Maler und Oligarchen

Persiflage zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  uwesch

Dieser Text ist Teil der Serie  KUNSTWERK - SCHREIBWERK

Die acht Bildtafeln der Serie Grau formieren sich zu einem eindrücklichen Raum, stand in der Werbebroschüre zur Ausstellung. Wow, dachte ich, bezahlte 19 €, um diese Werke des berühmten modernen Künstlers zu sehen, und buchte dazu eine Führung für 6 €, denn ich wusste, dass sich moderne Kunstwerke nicht ohne weiteres jedem Betrachter erschließen.
Als ich den Saal 5 betrat, fühlte ich mich total verarscht. Die riesigen Leinwände, alle gleich groß, hatten ein langweiliges Grau und hingen über Eck im Raum – ich musste gähnen angesichts dieser nichtssagenden Farbverschwendung. Die Dame, so ein junges Ding, das sich als Kunststudentin mit Führungen ein wenig Geld verdiente, erläuterte die Werke.
„Der Künstler kam auf die Idee, alle Farben miteinander zu verbinden und so entstanden seine abstrakten Bilder. Diesen Prozess führte er schließlich so weit, dass aus dem Vermischen der Farben ein monochromes Grau hervorging.“
Auf meine Frage, warum der Maler die Farbe verschwenderisch zum Grau vermische, antwortete sie:

„Der Künstler hat mal gesagt, Grau sei doch auch eine Farbe. Die Verwendung der Farben sah er nicht in Ablehnung des künstlerischen Schaffens, sondern im Gegenteil als Experiment mit den sich durch das Grau eröffnenden möglichen Variationen und spezifischen Qualitäten. Das unscheinbare und nüchterne Grau weckt weder heftige Emotionen noch wird eine bestimmte Position bezogen – eine Qualität, die dem Künstler die Möglichkeit bot, Meinungslosigkeit, Aussageverweigerung und Gestaltlosigkeit, schlicht das Nichts zum Ausdruck zu bringen.“
Mir rutscht die heftige Emotion „Scheiße“ ungebremst aus dem Mund und alle Besucher schauen sich vorwurfsvoll nach mir um.
Mit dem Gefühl des Nichts im Gehirn verlasse ich wütend die Ausstellung und fordere mein Geld zurück. Das wird mir verweigert mit dem Argument, dass der Künstler zur Zeit der bestbezahlte und total IN ist.


Am nächsten Tag lese ich in der Zeitung, dass Preise für Kunstwerke überwiegend getrieben werden durch Oligarchen und andere Milliardäre, die Schwarzgeld waschen wollen und die Werke als Kapitalanlage bunkern. Das treibt die Preise in absurde Höhen. So werden auch graue Leinwände zum Zocker-Stoff.



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Kommentare zu diesem Text


 Regina (16.05.23, 16:42)
Da könnten wir doch glatt konkurrieren und mal endlich mit Kunst ein paar Kröten verdienen. Welche Farbe nehmen wir?

 uwesch meinte dazu am 16.05.23 um 16:58:
Ich würde vorschlagen <transparent>, also nichts Sichtbares.  :)
Das wäre der Minimalaufwand  :) und würde sicher für ein Heißlaufen der Presse :) sorgen.
LG Uwe

 ginTon (16.05.23, 17:56)
das bekannteste Werk dieser Art ist "Das schwarze Quadrat". dass eine homogene graue Fläche keine Aussage hat ist schlichtweg falsch. die Assoziationen können von Mond bis Gleichgewicht reichen. die Mischung aller Farben ergibt auch nicht Weiß, wie zunächst vermutet, sondern Grau. Newton führte dazu Experimente durch, z.B. den sogenannten Newton-Kreisel, der sollte eigentlich seine Theorie untermauern, dass das Mischen aller Farben Weiß ergibt. falsch, es entstand Grau. Warum? weil es einen Unterschied zwischen Licht- und Malfarben gibt. ich habe die Werke jetzt nicht gesehen, aber man sollte nicht immer vom eigenen Geschmack ausgehen, bei der Bildbetrachtung, denke ich mal...

 uwesch antwortete darauf am 17.05.23 um 20:55:
Es gibt von dem bekannten Maler Gerhard Richter u.a. das Werk "Seestück" von 1970 mit Grau in Grau und auch weitere graue Bilder. Man vermutet, dass der Maler sich gerade deshalb für Grau interessiert hat, weil es so verpönt ist. Es war für ihn eine wichtige Farbe, weil mit ihr sich Bilder malen ließen, die keine Meinung haben, ihre Aussage verweigern.

 Tula (16.05.23, 21:46)
Hallo Uwe
Ich empfehle Kishons 'Picasso war kein Scharlatan', der das Problem humoristisch verarbeitet hat. Ich denke auch an die Banane an der Wand, erst vor wenigen Wochen. Kunst ist eben nicht nur Kunst ...

LG
Tula

 uwesch schrieb daraufhin am 16.05.23 um 22:05:
Genau so ist es. Jeder versteht unter Kunst was Anderes bzw. mag ein Objekt oder nicht. ist halt oft sehr zwiespältig. Dank Dir für Kommi und Empfehlung. LG Uwe

 harzgebirgler (17.05.23, 10:25)
:) :) kunst ist spekulationsobjekt
wo viel profit längst drinnen steckt. :( lg vom harzer

 uwesch äußerte darauf am 17.05.23 um 13:16:
So ist es. Dank Dir für Deine Empfehlung. LG Uwe
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