Auf einem anderen Planeten leben?

Kommentar zum Thema Aktuelles

von  Reliwette

Gestern Abend gab es im Ersten Programm die Jahresrückblende 2017 von Dieter Nuhr, dem Entertainer im Kabarett -Look. Er ist oder war bei mehreren Sendern unterwegs, hat zahlreiche Auftritte in deutschen Foren hinter  und einige noch vor sich. Nuhr füllt die Hallen, so viel ist sicher.
Inzwischen weiß fast jeder, Nuhr hat „Lehramt studiert“, betonte aber mehrmals in der gestrigen Sendung, dass er eine eigene Meinung zu den Dingen hat, die sich in Deutschland oder anderswo ereignen. Er beginnt dann seine Einschätzung wiederholt mit der Einleitung:“Ich persönlich….“.
Nun muss er sich als studierter Lehrer von einem ehemaligen Koordinator für den Betreuungsbereich (an einer entsprechenden Anstalt) sagen lassen, dass „ich“ ein Personalpronomen ist, ein persönliches Fürwort, dass es nicht verträgt, dass ein „persönlich“ angehängt wird. Weshalb? Weil „ich“ eben persönlich ist – außer jemand besäße zwei Persönlichkeiten: „ich“  und  „ich persönlich“! Wenn es so wäre, dann hat sich eine der beiden Persönlichkeiten das Jahr 2017 über  in einem intakten Deutschland aufgehalten, in dem zuviel grundlos gemeckert wird.
Es mag auch geschehen sein, dass er weisungsgemäß der „Institutsleitung“ (Anstalt öffentlichen Rechts) sein Programm in der Form aufgebaut hat, dass die Besucher angesichts des nahenden Weihnachtsfestes optimistisch eingestimmt werden sollen? „Deutschland ist eines der reichsten Länder“, erfuhren die Zuschauer. Das mag zwar stimmen, nur viele Menschen sind arm, da beißt die Maus keinen Faden ab. Die Kommunen sind verschuldet!
An dieser Stelle erscheint dann mein Lehrsatz: „Die Menschen sind reich – nur die Leute sind arm!“
Und: Schon mal etwas von Kinderarmut in Deutschland gehört, Herr Lehrer, oder von den vielen tausend Nichtsesshaften? „Den deutschen Bürgern geht es gut“, Herr Nuhr? Aber diese haben immer etwas „zu nörgeln?“
Kann es sein. dass Sie auf einem anderen Planeten leben, sozusagen in einem Paralleluniversum? Glauben Sie, dass es vielen Deutschen Spaß macht, sich ständig Sorgen machen zu müssen? Denn im Gegensatz zu Ihrer optimistischen Einschätzung läuft hier in Europa einiges schief, das haben inzwischen auch jene Menschen mitgekriegt, die nicht jeden Tag die Bildzeitung betrachten. Darüber vermag auch nicht das Lichterfest hinwegzutäuschen!
Ganz aktuell war Ihr Rückblick auf das Jahr 2017 auch nicht! Ich vermisste den Hinweis auf die Tatsache, dass die UNO mit überwältigender Mehrheit die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt ablehnte. Mir fehlte auch der Hinweis, dass die USA durch ihr Ratsmitglied denjenigen gedroht hat, die dagegen stimmen. „Man werde sich diejenigen merken und nicht länger den überhöhten Beitrag wie bisher leisten“.
Ich vermisste die Erwähnung des Russenmanövers mit dem fiktiven Ziel, die Nederlande und Deutschland mit Fernlenkwaffen und Bombern zu zerstören, in dem die Infrastruktur der Länder lahmgelegt wird. Auch mag in dem Manöver eine Replik auf die Manövertätigkeit der Nato vor der russischen Haustür zu sehen sein.
Darüber soll Mensch sich keine Sorgen machen? Über ein völlig sinnloses Handelsembargo gegen Russland soll der Bürger nicht nachdenken?
Verständlich erscheint mir, dass im Verbund mit dieser Themenwelt kaum ein Lacher bei dem hoffnungsfrohen Publikum zu erzielen ist. Anders ist die Situation beim „Genderbegriff“. Da kann herzlich gelacht werden. „Reichen Sie mir bitte die Aschenbecherin!“ Leider ist der Gag jetzt von mir. Im Übrigen reißt Mensch besser keine Scherze über Menschen, die sich mit /in ihrem Geschlecht nicht wohlfühlen.
Auch ich lache gerne, Herr Nuhr, über gutdurchdachte Satire, überzogen dargestellte Situationen des Alltages, die bei näherer Betrachtung komisch wirken, weil so viel „Dusseligkeit auf einen Haufen“ eigentlich gar nicht sein dürfte, z.B. wenn ausgerechnet unsere holländischen Nachbarn (oder wir) von einem europäischen Regierungschef als Nazis bezeichnet oder beschimpft werden, wie sie es  tatsächlich lustig vermittelt  haben. Jedoch: Der Erste, der Hitlers Stimme mit dem rollenden „r“ erfolgreich imitierte, war Rolf Stiefel in den fünfziger Jahren.
Nun könnte man dem entgegen halten, dass die Menschen in den fünziger Jahren bereits Socken trugen. Weshalb sollte es deshalb heute keine mehr geben?
Wenn allerdings ein alter zahnloser Opa aus den Reihen der AfD- Sympathiesanten  seiner Unzufriedenheit Ausdruck verleiht, mag das komisch aussehen – so wie Sie es gekonnt mimisch dargestellt haben – allerdings gibt die mangelnde zahnärztliche Versorgung des Jubilars und dessen sich  möglicherweise manifestierte Bildungslücke eher einen Grund zur Besorgnis, als einen Anlass dafür, sich krachend  auf die Schenkel zu klopfen. Das war mir zu platt!
Im Gegensatz zu früheren Sendungen ist „mir persönlich“ die Gestrige etwas daneben gegangen, obwohl Sie – und das muss ich Ihnen zugestehen – den Saal zum „Kochen“ gebracht haben.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

