sich legen“ verfasst hat (siehe Football ist halt auch nur (irgend)ein Game 1). Ich würde hier dagegen halten, dass der Mensch permanent bereut, wenn auch latent, da zur Reflexion befähigt.

Also halte ich diese Schlussfolgerung und Ergänzung in den Suizidphasen für einen Trugschluss. Außerdem gehe ich ohnehin vom Standpunkt aus und bin geradezu davon überzeugt, dass alle Aussagen falsifizierbar sind. Denn was bitte sehr am Menschen sollte auch NICHT angreifbar sein? Das wäre ja unmenschlich. Also quasi bin ich da ganz bei Karl Popper, den ich schon zu Beginn meines geisteswissenschaftlichen Studiums hoch achtete. Popper sagt, dass eine Theorie bereits im Vorhinein falsifizierbar sein müsse. Demzufolge wäre Wissenschaft aber auch gar nicht erst möglich. Ja, ich sehe das aber so. Klar, ist das Prinzip nicht auf alle Theorien übertragbar, aber zumindest auf so einige - hier am Beispiel des Golden-Gate-Bridge-Suizidanten.

Die letzten Tage las ich so einiges. Mitunter kam mir auch Mark Fisher - k-Punk-Autor, Kulturwissenschaftler / Pop-Theoretiker – wieder in den Sinn. Dieser verlor sein Leben 2017 an die Depression. Ich verfolgte einst viel von ihm. Etwa prägte er den auch aus meiner Sicht sehr treffenden Begriff "hedonistische Depression" - ein Phänomen, das seiner Auffassung nach zu kultureller Starre, die mit Instant-Befriedigung und vernetzter Einsamkeit "trotz" Social Media einhergeht, führte. Ein Phänomen, mit dem sich also jeder Kulturschaffende möglichst auseinandersetzen sollte. Mark Fisher fand ich persönlich übrigens deshalb so großartig, weil er Depressionen lange nicht nur als privates, sondern auch als politisches Problem verstanden hat; und dabei den Kapitalismus als ein krankmachendes System. Naja, so ist es schließlich auch.

Ich denke und kann also nur denken, dass bei jedweder Entscheidung einiges ineinandergreift und je länger diese hedonistische Depression Einzug hält: Umso schlimmer. Eine richtige Erkenntnis darüber würde also nur in einer abgrundtiefen Diskussion über sämtliche pathophysiologische Phänomene enden: Anthropologie / Was ist der Mensch?, ADHS / hedonistische Depression…- um nur zwei zu nennen. Darüber hinaus unterliegen Studien über derart sensible und schambehaftete Themen ohnehin einer allzu großen Dunkelziffer und Verfälschung – etwa auch bei sexualisierter Gewalt.

Insofern ließe sich konkludieren, dass das Leben quasi wie ein Unfall als Verkettung unglücklicher Umstände beschrieben werden kann. Wichtig wäre mir persönlich hier nur, erst einmal das eben Gesagte zu konstatieren; und an zweiter Stelle noch zu pointieren, dass Leben – etwa nach Antoine de Saint-Exupéry - weder widerspruchsvoll noch zusammenhängend sei, sondern eben einfach: Leben ist. Sprache erst würde es ordnen oder verwirren usw. Oder in dem besagten Fall „Golden-Gate-Brige-Suizidant“: Aussagen zur Vulnerabilität eines Menschen im Kontext seiner Lebensgeschichte.

Bereits in einem deutschen lutherischen Kirchenlied aus 1652 von Michael Franck heißt es nämlich:
„Ach wie flüchtig,
Ach wie nichtig
Ist der Menschen Leben!
Wie ein NEBEL bald entstehet
Und auch wieder bald vergehet,
So ist unser LEBEN, sehet!“

Die Ambivalenz, also den inneren Konflikt, tatsächlich anthropolgisch zu begründen, würde hier allerdings und wie gesagt zu weit führen. Es ist in jedem Fall ein Zusammenspiel aus Denken, Wollen und Fühlen (etwa die Anthropologie Helmuth Plessners), das hier im Zentrum der Entscheidungsmatrix steht. Inwiefern Nutzen und Wert hier zu bewerten sind und also tatsächlich eine Art Bilanzsuizid oder freiwilliger Tod (Jean Améry) in Betracht kommt, kann, so möchte ich an dieser Stelle abschließend behaupten, im Sinne des „Homo ambivalens“ nie vollends feststehen.



Anmerkung von theatralisch:

Dies ist Teil 3 einer Textreihe. Leider kann die Textsorte rückwirkend nicht mehr geändert werden. Mein Entschluss, dieses Thema als Serie fortzuführen, entstand erst nach Teil 1 / bei Teil 2.

Teil 1:  https://keinverlag.de/465102.text
Teil 2:  https://keinverlag.de/467748.text

Auch nicht durch den Heiland / Jesus.

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Kommentare zu diesem Text


 Augustus (06.11.23, 23:42)
Interessanter Beitrag. Davon abgesehen, könnte der Freitod in der Befreiung von der Irrationalität stehen. Selbst Reichtum schützt nicht vor dem Suizid, also muss tiefer geguckt werden, wo die Ursachen versteckt sind, die den Willen (ver)führen. 
Insofern der Suizid den Willen verführt, so funktioniert er ähnlich wie die Lust nach Schokolade. Die komplette Existenz eines Menschen, sein ganzes Dasein wird in dem Moment Lust und Lust ist es auch, die den Suizid begründet. 
Suizid ist also der Sprung durch die Lust über die Lebensunlust.

Ich hab über den Suizid mir gleicjfalls Gedanken gemacht, wie manche geschätzten Autoren auf keinV auch (Terminator, Graeculus), allein ich versuchte mich von einer anderen Seite als gewöhnlich mich dem Thema zu widmen. 

Vllt magst Du ja mal lesen. 

