bei gecken die sich selbst vergötzen hackt's weit mehr als bei hackeklötzen --- zum dichter sprach die dichtung: 'du, ich dichte...'

Sonett zum Thema Gedanken

von  harzgebirgler



2Q==


zum dichter sprach die dichtung: „du, ich dichte

mit sicherheit effektvoller als du
und mach' undichtigkeiten voll zunichte
denn das wo lücken klafften ist dann zu!“

„es könnte sein“ entgegnete der dichter
„dass auch gedichte schliessen was längst klafft
und was zu dichten niemalen ein schlichter
gummidichtungsring zum beispiel schafft!

beuys schuf ja einstmals 'ZEIGE DEINE WUNDE'
und diese schreit seit je doch nach verband
auf den sich allerdings noch bis zur stunde

kein kundiger des heilens groß verstand
drum ist der mensch bislang auch nicht genesen -
die wunde klafft nämlich in seinem wesen!“



https://de.wikipedia.org/wiki/Zeige_deine_Wunde



Die 'dichterischen' Motive sind dabei allerdings seit je sehr unterschiedlich. Oft geschieht’s aus "Spaß an der Freud", oft auch aus dem unwiderstehllchen Drang, sich eines thematisch Anliegenden, Lastenden zu entledigen, oft überdies aus verständlicher Eitelkeit & Darstellungssucht. Jene Not jedoch, die einen - in sozusagen geschicklicher Unausweichlichkeit - zu nichts anderem bestimmt als zum dichtenden Hervor-Rufen (Stiften=das Wesen der poiesis/Poesie) oder zumindest Wegbereiten ihrer Wende, ist ferne.

Welche Not wäre das? Allübergreifend einzig diejenige, in der das Wesen des Menschen selbst als Wahrer des Worts & Hüter des Seins auf dem Spiel steht & in Gefahr ist: "kein ding sei, wo das wort gebricht’/Stefan George. Allein dieser Wesensgefährdung wegen, die es erst einmal zu gewahren gilt, sind ‘Dichter in dürftiger Zeit" - deren Merkmal der "Fehl Gottes‘ (Göttliches nicht im christlichen Sinne!) ist - not-wendig & scheinen selbst solche ‘Leiden, die Ödipus getragen, als wie ein armer Mann klagt, daß ihm etwas fehle"/Hölderlin.


Der Raum des Gedichtes als Wort-Werk - das Element also, in dem es sich entfaltet & bewegt – ist die Sprache, die nur uns Menschen eignet und (Welt) entbergenden Charakter hat. (Der Mensch ist Lebewesen, das die Sprache hat "zoon iogon echon" & das Wort bringt zur Erscheinung "logos apophansis’/Aristoteles). Durch dieses Lebewesen selbst geht von Anfang an - “Schmerz versteinerte die Schwelle"/Trakl - ein merkwürdiger Riss, weswegen Nietzsche den Menschen später als "das noch nicht festgestellte Tier" denkt & damit auf seine Weise der traditionellen metaphysischen Definition des Menschen als "animal rationale" entspricht.


Der Riss verläuft sozusagen zwischen dem Zoologischen & Logischen, dem Animalischen & Rationalen, der Tierheit & Vernunft in uns. Er bildet allem Anschein nach den bislang unversöhnten Ur-Sprung & Zwischen-Raum unseres Daseins. Dieses harrt - still schreiend & einer offenen Wunde gleich - der Heilung. Hölderlin wusste davon: "es fehlen heilige Namen“, "wenn aber ein Gott erscheint...kömmt allerneuende Klarheit" - das heißt auch Feststellung und Versöhnung unseres wundgleich aufgerissenen & ver-rückten Sprach-Wesens. Eine Dichtung, die seine insgeheim unentwegt klaffenden Ränder ver-dichtend (an)einander näh(er)te, zusammenriefe ins einige Ganze, wäre wie göttliche Heilkunst & ihr Dichter ein begnadeter Wundarzt der Welt - „Ich trete vor Einem zurück, der noch nicht da ist, und beuge mich ein Jahrtausend ihm voraus vor seinem Geiste"/Kleist.



BEI GECKEN DIE SICH SELBST VERGÖTZEN

HACKT'S WEIT MEHR ALS BEI HACKEKLÖTZEN


denn


uns gebührt es, unter Gottes Gewittern,

Ihr Dichter! mit entblößtem Haupte zu stehen,

Des Vaters Strahl, ihn selbst, mit eigner Hand

Zu fassen und dem Volk ins Lied

Gehüllt die himmlische Gabe zu reichen.”


(Hölderlin, Wie wenn am Feiertage...)



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