toltten_plag (42)
(13.01.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Reliwette meinte dazu am 13.01.18:
Hallo, danke, dass Du etwas über Dich schreibst. Der Text ist für einen Kommentar gerade lang und kurz genug, dass die Leser nicht einschlafen. Ich habe es selbst an mir ausprobiert! Herzliche Grüße ! Lass Dich nie entmutigen! Denk immer daran: NOCH SIND WIR!
Graeculus (69)
(13.01.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Reliwette antwortete darauf am 13.01.18:
Hm, er hat wirklich für sich (persönlich) keinen Grund zum Nörgeln° Ich sage an Stellen wie dieser schon mal: "Alle denken nur an sich - außer mir, ich denk an mich!
Grüße!
9miles (53)
(13.01.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Festil (59) schrieb daraufhin am 13.01.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
9miles (53) äußerte darauf am 13.01.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Festil (59) ergänzte dazu am 13.01.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
9miles (53) meinte dazu am 13.01.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Festil (59)
(13.01.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Rothenfels meinte dazu am 13.01.18:
Das Problem ist (wie immer) nicht so eindimensional zu betrachten - weder von der einen noch von der anderen Seite. Der Kalte Krieg ist auch gut 16 Jahre nach dem Zusammenbruch der UdSSR noch nicht vorbei: die NATO errichtet Raktenabfangschirme in den Staaten entlang der russischen Grenze, diese lassen Truppen nahe des Baltikums aufmarschieren, Stellvertreterkriege in der Ukraine, in Syrien, usw. Die einen bedrohen, die anderen drohen zurück. Alle drohen, weil sie sich bedroht fühlen. Same old.

Da sind die Russen genauso schuld wie der Westen.

Antwort geändert am 13.01.2018 um 15:35 Uhr

 Reliwette meinte dazu am 13.01.18:
Das Thema "Nuhr" hat zwei ganz verschiedene Betrachtungsweisen zum Vorschein gebracht: Sorgen um den Weltfrieden und persönliche Einstellungen zum persönlichen "Auskommen". Ich halte die Ausgrenzung Russlands aus der europäischen Staatengemeinschaft für einen schwerwiegenden Fehler.Dazu hast Du, Festil, einige Eckpunkte benannt. Allerdings hat Nuhr dazu gar nix gesagt. Mir ging es um "Sorgen", die über den Tellerrand des deutschen Bürgers hinausgehen. Ich mache mir täglich Sorgen über alles Mögliche und kritisiere haltlose Zustände wie z.B. den Müll, der auf den Weltmeeren schwimmt, versunkene U Boote mit nuklearer Bewaffnung, Mir missfällt die Einstellung vieler Menschen , dem schnellen Konsum zu frönen nach dem Motto: mehr, mehr anstelle von: "darf es auch mal etwas länger dauern bis zum neuesten Smartphon mit Bergaufbremse und Weihwasserbeleuchtung. Herzluche Grüße!
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram