REIMEREIEN ZUR SPRACHE (8)

Sonett zum Thema Gedanken

von  harzgebirgler






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Klosterkirche & Gut Grauhof



In lieblicher Bläue blühet mit dem metallenen Dache der Kirchthurm.“ (Hölderlin)


so schön kann das ja nur ein dichter sagen
der mehr zu sagen hat als unsereins
und dessen worte auch viel weiter tragen
als andere – ich kenn' da bislang keins --

ein kirchturmdach kann ich tagtäglich sehen
so blühend derzeit wie einst hölderlin
es lohnt sich durch die feldmark hier zu gehen
mit einem andren wort von ihm im sinn

worin es auch um schatten geht von bäumen
in dem ich hin zum gute gleichfalls geh'
und die den weg mit krausen kronen säumen

wie oft eine gutsherrliche allee -
vom messen spricht des dichters wort insgleichen
zu uns, dem für ihn deutungslosen zeichen:

„Süss ists, dann unter hohen Schatten von Bäumen
Und Hügeln zu wohnen sonnig, wo der Weg ist
Gepflastert zur Kirche. Reisenden aber, wem,
Aus Lebensliebe, messend immerhin,
Die Füsse gehorchen, blühn
Schöner die Wege, wo das Land“

(Hölderlin, Griechenland)


*


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"der wald steht schwarz und schweiget" -
sagt ja auch sonst nicht viel
was selbst wenn er's denn könnte
ihm schwerer als uns fiel'

ganz ohne mund und lippen
und zudem stimmbandlos
so kann kein sprechen klappen -
die hürden sind echt groß

es gibt zwar schul'n für bäume
doch sprechen lernt ein baum
samt lesen schreiben rechnen
dort jemals eher kaum...


*


das schönste mit am schreiben ist daß worte
wie beispielsweise „käsesahnetorte“
nun nicht nur plötzlich dasteh’n nein von wegen
sondern im nu meist appetit erregen

und’s wasser läuft dem leser schier im munde
zusammen wie beim knochen einem hunde
das gilt allerdings kaum für alle worte
zum beispiel wie „nahrung aus der retorte“...


*

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es geh'n bisweilen und das kann nicht schaden
zum glück mal menschen auf die barrikaden
denn anders nimmt sie macht ja eh kaum wahr
fühlt sich in ihr'n palästen wunderbar

schmeißt krumen bloß vom tisch mit warmen worten
und die kann man im märchenreich verorten
auf märchen aber stehen menschen nicht
die eh im leben leisten viel verzicht!”

sprach ed zu ben der pflichtete ihm bei
“es spielt auf der beschwichtigungsschalmei
zwar macht ganz virtuos und raffiniert
doch wehe wenn der kochtopf explodiert!”...


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*


"gleich dem zuckerguss auf torten
liegt auch unter manchen worten
erst der wahre kunstgenuss"
denkt ein stolzer negerkuss

...oh durchdring die schwarze hülle
denn darunter süß und weiß
berge ich die schiere fülle
beiß hinein in sie oh beiß...

prüfend liest du zwischen zeilen
die durch tausend wörtchen eilen
und vernimmst mit off'nem ohr
meist nur den gefang'nenchor

eingekerkert in die mauern
eines selbstverzückten kerns
siehst du ihn im finstern kauern
ohne funkeln eines sterns

manches eigenwill'ge leiden
spürt die haft wohl in der tat
frei mag herz im lichte weiden
weiß sich aber wenig rat

sucht den weg hinaus ins freie
gitter unsichtbar hält dicht
und die (bl)öden hilfeschreie
bringen nur die not ans licht...


*


So, so, sprach einst ein Richter,
ihr nennt euch also Dichter
und zählt zu jener Sorte,
deren verquaste Worte
den Sinn der Menschen trüben,
die sich im Dasein üben.
 
Was kann schon Dichtung bringen?!
Läßt Leben sie gelingen?!
Macht sie den Tod zunichte?!
Wenn ja, oh Dichter, dichte,
verleih’ uns ew’ges Leben,
nach dem wir alle streben.
 
Falls nicht, entsagt dem Dichten,
sonst muß ich streng euch richten,
denn Worte zu verschwenden,
die unser Los kaum wenden,
erfordert herbe Strafe
und ist nur was für Schafe.
 
Mäh, mäh, sagt da der Dichter,
ihr seid ein Schaf, Herr Richter!
Wohl leg’ ich alle Tage
mein Wort auf gold’ne Waage
und ist’s euch auch ein Dorn
im Aug’, mag’s doch ein Korn
 
in Menschenherzen sein,
dort aufgehn still und fein,
entfalten freud’ge Frucht,
die Licht im Dunkeln sucht,
die Leben hilft zu tragen,
zu deuten ohne Klagen...


*


an lyrik liegt gar nichts und nichts an gedichten
die unfähig sind jenen nebel zu lichten
der unsre bestimmung als menschen umgibt

zumal bei den meisten der ich-vogel piept
darum wird der nebel auch keineswegs lichter
nein schier undurchdringlich und immer nur dichter...


