das sein sprach einst zum schein
“gern fällt welt auf dich rein
doch hernach oftmals tief
weil alles dann schief lief -
führst in die irre schlimmer
als katzengold'ner schimmer!”

juckt' bloß den schein nicht groß
“ach” sprach er “chancenlos
scheinst du doch gegen mich
ins aug' fall' nämlich ich -
drob deprimiert zu sein
fällt mir drum echt nicht ein!”...

*

am tollsten an der sonne ist ihr scheinen -
da sind echt sein und schein voll deckungsgleich
mit so viel "scheinen" möchte ich doch meinen
wär’ jeder auf der welt locker steinreich

ja scheine spielen eine große rolle
der führerschein zum beispiel im verkehr
ein schein ist auch bei heiligen das tolle
bei scheinheiligen aber nicht so sehr

von dieser sorte gibt es jede menge
es gibt sie scheinbar längst wie sand am meer
das standardexemplar liebt lobgesänge

auf seinesgleichen und noch viel viel mehr
ist es am trommeln gleichsam wie ein wilder
als was-auf-seine-bildung-sich-einbilder


"DIE MEISTEN HABEN SELTEN MEHR LICHT IM KOPF, ALS GRADE NÖTIG IST ZU SEHEN, DASS SIE NICHTS DARIN HABEN."
Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799), deutscher Physiker und Meister des Aphorismus

*

Die Kirche von Auvers von Vincent van Gogh

die kirche scheint zu schwanken, blau wie hulle,

doch liegt das bloß am malstil von van gogh

der nahm sich zwar ganz gern zur brust ne pulle

und soff vielleicht bisweilen auch wie'n loch

war allerdings stets toll zu mal'n imstande

obwohl das kirchenbild schon irritiert

verläuft aber nun keineswegs im sande

er hat den pinsel meisterhaft geführt

und führt vor augen uns den fluss der dinge

denn schließlich hat ja alles seine zeit

selbst gott ist tot der eh vor scham verginge

säh' er was sein geschöpf längst weit und breit

so anrichtet durch sich mit 'seiner' erde

damit aus ihr ein glutofen bald werde...

*

das sein läßt alle dinge sein die sind
selbst götter könnten ohne es nie sein
läßt vater mutter sein und auch das kind
läßt uns sein welt und all samt mein und dein

dies seinlassen des seins birgt in sich lassen:
das sein hängt nicht an dem was es sein läßt
ein loslassen derart ist kaum zu fassen
sein aber hält am seienden nicht fest --

deshalb gelingt’s nur schwer es zu gewahren
als das was alles sein läßt sowie los-
der sachverhalt gehört zum unscheinbaren

des seins und ist der dinge ew’ger schoß:
es hält voll an sich seinlassend die dinge
damit ihr vorschein uns zum denken bringe...

...τὸ γὰρ αὐτὸ νοεῖν ἐστίν τε καὶ εἶναι
[to gar auto noein estin te kai einai]
DAS NÄMLICH SELBE IST DENKEN SOWOHL ALS AUCH SEIN
(parmenides)

*

vielleicht ist unser VORSTELLUNGsvermögen
ja etwas das vor alles sich so stellt
als wenn wir eine wand dazwischen zögen
die uns das seh'n wie's sich damit verhält

von vornherein und lange schon verhindert
macht quasi für den blick die schotten dicht
was unsern hang zur SCHAU stets mehrt statt mindert
denn die enthüllt den sachverhalt halt nicht,

den ANSCHEIN worauf vorstellung wohl gründet,
erweckt von dem was in ihr sich verbirgt
als schickung sozusagen die von kündet

daß eine scheu vor sichtung  sie bewirkt:
„sich zu verbergen liebt das wesen“ sagte
einst heraklit * als denken erstmals tagte

* Fragment 123 „Φύσις κρύπτεσθαι φιλεῖ.”

*

der schein-tologe spricht:
besser in sekt baden

und beim bad insekten sehen
als in sekten baden gehen!

*

die sklaverei scheint abgeschafft
doch ähnelt für viel arbeitskraft
weltweit längst das entgelt ja schon
durchaus mehr einem sklavenlohn...

*

scheinbar frei nur sind gedanken
denn es setzen ihnen schranken
[zeigt ja schon das wort 'idee'
letztlich echt uralter schnee]
sogar noch antike bahnen
wovon wenig viele ahnen

doch gerade das erhellt
wie was nachwirkt in der welt
mal von 'politik' zu schweigen
die sich alles macht zueigen
weil sie scheint's das schicksal ist *
wenn des seins der mensch vergißt...

*”Die Politik ist das Schicksal” (Napoleon  zu Goethe am 2. Oktober 1808)

*

Barmherzige Schwester ODER kriegsbedingte Travestie

Witz zum Thema Schein und Sein

Ein russischer Soldat rennt verzweifelt zu einer Nonne. Völlig außer Atem fragt er sie: "Bitte Schwester, kann ich mich unter Ihrem Rock verstecken? Ich erkläre es später, es ist dringend!"

Die Nonne willigt ein. Einen kurzen Augenblick später kommen zwei Militärpolizisten vorbei und fragen sie: "Schwester, haben Sie einen Soldaten vorbeikommen sehen?"

Die Nonne erwidert: "Er ist in diese Richtung gerannt!"

Kaum war die Militärpolizei wieder abgezogen, kommt der Soldat unter ihrem Rock hervorgekrochen. "Ich kann Ihnen gar nicht genug danken, Schwester, Sie haben mein Leben gerettet! Ich will nicht in die Ukraine!"

Die Nonne antwortet: "Ich verstehe vollkommen."

Daraufhin fügt der Soldat hinzu: "Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie haben wunderschöne Beine!"

Die Nonne erwidert: "Wenn du ein bisschen höher geschaut hättest, hättest du auch meine Eier gesehen, ich will auch nicht in die Ukraine!"

**

ES IST HEUT SELBST DER SCHÖNHEIT KAUM ZU TRAUEN
SO KUNSTREICH WIE CHIRURGEN BRÜSTE BAUEN..

*

als valentin einmal in wien
vom fiaker zu fallen schien
fiel er tatsächlich nicht zum schein
und brach sich voll das linke bein

was besser war noch als den hals
denn das gibt’s auch im fall des falls -
wenn wer jedoch in liebe fällt
bricht oft das herz und wird geprellt...

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