Sich in den Haaren haben

Kurzgeschichte zum Thema Trennung

von  S4SCH4

Mit einer Gusspfanne schlug sie zu und traf eine Stelle zwischen Hinterkopf und Schläfe; es blutete aufgrund einer Abschürfung, es schwoll schnell und arg an und verklebte meine Haare ein wenig. Den Schlag hatte ich nicht kommen sehen, stand ich doch seitlich abgewandt zu ihr und mit einem eingeschränkten Blickwinkel, da meine Augen aufgrund des vorangegangenen Gelächters zusammengekniffen waren. Die Überraschung des wuchtigen Aufpralles gegen meinen Kopf, hatte mich, zu einem Rückzug in sichere Entfernung manövriert; vom Lachen keine Spur mehr, nicht einmal ein Lächeln.   
M., meine Freundin, weinte aufgebracht, fuchtelte mit ihren Händen herum und meinte, ich hätte es nur verdient. Mich so über sie lustig zu machen, dass gehöre sich für einen Mann nicht, und erst recht nicht, wenn er ein Angetrauter sei. M. hatte balkanesisches Temperament, ja, doch mir literaly eine überzubraten, derart heftig und überraschend, das überraschte mich außerdem. Der Ursprung der Auseinandersetzung lag in dem Umstand, dass sich in ihren Haaren Speisereste verfangen hatten. Irgendwie hatte es M. beim Kochen des Abendessens so angestellt, dass die Zutaten, in Teilen, in ihren Haaren landeten statt in den Töpfen. Wie, konnte ich nur erahnen. Das ließ mich dann anfangen zu lachen. Erst ein wenig und dann immer heftiger.         
Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, starrten wir uns an. Die Dunstabzugshaube lief, die Sauce köchelte, ansonsten Ruhe. Die Reste in ihren Haaren waren nicht mehr lustig, der Kopftreffer mit der Pfanne tat weniger weh. Wie Boxkämpfer standen wie jeweils in einer Ecke des Raumes, unsere Blicke kreuzten sich, sie verloren einander und kamen irgendwann wieder zueinander. Das ging eine ganze Weile so. Ohne Worte. Ohne Lachen. Ohne Weinen. Nur Blicke. Dabei waren es keine Aussichten die beutemachen wollten im Sinne des Erklärens von Vorwürfen oder derlei, keine Blicke die sich entschuldigten oder ähnliches, sondern es war kaltgewordenes Dreinschauen. Wenn es Beute gab, dann lag sie in und um, ihren und meinen Haaren. Verfänglich. Niedergestreckt. Erlegt. Fünf Minuten vergingen. Zehn Minuten vergingen. Langsam fing es an angebrannt zu riechen, doch niemand rührte sich. Nach einer Viertelstunde musste ich auf die Toilette. Ich stand also auf und ging nach nebenan. Als ich wiederkam war M. weg. Ich sah sie nie wieder.    
Im Nachhinein fragte ich mich öfters noch, wer die Auseinandersetzung, also im übertragenen Sinne "den Boxkampf" wohl gewonnen hätte. Aber sich tatsächlich "in den Haaren haben" zählt da wohl nicht.




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