Ein Schock wie noch nie (Vorweihnachtliches Märchen für Erwachsene)

Märchen zum Thema Abgrenzung

von  tastifix

Es war kurz vor Weihnachten.

An jenem denkwürdigen Tag war der Herrgott oben im Himmel ausgesprochen schlechter Laune, ähnlich wie sonst oft die Menschen auf Erden, und das kam so …:

In den untersten Gefilden der Hölle, war deren Fürst, der Teufel, es leid wie dicke Tinte, unentwegt seine Unterteufel bei deren Arbeit bei Laune halten zu müssen. Die meinten neuerdings, weil sie ja dem Schöpfer allen Seins doch ein beträchtliches Pensum abnähmen, indem sie die Sünder der ganzen Welt ohne Unterlass in den riesigen Kübeln sammelten und dann in alle Ewigkeit kochten, hätten sie jetzt mal ein Anrecht auf Entspannung und etwas Frohsinn. In seinem Reich herrschten ja ausschließlich Gebrüll sowie Mord- und Totschlag.

Bei einem der verständlicherweise äußerst seltenen Besuche im Himmel hatte der Höllenchef dem obersten Vorgesetzten sein Leid geklagt:
„Herr, drunten ist die Stimmung mittlerweile auf dem unterteuflichsten Nullpunkt angelangt. Es geht selbst uns Teufeln auf den Wecker. Überall auf Erden und in sämtlichen Galaxien wird von Zeit zu Zeit ´Erholung` gewährt. Weshalb denn bei uns nicht?“
„Hm!“, äußerte sich Gott dazu so enorm aussagekräftig und nochmals: „Hmm!“
Er wiegte das weise Haupt erstaunlich lange hin und her. Der Teufel wunderte sich beträchtlich, wie lange der Herrgott vor sich hin grübelte. Den hatte er eigentlich für den extrem schnellsten Denker überhaupt gehalten.
„Wie sehr man sich doch täuschen kann ... “, murmelte er enttäuscht.
„Wiiee?“, schrak der Schöpfer aus seinen tiefsinnigen Überlegungen auf und blickte den Teufel ziemlich irritiert an. „Was sagtest du eben so richtig?“
´Noch nicht wieder ganz da!`, konstatierte der Teufel.
Laut erklärte er:
„Meine Unterteufel fluchen ´rum, dass sich die Mistgabeln biegen!“
Gott setzte eine strenge Miene auf.
´Das wenigstens hat er gottlob geschnallt`
„Fluchen ist eine Todsünde!“, brauste der Himmelschef auf und blickte seinem höllischen Diener vorwurfsvoll direkt in die schwarze Seele. Dass er dort ins Tiefschwarze sah, zeugte von dessen astreinem Höllenstammbaum.

Gott verbiss sich die Frage, was die denn unten in der Hölle an Unverfrorenheiten von sich gaben. Schließlich wollte er nicht vom Teufel seine Allwissenheit in Zweifel gezogen wissen. Dies war ihm Ichgottswichtig. Wie stünde er andernfalls da, als ein nur halb wissender Schöpfer?
„Wahrscheinlich würden mir meine Geschöpfe dann die Allmächtigkeit gleichfalls nicht mehr abnehmen. Ich könnte einpacken und wäre eventuell sogar gezwungen, Luzifer mein ganzes Werk zu überlassen!“
Bei diesem gruseligen Gedanken grauste es dem Schöpfer beträchtlich und arge Übelkeit begann seinen Magen zu quälen.
„Ruhig!“, redete Gott auf den selbigen und damit auf sich selber ein. „Nooch ist es nicht so weit!“
Allein, stellte er sich die unvermeidbare Konsequenz vor ... 
´Teuflische Kochkessel in der Himmelsbackstube ...`“ - „Oh Gott!“, stöhnte er entsetzt und schenkte sich selber auch prompt die erbetene göttliche Aufmerksamkeit.

Dummerweise ließ ihm die überirdische Fantasie keine Ruhe. Von der hatte er bekanntlich eine ganze Menge, wie er es eindrücklich sowie nachhaltig bei der Erschaffung seiner Geschöpfe bewiesen hatte. Nun schlug sie regelrechte Purzelbäume. Immer noch saß sein oberster Teufel vor ihm und forderte eine Antwort. Gott sei Dank versagte in diesem entscheidenden Augenblick des Meisters Allmächtigkeit nicht. So gebot er all den ihn heimsuchenden Horrorvorstellungen schleunigst Einhalt und konzentrierte sich fix wieder auf das zugegebenermaßen mehr als unangenehme Gespräch.
„Ääh!“, versuchte er, noch etwas Zeit zum Nachdenken herauszuschinden.
Überdachte er die Dauer der Ewigkeit und die dauerte bekanntlich ewig, so hatte er für diese Verzögerungstaktik sofort die passende Ausrede parat:
„Was bedeuten denn schon ein paar Minuten länger Geduld?“
Schließlich war Gott nicht mehr der Jüngste und brauchte halt etwas länger, um sich passende Argumente zusammenzusuchen.

