Atomblitz von vorn!

Erzählung zum Thema Wehrdienst

von  Quoth

Wir schmissen uns hin, verschnauften zehn Sekunden.

„Auf, auf, marsch, marsch!“

Wir sprangen auf und arbeiteten uns durch den Sumpf.

„Atomblitz von vorn!“

Wir schmissen uns hin, verschnauften fünf Sekunden und mussten wieder aufspringen.

Als der Feldwebel zum dritten Mal „Atomblitz von vorn!“ lallte, wurde es mir zu viel. Sportlich war ich nie gewesen, und mein Herz wummerte. Ich kniete mich hin. Sofort wurde ein Gefreiter zu mir geschickt, der mich anschnauzte: „Flieger Ossenblom! Warum liegen Sie nicht aufm Pinsel?“

„Ich knie hinter einer Mauer!“

„Ich sehe keine Mauer!“

„Ich sehe auch keinen Atomblitz!“

Henning und David, meine beiden Zwillinge, starrten mich mit offenem Mund an. Dann lachten sie los. „Nein, Papa, das war nicht wirklich so. Das hast du dir ausgedacht! Sag, wie es wirklich war!“

Ich dachte nach. Würden sie es verstehen? „In Wirklichkeit habe ich gesagt: 'Einem besoffenen Befehlshaber würde ich auch im Ernstfall nicht gehorchen.'“

„O je, das ist ja noch schlimmer!“ David schien durchzublicken.

„Ja, das war es,“ gab ich zu. „Der Feldwebel wurde zur Ausnüchterung in die Kaserne gebracht, und für uns war die Geländeübung schlagartig zu Ende. Dafür waren meine Kameraden mir letztlich dankbar, aber das verkehrte sich ins Gegenteil, als der Feldwebel, nun wieder bei Sinnen, vor uns auf und abschritt und in etwa folgende Rede hielt: 'Eine Truppe kann noch so gut sein, immer finden sich Elemente, die den Zusammenhalt stören und durch eitle Selbstgefälligkeit die Disziplin untergraben. Auch hier gibt es Quertreiber dieser Art, und deshalb habe ich mich schweren Herzens entschlossen, euch den wohlverdienten Pfingsturlaub zu streichen! Wegtreten!'“



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Kommentare zu diesem Text


 Redux (02.04.24, 19:57)
Gerne und mt einem Schmunzeln gelesen. Erinnerungen an meinen Wehrdienst 85/ 86 wurden wach.

 Quoth meinte dazu am 03.04.24 um 11:46:
Da dürfte es die Wehrmacht-Fuzzys kaum noch gegeben haben, aber viel ändert sich in einer Armee wohl nicht so schnell. 
Vielen Dank für die Empfehlung mit Kommentar.

 AchterZwerg (03.04.24, 07:49)
Bei "Atomblitz von vorn" hätte sich der Rekrut nur seinen Tornister übern Kopp halten müssen, und schon wäre die Gefahr abgewehrt gewesen.
Eine Aktentasche hätte es lt. SPIEGEL aus den 50ern allerdings auch getan; die führt ein Rekrut während einer Wehrübung aber vermutlich nicht mit.

Jedenfalls gilt: Atomblitz nein danke!

 Quoth antwortete darauf am 03.04.24 um 11:52:
Ja, die Unterschätzung der nuklearen Gewalt war in den 50er und 60er Jahren notorisch und lächerlich. Oder war es bewusste Verharmlosung? Immerhin hat sich die Atombombe als so gut wie uneinsetzbar, weil suizidal, erwiesen. Aber was an konventionellem Krieg übrigbleibt, ist schlimm genug.
Danke für Deine Empfehlung mit Kommentar!
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