 Suizid und Emthaltsamkeit

Salve

 theatralisch meinte dazu am 07.11.23 um 09:03:
Dere und Moin Augustus,

schön, wieder einmal von dir zu hören. Bereits vor ca. einem Jahr habe ich Teil 1 des nun hier 3. Teiles "Football ist halt auch nur (irgend)ein Game" veröffentlicht. KV war ja immer mein Zuhause, schon seit November 2005 - das sind nun also bald erstaunliche 18 Jahre. Meine engsten Vertrauten habe ich hier kennengelernt und ich gebe die Hoffnung nie auf, dass dies noch einmal passieren könnte. Jeder Tag ist eine neue Chance. Insofern bin ich persönlich ein sehr hoffnungsvoller und darüber hinaus energetischer und in dem Zusammenhang auch tatkräftiger Mensch. In meinem Leben musste ich sehr viel kämpfen, um de facto zu überleben - grundsätzlich mache ich aus meinem Herzen keine Mördergrube. Was mich allerdings stört (nicht dich betreffend, aber beobachtete dies die letzten Jahre hier): Wenn Texte nicht zugleich als autobiografisch und fiktiv betrachtet werden respektive erst mal als fiktiv / neutral natürlich. Selten passierte es in den letzten Jahren noch, dass Menschen mich gar im real life nicht darauf ansprachen oder gar monierten, was ich denn da so verzapfe. Anyhow. Es ist: Leben. 

Zum Text: Der Titel des Textes ist ja, falls du dich an Teil 1 erinnerst, eine Anspielung auf Hunter S. Thompsons letzte Worte: Er war großer Anhänger des American Footballs und nach jeder Saison, also im Februar, äußerst deprimiert über das Saisonende. Schließlich hat sich auch Hunter S. suizidiert, wie wir wissen. 

Auch schon früher schrieb ich einige Texte zum Suizid, um nicht zu sagen: Ich tat dies allzu oft bis meistens. Etwa 2011:  https://keinverlag.de/317445.text
Mein Antrieb und wichtigstes Buch ist das mehrfach erwähnte "Hand an sich legen" von Jean Améry. Ich finde es immer schön, wenn Menschen Motivation verspüren, etwas zu tun - vorausgesetzt, es verletzt andere Menschen nicht. Texte gehen immer, will ich quasi damit sagen. Wahrscheinlich würde ich gerne einen großen Text über die Korrelation von Suizidmotivation / Todeswunsch und der Legitimation, ein Autor zu sein (hier verfasste ich einige Texte - sollte ich hier mal veröffentlichen - am Beispiel von Bret Easton Ellis und Marilyn Manson, die häufig wegen ihrer als radikal oder pervers betrachteten Art bei den Menschen gleichsam Ambivalenz erzeugten wie das Suizidthema) schreiben. 

Letztlich sollte über alles gesprochen werden dürfen, ohne dass der Mensch angeprangert wird. Es gibt nach wie vor allzu viele schambehaftete Themen. Eng gekoppelt an den Suizid ist ja die Depression - deshalb fand ich es besonders wichtig, zu erwähnen, das etwa nach Mark Fisher die Depression unbedingt auch politisch betrachtet und ernst genommen werden müsse. Es ist ja nicht nur so, dass Menschen oft lieber in den Tod gehen, als sich Hilfe zu suchen. Gründe hierfür ist die Kenntnis über die lange Prozedur und Fragen wie: Wann bekomme ich Hilfe? Von wem bekomme ich Hilfe? Was sind die Konsequenzen? -> Hier spielt der Arbeitgeber eine große Rolle. Etwa wurde mir selbst gesagt, dass ich bei meinen Chefs gar nicht anzutanzen bräuchte mit diversen Themen, denn die würden das ohnehin nicht akzeptieren (Scheißegal wäre der Mensch, hieße das.). Helfen Medikamente? War bei mir ein großes Thema: Medikamente halfen mir tatsächlich nie. Das hing sicher auch damit zusammen, dass meine Probleme ja alle sehr konkret waren und ich noch immer unter dem, was in meiner Kindheit und Jugend passiert ist, gewissermaßen leide. Das wird aus bestimmten Gründen immer ein unabgeschlossenes Thema bleiben. Ich habe mich lange genug damit befasst, um sagen zu können, dass ich nur auf eine Art damit umgehen kann (bis zu meinem Tod, der wie und wann auch immer - das weiß de facto keiner - eintreten wird): Es und vor allem mich akzeptieren. Hieraus ergibt sich ein neues Problem, das ich aktuell und quasi schon immer zu lösen versuche: Wie lebe ich den Rest meines Lebens, um mir gerecht zu werden? Das kann ich noch nicht beantworten. Es könnte jedoch bedeuten, noch einmal einen kompletten Neustart zu wagen. 

Deinen Text lese ich gerne. Ich habe schon kurz reingelesen: "Mathematik" ist spannend und essentiell. Diese lasse ich auch zuweilen in Texte einfließen. 

Vielleicht mal wieder Party in Mitte?

So long
Isi


Antwort geändert am 07.11.2023 um 13:46 Uhr

 Augustus antwortete darauf am 08.11.23 um 12:58:
Das von Dir empfohlene Buch von Mark Fisher sollte heute ankommen. Ehe ich auf Deinen umfangreichen Kommentar und zum Thema noch was dazu beisteuern kann, lese ich vorab das Buch. Sind ja gerade mal 100 Seiten ca. Sollte also flott gehen, sollte ich den Inhalt direkt verinnerlicht haben.

 theatralisch schrieb daraufhin am 18.11.23 um 00:27:
Wow, das finde ich ja toll, dass du dir das Buch bestellt hast. Ja, berichte gerne!

 Augustus äußerte darauf am 18.11.23 um 20:32:
Salve.

Die Kritik im Buch richtet sich gegen das Kapital. Der Kapitalismus, der für die Seele und Geist schädlich ist und die Psyche als eine Art Energie benötigt, saugt den Menschen ihre Energiespeicher auf. Das Kapital vermehrt sich auf Kosten der Psyche überwiegend sinnlos bzw. sinnentleert weiter. Diese Sinnentleerung hinterlässt eine müde und depressive Gesellschaft zurück. Den Eintritt in das Rentenalter empfinden Alte als ausgesaugte Körperhülle. Der Kapitalismus zerstört die geistige Grundlage indem er dem Geist die eigene Energie entzieht und diese führt er einem kapitalistischen Zweck wieder ein. Alle Energien der Menschen füttern ein unsichtbares System, das Kapital gennant wird und stets sich zu vermehren wünscht. Es löst Krisen auf der Welt aus, finanzieller als auch wirtschaftlicher Art, und stützt die Menschen in Verzweiflung und Depressionen. Die von Kapitalisten gepredigte Alternativlosigkeit wird entlarvt, als eine Durchhalteparole von Reichen, die auf die Armen und Unterdrückten, ja auf allen arbeitenden hinunterblicken. Es wird die Rückkehr des sozialen Kommunismus herbeibeschwört, linke Ansichten gepflegt und als Ausweg aus dem psychologischen Druck, der auf den Menschen lastet, aufgezeigt.