„Jaah!?“, hakte Luzifer nach.
Eindeutig hatte der Teufel weder an die ewige Ewigkeit noch über die Möglichkeit, Geduld walten zu lassen, einen einzigen Gedanken verschwendet. Im Gegenteil machte er auf den Herrgott einen inzwischen ausgesprochen ungeduldigen Eindruck:
„Wie ist das nun mit ´nem Quantum Frohsinns für uns?“
„Warum hab ich dem denn nur soviel Hartnäckigkeit verliehen? Muss in einem unbedachten Moment geschehen sein“, warf der Schöpfer allen Seins sich ärgerlich vor.
Jedoch musste er nun damit fertig werden. Schließlich war er der allmächtige Gott und es galt, unbedingt diesen Ruf zu verteidigen.

„Bist Du Dir überhaupt über die Euch gegebenenfalls erwartenden Konsequenzen im Klaren?“
Nervös kratzte sich Gott die heilige Stirn, hinter der sich zum Glück bereits einiges tat.
´Hoffentlich auch genügend!`, beschwor er sein göttliches Hirn.
Dies wollte unter keinen Umständen die Blamage riskieren, eventuell Schwächen eingestehen zu müssen und arbeitete auf Hochtouren.
„Konsequenzen?“, hakte der Teufel misstrauisch nach. „Welche Konsequenzen denn?“
Die dürften seiner Meinung nach doch höchstens Erholung sprich Faulsein pur bedeuten. Keine grölenden Unterteufel, keine schreienden Sünderseelen und endlich mal keine verbogenen Mistgabeln mehr. Stattdessen Amüsement im Überfluss plus einer total anderen, eben himmlischen Speisekarte, deren vorweihnachtliche Menüs garantiert überirdisch gut schmeckten. Ja, er hätte Obacht zu geben, dass seine höllischen Diener ihm deretwegen nicht etwa untreu und - welch ein entsetzlicher Gedanke - vielleicht sogar zu guten Engeln mutieren würden.
All dies ging dem Fürsten der Unterwelt durch den Kopf. Es war geradezu erschreckend, ja, fast ´höllisch` zu nennen, wie sehr konträr doch die Überlegungen der beiden Regenten liefen.

Zu seinem Glück ahnte der Teufel noch nicht, welcher Art die göttlichen Eröffnungen waren, die ihm dann nach Ende der angestrengten herrgöttlichen Grübelpause den größten Schock seines bisherigen Lebens bescheren sollte. Nachdenklich musterte der Herrgott den Herrn der brodelnden Feuersbrünste.
´Der samt seiner wilden Horden hier oben ... Das walte Gott!`
In diesen Minuten des mehr als konzentrierten Überlegens dankte er sich selber ausgesprochen überschwänglich, dass damit ausschließlich ihm die uneingeschränkte Wahl der Strategie gegeben war. So fiel dann in Nullkommanix die entscheidende Entscheidung von höchster Wichtigkeit.
„Hier gelten meine Regeln und nach denen haste Dich zu richten. Ausnahmslos!“, richtete Gott sein gestrenges Wort an den Teufel.
´Na ja`, dachte der, ´ein paar Kompromisse werd` ich wohl eingehen müssen!`
Trotz dieser schlimm quälenden Erkenntnis brachte er ein angestrengtes dünnes Lächeln zustande. Es war Kompromiss Nummer Eins.
´Kann ich zur Abwechslung ja mal machen. Pausenlos nur die Zähne zu fletschen strapaziert den Kiefer.` ...
´Der ist tatsächlich guten Willens!`, konstatierte der Herrgott erschrocken.
„Es ist Dir hoffentlich klar, dass ich weder Schwefelgestank noch Fluchen dulden werde!“
´Ich hab es ja geahnt: Das wird äußerst ungemütlich!` - „Noch nicht einmal ein winziges ´Schei...?“, grummelte Luzifer.
„Ein einziges Mal nur und Ihr fliegt raus! - Außerdem werden Deine Teufelskinder gemeinsam mit den kleinen Engeln die Himmelsschule besuchen, den ganzen Tag lang Psalmen singen und Halleluja rufen.“
„Wiiee bitte?“, stotterte der Teufel.
Ihm wurde es extrem unbehaglich in der schwarzen Seele, denn er hatte seine ganze höllische Energie darauf verwendet, denen das sämtliche unterweltliche Sprachrepertoire einzuhämmern. Erst vor kurzem hatte er mehr als zufrieden festgestellt, dass seine lodernden Bemühungen tatsächlich gefruchtet hatten. Die Kleinen fluchten mittlerweile in den feinsten höllischen Tönen, so dass es sogar den hitzigsten seiner Unterteufel dabei beinahe zu heiß wurde.

