Die Zeiten sind so, wie sie sind, doch ich möchte jetzt meine Hand zurück; ich will die Hoheit über meine rechte Hand; die hat sich verselbständigt und tut, was sie will. Die Wichserei die ganze Zeit, ich kann`s nicht mehr ertragen, überall die helle Soße meiner selbst und niemand wischt den Dreck mehr weg. Und immer dieses Fingerzeigen, dieses unheilschwangere Deuten und mit dem Finger drohen, dieses knochig rheumatische Schütteln und Verweisen auf Menschen, Tiere, Dinge und Himmel und Hölle – ist es nicht schrecklich. Und den Daumen hoch und den Daumen gesenkt (früher war`s wenigstens nur Daumenlutschen und Finger in den Po sowieso), und das mit dem Mittelfinger – was soll das?!
Dann dieses Ballen und Verkrampfen, diese Klaue, die sich formt wie von selbst zu Wut und Hass und entgrenzter Gewalt, dieses Fäusten und Rasen und Zuschlagen dann in Gesichter und Körper oder nur auf tote Gegenstände, auf Körper, die der geballten knöchernen Faust schon tot erscheinen mögen, bevor der Schlag sie fällt, schmerzhaft und entseelt und ohne Geist – aufhören soll das, aber sie tut, was sie will und ich, ich scheine keinen Einfluss auf die Hand zu haben, die die meine ist, an meinem Körper, an meiner rechten Seite, die ohne Bewusstsein für sich alleine spricht und schreit und schlägt und wütet in der Welt.
Und ist sie doch eine Gliedmaße nur an meinem Körper.
Das Schlimmste aber, und wieder scheine ich keinen Einfluss darauf zu haben, das Schlimmste ist dieses irrwitzige, dieses entfremdete Strecken und Zucken in die Höhe, wie eine erstarrte, glatte, fleischige Schaufel springt der ganze Arm mit der flachen Hand in die Höhe, reißt schier die Rechte in den leeren Raum und versteift sich entzückt, bis in die Fingerspitzen ganz gerade ausgereckt, blutabdrückend, und wie zum Gruße einem unsichtbaren Herrn entgegen. Dann ebbt der Krampf allmählich ab und der Arm senkt sich mit der Hand zum Körper zurück, um dort zu ruhen bis zur nächsten Spasmodie, die eintritt – ich weiß nicht wann.
Ich will meine rechte Hand zurück, ich kann es nicht mehr leiden, sie gehört doch zu mir und sie kann nicht machen, was sie will. Gib mir meine rechte Hand zurück, denn sie ist mein; oder, bei Gott, ich schneide sie ab.
© Rainer M. Scholz