Man müsse den Supermarkt, der die Welt geworden ist, verlassen. 

Es wird von einer Gesellschaft geträumt, in der politische Maßnahmen auf Wunden der Gesellschaft zeigen, statt diese unter dem Teppich zu kehren oder sie im Hintergrund behandeln zu lassen, um vom Neuem dem gleichen Fehler zu folgen. 

Menschliches Potenzial wird durch das Kapital zerstört. Es generiert nur eine bestimmte Sorte Mensch, der die Mühle bewegen soll. Der pure Egoist, der ohne Rücksicht  das Kapital wie Wasser auf Mühlen trägt, und dieses System ihn mit noch mehr Kapital belohnt, damit er die Wertsachen wieder vom Kapital einkauft. 

Es entsteht ein Bild von Vampiren, die an der Ader des Kains saugen, die ihm wiederum Opfer bringen, damit Kain frisches Blut erhält. 

Der Kapitalismus zeugt so ewiglich seine Kinder, und die Kinder füttern ewiglich ihre Mutter, im Tausch von Kapital gegen Menschenseelen. Alternativlos scheint diese Ideologie. 

Das kritische Büchlein wurde kurz nach der Finanz- und Wirtschaftskrise vollendet. Es nimmt zur Hilfe viele Filme in Anspruch, um sich der Thematik von allen möglichen Seiten zuzuwenden. 

Der Autor selbst beging später Suizid und sah schon voraus dass der Kapitalismus überleben würde. 

Ist er ein Opfer des Systems selbst geworden gegen das er anschrieb? 

Klare Visionen von einer zukünftigen heilen Welt wurden mE ansatzweise aufgezeigt. Vielmehr erkannte er eine schwache Linke, einen Kommunismus, der am Boden liegt, und am Boden vom Kapitalimus gehalten wird. 

Der Kommunismus ist aber nicht tot, sondern es fehlen ihm die richtigen Kämpfer, Wortführer. 

Wie auch immer der Kampf um eine bessere Welt, eine besser Zukunft aussehen möge, dieser findet ohne Mark Fisher statt, der seinen Beitrag geleistet hat, und selbst noch im Tode mit seinem Werk gegen die Strömung des Kapitals wirkt, die uns - ob wir wollen oder nicht - jeden Tag auf Tag mit- und fortreißt.

 theatralisch ergänzte dazu am 11.12.23 um 19:31:
Moin Moin,
darauf wollte ich schon länger geantwortet haben. Chaepeau noch einmal, dass du das Buch gelesen hast. 
Eigentlich lässt sich das alles, wie ich ohnehin permanent zu sagen pflege, unter einem einzigen Satz subsumieren: Die Welt ist ad absurdum geführt.
Ja, Filme werden deshalb als Beispiel angeführt, weil Fisher ja Kulturwissenschaftler war und das in diesem Kontext beleuchtete. 
Inwiefern hat dich das Buch emotional berührt?
Ich finde eben immer wieder bezeichnend, wie aktuell derartige Bücher (OK, das zumindest ist ein relativ junges Beispiel) - etwa auch  1984 - sind. Das ist zweifelsohne die Bestätigung schlechthin. Aber ja - wer käme nicht zu diesem Schluss? Klar wie Kloßbrühe - und doch fass' ich mir zuweilen ans Herz, als wär's ein echter Infarkt und nicht nur einer des Seelenschmerzes.

Was ist zu tun? Ich tu's.

 Augustus meinte dazu am 12.12.23 um 13:35:
Kapitalistischer Realismus ohne Alternative hat mich nachdenklich gemacht, insbesondere weil der Autor ein Jahrzehnt später Suizid begangen hat. Gerade diese Sensibilität eines „Gefährdeten“ veranschaulicht uns die Gefahren des kapitalistischen Systems, das uns Menschen braucht und ausnutzt. Der Gedanke, dass nicht nur Menschen Menschen ausnutzen, sondern ganze Systeme, von Menschen ausgedacht, ohne Kenntnis  und Wissen und den daraus abgeleiteten Konsequenzen für den Menschen, ist beinah an Fahrlässigkeit nicht zu überbieten. 
Tatsächlich ignoriert die alleinige und ausschliesliche ökonomische Ausrichtung am Menschen den Menschen als Ganzes. Er wird dadurch degradiert als Funktion, aufgehoben als Mensch und verwandelt zu einer Schraube in einem System, das die ganze Welt am laufen hält. 

Mark Fisher, der den Menschen vom schraubendasein befreien wollte, befreite sich am Ende selbst aus der Maschinerie, die ständig geölt werden muss. 

Die Dimension des realistischen Kapitalimus ist eigentlich gar nicht soweit fassbar, Mark Fisher zeigt überhaupt die akuten Problematiken an, die zu chronischen Probelmatiken eines Systems werden. 

Hier sei erwähnt, dass eben nur immer ein bestehendes System nachrepariert wird, (durch die Pharmaindustrie), während keine wirklichen Ideen eines „neuen“ Menschen gesünderen System existieren. Mark Fisher sieht den Weg zurück zu einem modifizierten Kommunismus, er beschreibt aber nicht genau, wie die Modifikation auszusehen hat, dies gibt er als Anstoß an links gerichtete Politik weiter, und kritisiert gleichzeitig, dass die links gerichteten Parteien zu wenig diesen Aspekt des krankmachenden Systems kritisieren. 

Mich erinnert der Mensch in der Philosophie Fishers ein wenig phantastisch gedacht an kafkas „die Verwandlung“, wonach der Protagonist zu einem Käfer sich verwandelt, und seine menschlichen Eigenschaften gegen groteske Insektenartige Eigenschaften austauscht; wonach genau in diesem übertragenen Sinne auch ein kapitalistisches System die menschlichen Eigenschaften gegen „ihm unnatürliche/fremde“ Eigenschaften austauscht. 
Dieser Konflikt zwischen der aufgebürdeten Unnatürlichkeit des Systems und der Natürlichkeit des Menschen zerreibt den Menschen und vernichtet ihn. 