*


zum hochseefischer sprach der konditor:
„der backfisch kommt mir ziemlich spanisch vor!“
„da kam er auch her“
antwortete der
„erst gestern als au-pair aus cala d'or!“


„oh“ sprach der darauf „mir fehl'n die worte
einst stieß ich genau an diesem orte
- der urlaub war toll
und echt wonnevoll -
auf die wirklich hinreissendste torte!“


*


der dichter sitzt bei kerzenschein
am tisch und sucht nach worten
ihm fällt so gut wie gar nichts ein
doch dann auf einmal : TORTEN

von torten war er immer schon
ein fan auch ohne sahne
er schwamm mit einer mal synchron
ihr name war juliane

die hatte richtig glut im blut
und voll im hintern hummeln
an der konnt’ mann und das tat gut
echt affenscharf rumfummeln

für ehe war die nicht gemacht
für vielmännerei viel mehr
einer hat sie sich angelacht
ein alter millionär

der sie total auf händen trug
und machte was sie wollte
noch bis zum letzten atemzug
über den sie nicht grollte...


*

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jüngst kam mal in die bäckerei am stollen
ein kleiner frechdachs mit ganz wachem blick
die aushilfe aus omsk fragt „WAS DU WOLLEN?!“
da zuckt der steppke erst einmal zurück

ihm scheint der fragesatz nicht zu behagen
das wundert ja auch keinen der von hier
doch trotzdem hört man dann den lüttjen sagen:
„ich will fürn euro rumkugeln MIT dir!“

da fall’n die augen fast der thresentusse
weil sie kein spaß verstehen aus dem kopf
schnappt gleich mit rechts nach einem negerkusse

sowie mit links nach einem hefezopf
und schmeißt die teile wütend richtung bengel
der fängt die freut sich und sagt „TSCHÜS MEIN ENGEL!“...


*


goethe sprach zu eckermann
„!halt doch mal die fresse
weil es sonst geschehen kann
daß ich mich vergesse!“

ja und dann vergaß er fast
sich nein bloß die pflichten
als geheimer rat - das paßt,
denn ihm lag mehr dichten

und er schrieb prompt außer faust
ratzfatz noch DIE FÄUSTE -
eckermann hat’s so gegraust
daß der aff’ ihn läuste...


*


PHÄNOMENALE AUSDRUCKSKRAFT



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Er drückt sich wirklich glänzend aus
und zieht dabei die Stirne kraus,
der Goslarer Dukatenmann,
dem das gelingt, was keiner kann:
Sobald das Kerlchen sitzt und k....,
beschert ihm sein Verdauungstrakt
- welch eine Gnade der Natur,
sogar bei Diarrhöe und Ruhr -
durch peristaltisches Gezwänge
das reinste Gold in rauher Menge!
DIE Ausdruckskraft ist echt grandios -
sie bringt von ganz alleine “Moos“:
Man muß nicht reden, muß nicht dichten,
sondern die Notdurft nur verrichten
(natürlich abgeschirmt von Blicken,
die einem frech zu Leibe rücken)
und jeder Stuhlgang macht sogleich
dank SOLCHER Eloquenz steinreich!

Doch wie der Stoffwechsel das schafft,
ist letztlich mehr als rätselhaft.
Was steht bloß auf dem Speiseplan
vom Goslarer Dukatenmann,
der sicher auch etwas verzehrt,
denn er wirkt doch recht wohlgenährt,
wie er da - völlig unbekleidet -
auf der Konsole Münzen scheidet,
direkt am Marktplatz, Tag und Nacht,
und sich ´n Ast darüber lacht,
daß er aus Stein ist und nicht lebt,
weil man ihn sonst vom Sockel hebt
und zum Finanzminister bringt,
der ihn in Dauersitzung zwingt
- mit Hilfe starker Abführpillen -
auf einem Örtchen, einem stillen,
die Löcher, die im Haushalt klaffen,
per Durchfall aus der Welt zu schaffen!

Klar wär´ so was wie´n Wasserklo
in diesem Fall ein Risiko:
Wer da jetzt spült, hat selber Schuld -
das Motto lautet: Nur Geduld!
Der Wasserhahn wird zugedreht,
weil es auch ohne Spülung geht.
Wenn die Dukaten lockend blinken,
muß man dann nur mit ziemlich flinken
Fingern durch die Brille greifen
(kein Amtsinhaber würd´ da kneifen!),
um alle Goldstücke zu kriegen,
die auf dem Beckengrunde liegen.
Sind diese Schätze erst geborgen,
hat man in Zukunft kaum mehr Sorgen.
Doch das kann nur im Märchen sein,
denn das Dukatenmännchen ist aus Stein
und präsentiert sich weiter stumm
dem angereisten Publikum...

(2004)

******



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Kommentare zu diesem Text


 uwesch (23.11.23, 09:12)
"durch peristaltisches Gezwänge
das reinste Gold in rauher Menge!
"

WOW   LG Uwe

 harzgebirgler meinte dazu am 23.11.23 um 10:29:
yep, raffinierter euphemismus für einen eher unappetitlichen vorgang.  :D lg mit herzlichem dank vom harzer
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