Zwei verschiedene Zeiten

Anekdote zum Thema Zeit

von  Bluebird

„Es gibt eine Zeit für das Werfen von Steinen ...“

In meiner Kindheit wohnte ich in einer kleinen dörflichen Siedlung, die an einer Seite an einer Neubausiedlung grenzte. Dazwischen lag eine Wiese, die aber nur von den Jungen unserer Siedlung genutzt wurde. Etwas Anderes war schlichtweg nicht vorstellbar.
  Doch eines Tages entdeckten mein Freund Elmar und ich zwei Mädchen aus der anderen Siedlung, die es tatsächlich wagten, sich dort aufzuhalten. Da eines der beiden Mädchen größer und älter war als wir, riskierten wir nicht die direkte Konfrontation. Sondern wir suchten uns  kleine Steine und warfen damit nach ihnen und zwar solange, bis sie wieder in ihrer Siedlung verschwunden waren. Was für ein Triumphgeschrei stimmten wir beide an!
  Als mich dann das große Mädchen ein paar Tage später zufällig alleine erwischte, erwartete ich ängstlich eine Tracht Prügel. Sie drückte mich aber lediglich an eine Hauswand und sagte: „Du solltest dich schämen, mit Steinen nach Anderen zu werfen. Versprich, dass Du das nie wieder tun wirst.“ Ich versprach es und sie ließ mich gehen. Auch wenn ich in diesem Moment wirklich beschämt war, hielt ich mein Versprechen nicht. Bei einer neuerlichen Konfrontation mit Jungen aus der anderen Siedlung nahm ich wieder Steine in die Hand und warf damit.

„... und es gibt eine Zeit Steine zu sammeln“

Als ich vor ein paar Tagen am frühen Abend ziellos durch die Stadt fuhr, geriet ich in ein scheinbar völlig verlassenes Neubaugebiet. Aber an derem Ende kam ich einem Haus, vor dem zwei kleine Jungen standen. Einer von beiden sprach mich überraschenderweise an: „Wollen Sie sich mal unsere Steine ansehen, die mein Freund und ich gesammelt haben?“
  Ich hielt an und fragte vorsichtshalber nach: „Ihr wollt mir etwas verkaufen?“ „Nein, nein“, versicherte mir der kleine Blondschopf. „Nur zeigen!“ Da stellte ich mein Fahrrad beiseite und ging zu den beiden Jungen hin.
  Es war nun wirklich nichts Besonderes an jenen zwei wohl geordnete Steinkollektionen, die mir da präsentiert worden. Gewöhnliche kleine Kieselsteine und sonstiges kleines Gestein. Aber wie sie einzelne Steine hochhoben, mir zeigten und mich auf kleine Besonderheiten hinwiesen, beeindruckte mich sehr.  Sie erkannten in ihnen einen Wert und eine Schönheit, die mir verborgen blieb.
  Nachdem ich mich bei ihnen bedankt hatte und wieder losgefahren war, blickte ich noch einmal zurück. Da sah ich sie schon wieder über ihre Steine gebeugt und mit deren richtiger Anordnung beschäftigt.


Anmerkung von Bluebird:

Ein etwas hinkender Vergleich:
Man kann Worte als "Waffe" gebrauchen, aber mit ihnen auch ein schönes "Gedicht" schreiben. Beides hat seine Zeit!

Die beiden Zitate sind der Bibel entnommen: Prediger 3,5

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (15.08.13)
Etwas verwirrend ist die Kapitelbezeichnung "Prediger". Zitierst Du da aus der hebräischen Bibel? Nicht, dass ich was dagegen hätte, nur gibt es halt große Unterschiede zwischen den Ausgaben und Übersetzungen...

 Bluebird meinte dazu am 15.08.13:
Die Bezeichnung "Prediger" wird in der Lutherbibel verwendet. Wo allerdings vom "Wegwerfen von Steinen" die Rede ist. Da aber das "Wegwerfen von Steinen" in meinen Augen keinen rechten Sinn macht, habe ich mich an die Elberfelder Bibel - die als recht genaue Übersetzung gilt - gehalten und "Werfen" geschrieben.

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 15.08.13:
Alles klar!

 Dieter Wal (16.08.13)
Aussagekräftige Anekdote. Gefällt mir. Sie benötigt in der Anmerkung keine Erklärung. Würd an deiner Stelle die Zitathinweise der Titel entfernen (Doppelt" (Prediger 3,5)" sieht doof aus.) und als Anmerkung bringen.

 Bluebird schrieb daraufhin am 16.08.13:
Danke! Ein guter Tipp!
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