Nun, was soll man denn sagen, als Fazit; unter der objektiven und intellektuellen Ausführungen im Buch verbirgt sich eine Trostlosigkeit, eine Wehmut nach einer besseren Welt, die vllt. jenes Reich im christlichen Sinne meint, das nicht von dieser Welt ist.

 theatralisch meinte dazu am 13.12.23 um 13:21:
Erster wichtiger und richtiger Schritt ist schon einmal darüber zu sprechen, was wir hier tun. Ich justiere mich gerade völlig neu, weil ich genau diesem System so gut wie möglich entfliehen möchte. Entflohen bin ich deswegen - nach der geplanten Neujustierung - zwar nicht direkt, aber ich gehe davon aus, dass dann mein Leben mit weniger depressiven Gedanken einhergeht. Ergo: Irgendwann gilt es, eigene und neue Entscheidungen zu treffen. 
Da ich Christin bin (siehe Teil 4 dieser Textreihe, den ich gestern veröffentlich habe - hier spreche ich über die christliche Anschauung zum Suizid), betrachte ich mein Leben als Geschenk. Es ist jeden Tag ein Kampf, obgleich ich meine Ressourcen kenne: Ich weiß, dass Sport mir hilft und dass ich jeden Abend Sport mache. Trotzdem wache ich jeden Morgen mit depressiver Grundstimmung auf und kann mir immer aufs Neue nicht vorstellen, dass Sport tatsächlich hilft. Also so richtiges Auspowern - Krafttraining und Ausdauer. 

Und ich bin sogar davon überzeugt, dass wahrscheinlich Sport - also die Zusammenfuhr von Körper und Geist - letztlich das einzige für jeden Mensch sein kann, das hilft. Was ein Problem aufwirft: Nicht jeder Mensch vermag dies - sich regelmäßig auspowern. 

Davon abgesehen - wie gesagt - betrachte ich mein Leben als Geschenk und weiß: Gott ist da, steht mir in jeder noch so schweren Lebenslage bei. Also werde ich mich, rein statistisch gesprochen, wahrscheinlich nie suizidieren. 
Genau aus diesem Grund aber interessiert mich das Thema so und alles, was damit in Zusammenhang steht: Im Fall Fisher besonders interessant - Kapitalismus und hedonistische Depression. Er meint ja die Starre, die mit dem Zwang einhergeht, stets in Bewegung zu sein - insbesondere in Bezug auf Social Media. Genau hier ist das Hauptproblem zu finden, das etwa im Christentum / bei einem Leben mit Gott ausgeschaltet ist. Oder auch im Buddhismus, daher hat auch schon immer der Shaolin Spirit mein Interesse geweckt: Hier musst oder sollst du gar nichts weiter mit dir und insbesondere deinem Leid anfangen, als es auszuhalten. Es geht nicht darum, es zu kompensieren. Und Ziel hierbei ist eben auch ganz entscheidend - daher Sport als Priorität - Körper und Geist (meditativ) in Einklang zu bringen.

Ich mein, es brauche sich einer - egal wer - das Leben doch nur mal anzuschauen: Worum geht's? Jeder Mensch ist gleich an Würde, Rechten etc. pp. Und im Christentum ohnehin. Jeder Mensch ist gleich, also kann es selbstredend um nichts Großes wie Selbstoptimierung in jedweder Hinsicht gehen. Wenn ich Menschen sehe, unterscheiden diese sich in meinem Sinne lediglich darin, wie sie "Nächstenliebe" leben. Das ist mir wichtig, als Christin. Mich interessiert nicht, welche Leistung sie erbringen.

Das sagt uns doch, dass wir alle möglichst hierbleiben sollte, also auf der Erde, am Leben. Und vor allem auch auf dem Boden der Tatsachen. Wenn wir alle Nächstenliebe lebten, würden wir feststellen, dass nichts schlimm ist, dass Leben eben ist und wir. Wir müssen nichts dazutun oder zwangsläufig auf Eltern hören oder auf wen auch sonst. 

Klar, wir können uns erst einmal nicht aus den Fesseln des Kapitalismus befreien, aber wir können jeden Tag neue Entscheidungen treffen und abwägen, wen wir weiter in unserem Leben lassen oder ob wir unsere Arbeitsstelle wechseln (beides treibe etwa ich derzeit konsequent voran; ich fühle mich nur deshalb halbwegs frei, weil ich jeden Tag stark kämpfe - für meine Rechte, die ich eigentlich ohnehin hätte, für meinen Körper und Geist). Aber auch ich bin nicht gefeit vor allem. Das sage ich heute und davon bin ich überzeugt. Und ich hoffe, dass es möglichst lange so bleiben wird.

Aus diesen Gründen wollte ich eigentlich in der Forschung bleiben (da wusste ich noch nicht, dass es dabei nicht um Menschen, sondern nur um Kapitalismus geht): Weil ich Antworten auf viele Fragen dieser Art finden wollte. Aber es hält mich nicht davon ab, diese Fragen trotzdem zu beantworten und ggf. einmal wieder daran anzuknüpfen - am Science-Spirit. Man wird sehen. Ich werde sehen. 

P.S. Am allerschlimmsten (gestern befasste ich mich damit auch noch einmal bewusst) ist, dass unabhängig vom Begriff Freitod usw., der Mensch sich nie frei für Suizid entscheidet. Es ist nie so, dass jemand sein Leben ganz freiwillig beendet. Auch wenn es bilanzierend geschieht: Er entscheidet sich zwar auf den ersten Blick frei, aber deshalb, weil die Umstände inadäquat sind - Krankheit, Alter etc. Und ja, der Kapitalismus und seine Oberflächlichkeit bzw. die oberflächlichen Menschen ist / sind es, die verhindern, dass der Blick und das System dafür geöffnet werden, dass so etwas nicht mehr passiert, dass niemand mehr die augenscheinlich freie Entscheidung treffen MUSS, sein Leben durch Suizid zu beenden. Ich finde, dafür muss und kann jeder Einzelne etwas tun. Und wenn es "nur" ist - wie wir hier - darüber zu sprechen und diese Informationen weiterzugeben, dafür zu sensibilisieren.

Antwort geändert am 13.12.2023 um 13:26 Uhr

 Augustus meinte dazu am 13.12.23 um 16:17:
Ein paar Fakten bzgl. suizidrate in Deutschland. Ca. bissl mehr als 10.000 Personen suizidierten sich im Jahr 2021. 2022 etwa genauso viel. Weitaus mehr Männer begehen selbstmord als Frauen. Zw. 35-und 39 Jahren begehen etwa 90 Frauen Suizid. Bei ca 40 mio Frauen in BRD ist das eine Wahrscheinlichkeit von 0,00023 %. 
Also als Frau in dem Alter kann man ganz entspannt bleiben. 
Interessant fand ich dass die Suizidrate im Alter zw 55-59 bei Männern extrem ansteigt, und wieder zw. 80 und 85 steigt die Kurve. Anscheind ist man in diesem Alter besonders gefährdet, sowohl als Frau als auch Mann. 