Obwohl Heimlichkeiten jeglicher Art im Himmel ja mehr als verpönt waren, rieb sich der Herrgott im Anblick des geknickt dort stehenden Luzifers heimlich höchst vergnügt die Hände.
´Weiter soo!`, sagte er sich.
„Und die etwas Älteren werden Nikolaus` Rentiere versorgen und die Osterhasen füttern, anstatt sie zum Braten zu verarbeiten!“
„Neeinn, das kannste doch nicht wollen.!? Sie werden dann vielleicht noch zu Umweltschützern?!“
Dem Teufel grauste es bei diesem entsetzlichen Gedanken und vor lauter Gram ergrauten bereits die Spitzen seiner höllisch roten Teufelshörner. Leider warf er zufällig einen Blick in den über dem herrlichen Himmelsschreibtisch des Herrn schwebenden Spiegel und der Schrecken ob der leicht geweißten Hörnerspitzen saß tief.
´Um Höllenswillen!`
Noch bewies er immerhin die Kraft, nicht den himmlischen Gegenpol anzurufen.
„Und - meine Unterteufel ...?“
„Die polieren die Wolkenzimmer auf Hochglanzweiß und backen Manna.“
„Von wegen! Die proben garantiert ´nen Aufstand und wünschen mich zum Teufel!“, jammerte der Höllenfürst.

Hoch erfreut registrierte der himmlische Herrscher die Wirkung seiner göttlichen Worte. Luzifers teuflisches Fassung war eindeutig zum Teufel. Nur mit Mühe noch hielt er sich aufrecht. Nicht allein dessen Hörner waren ergraut, sondern auch die Fellspitzen dazwischen lichteten sich alarmierend fix.
„Und ich?“, stieß er hervor. „Was muss ich tun?“
Horrorideen wirbelten ihm im Kopf herum, die er lieber nicht zu Ende dachte.
„Für dich habe ich mir eine ganz besondere Freude ausgedacht!“
„Freeuude ... !??“
Er wagte es tatsächlich, die Worte des allerhöchsten Wesens des Universums stark anzuzweifeln, soweit er für solch eine konzentrierte Geistesleistung überhaupt noch imstande war. Zunehmend erschüttert stand er dort mit grauen Hörnern, grauen Fellspitzen und mittlerweile mehr als grauem Gesicht.
„Ja, du wirst heilige Aufträge erledigen, die der Ehre Gottes dienen!“, verkündete der Herrgott.
„Als da w..wären??“
Dem Teufel schwindelte es zusehends.
„Du wirst mein Messdiener sein und mir während der Andachten in der Himmelskapelle zur Hand gehen!“
Das war zuviel! Der Teufel wurde bleich wie der Tod, vergaß alle guten Vorsätze, erst recht den himmlischen Urlaub und entschwand mit einer grässlichen Schwefelstinksalve in die heimatlichen Gefilde.

„Den bin ich los!“, triumphierte der Herrscher des Himmels fröhlich.
Leider war in der nächsten Sekunde die göttliche Fröhlichkeit gleichfalls dahin. Dagegen rümpfte Gott die Nase und rang verzweifelt nach Luft.
„Petruus!“, rief er seinen obersten Diener zur Stelle.
„Ja, Herr?“, betrat dieser eilfertig das Büro und schnupperte dann ebenfalls:
„War etwa Luzifer ... ?“
„Reiß bloß alle Fenster auf!“, stöhnte der Herrgott. „Das ist ja nicht zum Aushalten, dieser Gestank

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Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (24.10.20)
Ich wusste ja schon immer, dass diese komische Redewendung folgendermaßen lautet: "Es stinkt im Himmel." 😂
Gegen Ende schwächelte ich ein wenig, der Text überstände einige Kürzungen gewiss unbeschadet und andere Leser würden es Dir gewiss danken.
Was zum Teufel hatte der eigentlich gegessen? 😈😈
Ciao, Frank

 tastifix meinte dazu am 24.10.20:
Hallo Frank!

Ich bedakne mich herzlich für Deinen ausführlichen Kommentar.
Vielleicht kürze ich den einen oder anderen Satz. aber mehr möchte ich den Text nicht verändern.

Also:Luzifer hatte bestimmt keinen Knoblauch gegessen, g. Vielleicht Unmengen von Zwiebeln oder so ... gg

Danke Dir auch für die Empfehlung dieser Geschichte, über die ich mich sehr freue.

Tschüss, Gaby
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