1982-1984 haben sich dagegen fast doppelt so viele Menschen suizidiert als heute, also ca 18.000-19.000. dabei wäre die Frage zu stellen, wieso die Menschen damals vor 40 Jahren, wo der Turbo-Kapitalismus noch nicht so stark ausgeprägt war wie heute, mehr selbstmorde begangen haben. 
Das müsste man näher unter die Lupe nehmen, oder kannst Du hierzu was sagen? 

Nichtsdestotrotz liegt Deutschland im EU-Vergleich relativ hinten mit den suizidenten. Litauen, Estland, Lettland, liegen ganz vorne im Ländervergleich. Bedenkt man dass diese Länder ein Erbe sowjetisches System mittragen, und selbst in Russland sehr hohe Suizidraten bestehen, so ist es fraglich ob das kommunistische System besser als das liberal kapitalistische System für die Gesundheit des  Menschen allgemein ist. 

Vom Regen in die Traufe könnte hier sprichwörtlich der Systemwechsel bedeuten. 

Liegt die Lösung, die Hilfe der potenziellen suizidenten in der Religion? Das christliche Dogma beruht darauf, dass es dem Christen verspricht, wenn er ein guter Christ ist, dass es in den Himmel gelangt. Darüber hinaus warnt das Christentum den suizidenten vor der Hölle. In diesem Sinne knüpft psychologisch das Christentum am Gefühl der Belohnung und am Gefühl der Angst. Die Angst ist ein ultimatives Gefühl, das einen vor etwas oder einer Handlung besonders warnt bzw. Abstand nehmen lässt, während das Gefühl der Belohnung ins Himmelreich als guter Christ zu gelangen, das Leben allgemein zu bejahen. Demnach ist das Christentum eine lebensbejahende Religion. 

Dieser Gedanke widerspricht aber der Feststellung, dass 1982 weitaus mehr suizidenten es gegeben hat als 2022, da der Einfluss von Religionen im Jahr 2022 deutlich zurückgegangen ist. 

Welche immateriellen/materiellen Dinge sind es also, die die Atheisten, konfessionslosen Menschen lebensbejahend leben lassen ohne Religionen? Der Wohlstand, die Bildung? Auch dies müsste man näher untersuchen. Aber wiederum zu welchem Preis? Wenn die Senkung der Suizidrate in Deutschland mit der finanziellen Freiheit des Einzelnen auf Kosten der Umwelt/Klima einhergeht, so opfert der -gottlose- Mensch die Umwelt für seine finanzielle Freiheit und seine lebensbejahende Einstellung. 

Sport, körperliche Ertüchtigung ist sicherlich stets für das Wohlbefinden gut. Dabei werden Dopamine, Endorphine und Serotonine im Gehrin freigesetzt, die für eine bessere gemütsstimmung sorgen. Schokolade sei dazu noch erwähnt als glücklichmacher oder der Klassiker; Kakao. 

Aber auch hier sei das Sprichwort als zusammengefasste Formel richtig,“in einem gesunden Körper steckt auch ein gesunder Geist“. Wer sich vermag aufzuraffen und bei Wetter und Unwetter körperlich zu ertüchtigen, senkt sicherlich die Wahrscheinlichkeit sich zu suizidieren. Wer zudem ein Christ ist und eine lebensbejahende - wie oben festgestellt - Einstellung zum Leben hat, sogeht die Wahrscheinlichkeit absolsut gegen 0, dass die Person sich das Leben nimmt. 

Allein nur dann, wenn die Depression all diese „Kontrollen“ und „Schaltzentralen“ ausschaltet, also demjenigen, das Sport und Religion als völlig sinnlos erscheinen, so sollte spätestens dann demjenigen dies zu denken geben, dass die Depression einen wirkmächtigen Einfluss auf allen Ebenen der Psyche „errungen“ hat, da zuvor an diesen Stellen ja noch „lebensbejahende“ Elemente vorhanden waren. 
Wie die Depression diese Elemente unterwandert und mit welchen Mitteln sie das tun; wahrscheinlich in dem sie die Ausschüttung der Hormone blockiert und die Reflexion des Geistes für sich vereinnahmt, wonach die Depression nun die Zügel in den Händen hält und den Weg bestimmt, wohin gegangen wird. Hier wäre an den Willen anzuknüpfen, wenn die Depressionen die Zügel hält, was geschieht mit dem Willen? Da kein Mensch sich nach Deiner Ansicht gegen seinen Willen umbringen will, so ist es doch, dass er willentlich es aber doch tut. 
Erpresst die Depression den Willen zum Suizid etwa? Hält sie ihm eine Knarre vor die Brust? Oder ist der Wille selbst die Depression, und wenn ja, dann hat die Depression eine Art janusköpfigkeit,

 theatralisch meinte dazu am 15.12.23 um 13:39:
Moin Moin,
 
hast du eigentlich schon den vierten Teil dieser / meiner Textreihe gelesen?
 
Ich habe mir nun Fishers Buch auch noch einmal bestellt. Einst hatte ich es, doch zu allen Umzügen habe ich insbesondere Bücher aussortiert - will ohnehin minimalistischer leben, aber vorhin habe ich gespürt, dass ich das Buch gerne und wieder besitzen würde.
 
Ich komme ja aus dem medizinischen Bereich und so. Deshalb kenne ich Studien der Art. Bei Männern verhält es sich so, dass diese härtere Suizidmethoden wählen, die dementsprechend meistens "erfolgreich" sind. Insofern müsste ggf. noch differenziert werden zwischen versuchtem und geglücktem Suizid. Das Alter geht  ohnehin mit vermehrter Vulnerabilität / Suizidalität einher. Erschreckend ist zweifelsohne auch, dass 8,2 Prozent, also 5,3 Millionen / jeder 5. bis 6. der erwachsenen Deutschen (18-79 Jahre) auf die Lebensspanne betrachtet im Laufe ihres Lebens an einer depressiven Störung erkranken (Jaccobj et al. 2016) und Depressionen die Hauptursache von Suizid sind. 
 
Laut statistischem Bundesamt (2020) versterben in Deutschland jährlich etwa 9200 Menschen durch Suizid (im Verkehr ca. 3000, durch Drogen ca. 1500). Die Zahl der Suizidversuche ist schätzungsweise noch einmal 15-20 Mal so hoch (einige Suizide werden vertuscht). Zwei von drei Suiziden würden von insbesondere älteren Männern begangen werden. Suizidversuche wiederum werden eher von jungen Frauen begangen (hier wieder die Korrelation mit den harten Methoden bzw. sprechen Männern seltener über Gefühle und Probleme, ein Suizid würde demnach auch nicht als Hilfeschrei gewertet werden können).   
Weiter heißt es, dass die Suizidzahlen seit den 90er Jahren abgenommen hätten.
 
Ich finde das Thema auch hoch spannend und wichtig, da hier alles zusammenläuft: Wie kann es etwa sein, dass über Fachkräftemangel geklagt wird bzw. dieser behoben werden soll, wenn die äußeren Umstände dem zuwiderlaufen! Fisher formulierte es ähnlich, etwa - wir befinden uns zwar technisch im 21. Jahrhundert, aber der Rest!?
Ja, wer A sagt, muss auch B sagen. Die Methoden der Klima-Kleber zum Beispiel mögen zwar fragwürdig sein, aber nicht deren Gefühle / Motivation.
 
Bzgl. deiner Frage zu der hohen Rate in den 80er Jahren: Dies müsste eigentlich nach Ost und West differenziert worden sein. Nach der Wende sind die Suizide wieder zurückgegangen. Dies habe viel mit dem sozialen Umfeld zu tun gehabt und sei auch neben den erwähnten Erkrankungen (an der Spitze eben die Depression) mit der Hauptgrund dafür, warum der Mensch gewissermaßen aus den Fugen gerät: Wenn er nicht gut eingebettet ist in ein soziales Netz. Oder im Umkehrschluss: Oft höre ich Menschen, die in Krisen geraten (plötzlich krank etc. pp.) darüber reden, wie schön und wichtig es sei, tolle Eltern und Freunde zu haben. Dies zum Beispiel fehlt mir komplett. Derzeit baue ich auf meine innere Stärke, wodurch es sehr gut gelingt, mich selbst aufzufangen, wenn es mir mental mal nicht allzu gut geht. Aber...ja. Klar, besteht hier eine Gefahr. 
 
Wichtig, nichtsdestotrotz, ist die Balance zwischen Körper und Geist (durch Meditation - siehe etwa Shaolin-Spirit), mentale Stärke: Damit kann zumindest im Hinblick auf augenscheinliche Einsamkeit einiges herausgeholt werden. Aber sicherlich auch in anderen Krisen. 
 
Aber - so auch Fisher - es sollte nicht die Aufgabe eines jeden Einzelnen sein, für seine mentale Stärke selbst zu sorgen, zumal lange nicht jeder Mensch die Kompetenz oder die Ressourcen dafür aufwenden kann. Es sollte Aufgabe der Politik sein, sich dieser Problematik anzunehmen.        
Der "Wille" ist ein ganz eigenes Thema. Darüber schrieb ich im Studium eine interessante Studienarbeit. Der Mensch ist in der Depression abgekoppelt vom Willen eines Menschen ohne Depression. Er kann gar nicht wissen, was er wollen kann in diesem Zustand. Das meinte ich mit: Er tut es nie aus freien Stücken, auch wenn er es bilanzierend / freiwillig tut. Wenn die Umstände andere wären, wäre auch der Suizid nicht. Und das wiederum, wie gesagt, sollte Aufgabe der Politik sein. Werde also Fishers Buch noch einmal lesen über Weihnachten, welches ich abermals (von einer Stippvisite bei meiner Tochter abgesehen) alleine verbringen werde.    

Antwort geändert am 15.12.2023 um 13:47 Uhr

 Augustus meinte dazu am 18.12.23 um 12:21:
Er kann gar nicht wissen, was er wollen kann in diesem Zustand. 

Hier liegt natürlich der Hase im Pfeffer. Es wird sicherlich Parteien geben, die anderer Meinung sind. Aber wie liesse sich so was beweisen, dass der Leidende, unter seiner Depression von seinem Willen nicht wissen kann. Er weiß durchaus von seiner Depression. Ist es vllt der Wille, der sich gegen die Depression aufbäumt, und mit dem Freitod die Depression bekämpft. Versöhnung widerstreitender Gegensätze Wille und Depression, und Auflösung von Leben und Tod. 

PS: Zu Weihnachten würde ich gewiss anderweitige Literatur als Fisher empfehlen, vllt. etwas mehr mit einem Touch von Amüsement. 

Die Einsamkeit zu Weihnachten kann sehr wohltuend sein. Ruhe, Besinnlichkeit, und ja Muße wiss. über den Freitod nachzudenken. Einen guten Riesling und Kevin allein zuhause dazu, runden die Tage ab.

 theatralisch meinte dazu am 19.12.23 um 09:43:
Das sind schon Tatsachen. War natürlich in der Art gemeint, dass ohne Depression auch ein anderer Wille da wäre. Deshalb ist rein faktisch "Freitod" als Bezeichnung abzulehnen. Ich benutze diesen Begriff aber - nicht zuletzt wegen Jean A.'s Buch - im Sinne einer philosophischen Anschauung. 

Zu Weihnachten: Auch hier entscheide ich mich bewusst, was ich tun will. Ich habe mir nun auch noch k-Punk Schriften bestellen. Weiß nicht, ob du den Link öffnen kannst:  https://d-nb.info/1172305129/04  

Frohes Fest!

Antwort geändert am 19.12.2023 um 10:00 Uhr

 Augustus meinte dazu am 19.12.23 um 15:04:
Hm, ohne Depression wäre ein anderer Wille da. Wie kann man sich den Willen vorstellen, wie einen Regenbogen? Mit Depression ist er weiß, ohne Depression grün, blau, rot?
Freitod wäre aber demnach ein Tod im Bewusstsein der fehlenden Farben. Und dass „gesunde, stabile“ Leben eine farbenfrohe Aufspaltung des Willen. 

Tatsächlich braucht es gegen die Depression, Sonne, Regen, und den bestimmten Winkel, um die Farben sichtbar zu machen; das heißt auf die Psyche bezogen, Liebe, Freude, und der bestimmte Winkel könnten die Themen und Interessen sein, die eine Person wachsen lassen. Aber hier ist Platz für viel Spielraum.

Salve. 
Schöne Festtage!

 theatralisch meinte dazu am 20.12.23 um 10:24:
Kontinuum - siehe salutogenetische Definition zur Gesundheit bzw. Krankheit. 
Wie gesagt geht es abseits der Philosophie um Erkenntnisse. 

Danke, same!

 Dieter_Rotmund (07.11.23, 17:25)
Und was bitte hat das mit (American) Football zu tun?

 theatralisch meinte dazu am 07.11.23 um 17:35:
Du kamst mir bislang in keinem einzigen Kommentar höflich vor. Das stört mich und ich würde dich gerne vom Leserkreis ausschließen. Die Bedeutung des Titels wird entschlüsselt. Da ich wie gesagt deine Art der Kommunikation geradezu gruselig finde - insbesondere im Zusammenhang mit der Thematik im Text - werde ich nachfolgende Kommentare bewusst unbeantwortet lassen.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 07.11.23 um 19:55:
Ich schrieb "bitte", durchaus auch so gemeint. Möchtest du oder der text darüber hinaus noch gepampert werden?

Du kannst mich zwar beleidigen und versuchen rauszumobben, aber exklusive Lesekreis oder gar exklusive Kommentatorenkreise gibt es hier nicht. 

Wenn du dir zu fein bist auf meine einfache Frage zu antworten - dein Problem.

 theatralisch meinte dazu am 07.11.23 um 20:59:
Es bleibt nur noch zu wünschen, dass dir im Laufe deines Lebens noch einige weitere Menschen sagen, wie (ver)störend deine Kommunikation und das damit einhergehende Selbstkonzept ist. Insbesondere, jep, Frauen gegenüber.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 09.11.23 um 17:21:
Das Geschlecht der Verfasser und Verfasserinnen der Texte auf kV ist mir vollkommen egal. Mir geht es nur und ausschließlich im die Texte.

 Verlo (07.11.23, 21:37)
theatralisch:

Insofern ließe sich konkludieren, dass das Leben quasi wie ein Unfall als Verkettung unglücklicher Umstände beschrieben werden kann.
theatralisch, das ist ein sicherer Weg zum Freitod als ultimative Selbstbestimmung.

Allerdings konkludieren derart nur Menschen, die die Kontrolle über ihr Leben anderen überlassen. 

Wer ein selbstbestimmten und verantwortetes Leben führt, empfindet es nicht so.

 theatralisch meinte dazu am 07.11.23 um 21:50:
In dem Text geht es primär um Depressionen. Bist du hierzu versiert?

 Verlo meinte dazu am 07.11.23 um 22:07:
Ich verstehe Depressionen als Hilferufe der Seele.

Entschlüsselt man sie, kann man der Seele geben, wonach sie ruft.

Danach muß sie nicht mehr um Hilfe rufen.

 theatralisch meinte dazu am 07.11.23 um 22:25:
Dann empfehle ich dringend eine Auseinandersetzung mit der Erkrankung, vorausgesetzt, es besteht Interesse natürlich - dann wäre auch "Selbstbestimmung" in einem anderen Licht zu betrachten.

Antwort geändert am 07.11.2023 um 22:30 Uhr

 Verlo meinte dazu am 07.11.23 um 22:29:
Warum empfiehlst du mir dringend ...?

 theatralisch meinte dazu am 07.11.23 um 22:51:
Im Kontext einer sozialen Verantwortung. Nicht nur die Politiker würde ich in die Pflicht nehmen, zur Sozialität und der schon beschriebenen Entprivatisierung psychischer Erkrankungen beizutragen, sondern jeden Einzelnen. Eine schwere Depression ist lebensbedrohlich. Und um hier helfend tätig zu sein, ist wiederum eine Kenntnis über Ätiologie usw. Voraussetzung. Dem Menschen als soziales Wesen unterstelle ich bei einer derart häufig auftretenden psychischen Erkrankung ohnehin, dafür mindestens aus persönlichem Interesse sensibilisiert sein zu wollen. 8,2 Prozent, also 5,3 Millionen / jeder 5. bis 6. der erwachsenen Deutschen (18-79 Jahre) auf die Lebensspanne betrachtet erkranken im Laufe ihres Lebens nämlich an einer depressiven Störung (Jaccobj et al. 2016).

 Verlo meinte dazu am 07.11.23 um 22:57:
Willst du damit sagen, ich bin nicht in der Lage, mit meinen Depressionen umzugehen?

 theatralisch meinte dazu am 07.11.23 um 23:01:
Dann wiederum empfehle ich dringend, dich mit Zitation und Quellen - etwa der, die ich hier genannt habe, auseinanderzusetzen. Fin. Da weiß ich wieder, warum Promotion respektive wissenschaftliche Arbeit doch das einzig Wahre ist.
Alles Gute für dich!

 Verlo meinte dazu am 07.11.23 um 23:51:
Nein, theatralisch, das einzig Wahre – in diesem Kontext – ist zu heilen.

Ist dir klar, daß du meine beiden einfachen Fragen nicht beantwortet hast?

Insofern sind deine Empfehlungen lediglich Selbstgespräch.

 theatralisch meinte dazu am 08.11.23 um 09:41:
Um auf dem gleichen Niveau zu bleiben, müsste ich erstens folgende Frage stellen: Warum sollte ich Derartiges sagen wollen? Denn ich kenne dich weder noch (was sich aus dem ersten Teil des Satzes ergibt) läge mir (also deshalb) etwas daran, mit dir auf eine persönliche Ebene zu gehen.

Ergo zweitens: Ich habe ganz bewusst geantwortet wie ich geantwortet habe: Es gibt bestimmte Merkmale, die adäquate Kommunikation aufweisen sollte, um etwa kein Nährboden für negative Gefühle, Missverständnisse etc. pp. zu sein. Hierzu gehörte zum Beispiel, per Ich zu sprechen (Großer Bestandteil meines Masterstudiums war die Themenzentrierte Interaktion, in der das durch Ruth Cohn, deren Begründerin, postuliert wurde.) – selbstredend immer auch vor dem Hintergrund, Kommunikation nicht ad absurdum zu führen, also von jemandem in dem Fall nicht bedingungslos zu fordern, per Ich zu sprechen, wenn er aus persönlichen Gründen nicht dazu in der Lage ist. Darüber hinaus halte ich es für unerlässlich, sich für ein adäquate oder situationsangepasste Kommunikation mit wissenschaftlichen Texten auseinandergesetzt zu haben und einmal die Mühe, ja, genossen zu haben, die in einen Text als Ausdrucksform der Kommunikation fließen muss, um potentiell von allen Menschen (oder mindestens vom zu erwarteten Leserkreis erst einmal in Bezug auf die Primärliteratur) verstanden zu werden.

Demgemäß: Deine Fragen, wie eingangs schon gesagt, sind inadäquat. Es ist unbestritten, dass ich derartige Fragen einer Person, die mir gänzlich unbekannt ist, nicht stellen würde oder eben als Person, die dem Anderen gänzlich unbekannt ist, für solche Fragen keinen Anlass geben würde. Darüber hinaus könnte ich nun mittels (qualitativer) Analyse die Gegenfrage stellen, inwiefern du nicht in der Lage bist, mit deinen Depressionen umzugehen. Sonst, so analysierte ich, würde/st du / ein Mensch a priori nicht auf die Idee kommen, eine solche Frage zu stellen – noch dazu einer Person, die ihm wie gesagt gänzlich unbekannt ist und zu der er (also deshalb) keine Bindung hat.

Konklusion: Da ich mich jedoch erstens weit über mein Studium hinaus mit Kommunikation eingehend befasste und zweitens auch in gleicher Weise mit wissenschaftlichen Texten auseinandersetzte, würde ich erstens nicht die oben erwähnte Frage, warum ich Derartiges sagen sollte, stellen (Es gibt schlichtweg keinen Anlass dafür. Würde ich sie stellen, unterstellte ich dir die Unfähigkeit zum selbstständigen Denken hinsichtlich dessen, warum ich stattdessen geantwortet habe wie ich geantwortet habe.); und zweitens in der Konsequenz auch keine Antworten auf deine gestellten Fragen liefern (Es gibt schlichtweg keinen Anlass dafür. Würde ich sie beantworten, würde ich mir selbst die Unfähigkeit zum selbständigen Denken unterstellen.) respektive ganz intendiert so antworten wie ich es getan habe, sodass der Lesende selbstständig einen Schluss aus sowohl der Ursache für meine Antwort als auch aus der Antwort selbst ziehen kann. Doppelseitige Erschließung (Klafki) wäre das dann quasi. Ich erinnere mich allzu gerne an mein Pädagogikstudium. Das hat mir wirklich große Freude bereitet – in gleicher Weise die anschließende Arbeit als Pädagogin und Bildungswissenschaftlerin. Wenn ich darüber sinniere, freue ich mich enorm auf die Zukunft. Ich hoffe immer, dass das jedem Menschen so geht. Das Leben ist ein großes Geschenk – und vor allem das, was man daraus machen kann. Schopenhauer beispielsweise, den ich immer wieder lese, hat gesagt: „Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.“


Dir aufs Neue alles Gute!

 Verlo meinte dazu am 08.11.23 um 10:44:
theatralisch:

Warum sollte ich Derartiges sagen wollen?
Gemeint ist, meine zwei einfachen Fragen zu beantworten?

Ganz einfach: weil du mir zweimal etwas empfiehlst.

Damit gehst du auf mich ein.

Nachdem ich mitgeteilt habe, was Depressionen darstellen, empfiehlst du etwas zu lesen und drückst damit zumindest aus, daß du anderer Meinung bist.

#

Im Kontext einer sozialen Verantwortung.
Verstehst du überhaupt selbst, was du mir damit sagst?

Nein, du sagst nichts, du deutest an.

Sagen würde bedeuten: ich bin nicht deiner Meinung, du gefährdest mit deinem Herangehen an Depression dein und das Leben anderer.

Dabei ist das eben nicht der Fall: ich verhalten mich richtig mir gegenüber und damit auch gegenüber anderen, weil seelischen Probleme nicht anwachsen, bis nur noch eine Zwangseinweisung in die Psychiatrie hilft, sondern es nicht nicht einmal Psychopharmaka nötig sind.

Fall du nicht verstehst, was ich dir sage, weil ich es dir in alltäglicher Sprache mitteile, mich nicht hinter Doktorandinnen-Slang verstecke, dann verstehst du auch Seelen nicht und dein langer Textbeitrag ist zwar schön, aber inhalts- und nutzlos. Außer für dich.

Bitte nimm die "Alles Gute"-Wünsche zurück: sie sind in diesem Zusammenhand eher Fluch als Segen.

 theatralisch meinte dazu am 08.11.23 um 11:10:
weil seelischen Probleme nicht anwachsen, bis nur noch eine Zwangseinweisung in die Psychiatrie hilft, sondern es nicht nicht einmal Psychopharmaka nötig sind.
Dann bleibt mir an der Stelle nur noch die abschließende Bemerkung, dass im Hinblick auf Depressionen gar nicht oft genug vor Verharmlosung gewarnt und für mehr Aufklärung plädiert werden kann. 

In, ja, anderen Worten: Ich bin der festen Überzeugung, dass ich sehr gut verstehe, was ich schreibe und auch fühle sowie denke. Bei dir wiederum verstehe ich, wie schon geschrieben und umfassend erklärt, kaum etwas. Würde ich laut werden lassen, was ich wirklich bzw. darüber hinaus denke und, was ich zwar - wie ausführlich erklärt - unterlassen wollte, aber von dir ja geradezu eingefordert wird, würde ich sagen: Mach eine Psychoanalyse! In noch mal anderen Worten, würde ich mich fragen: Was steckt da wohl alles unbewusst in dieser Person, um zu solch absurden Schlüssen zu kommen, mir derartige Fragen überhaupt stellen zu müssen, haha. Ja, das ist auf die ein oder andere Weise funny. Eigentlich tragikomisch. Aber naja, mit Verlaub, es interessiert mich tatsächlich wenig. Also nehme ich von mir aus auch die Wünsche zurück, wenn du meinst, dass das etwas zur Sache täte.

Antwort geändert am 08.11.2023 um 11:10 Uhr

Antwort geändert am 08.11.2023 um 11:11 Uhr

 Verlo meinte dazu am 08.11.23 um 11:34:
theatralisch:

Mach eine Psychoanalyse!
Danke, theatralisch, kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so herzhaft gelacht habe.

Danke (2) für das Zurücknehmen der Wünsche.
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