Augenblicke

Short Story zum Thema Augenblick

von  Martina

Ann-Kathrin klopfte sich energisch den Sand von der Hose. Sie war so tief in Gedanken versunken, dass sie überhaupt nicht mitbekam, wie schnell die Zeit verrann. Fast wie der Sand zwischen ihren gepflegten Händen. Viele Stunden hatte sie hier in den Dünen verbracht, schlafend, träumend, hier auf Zandvoort. Solange sie denken konnte, verbrachte sie immer ein paar Urlaubstage an dessen herrlichen Strand.
Es war ein dünn besiedelter, ebenerdiger und windreicher Küstenort gewesen, mit dem rauen Klima der Nordsee im Gesicht und den windstillen, weiten Ebenen ostwärts, die nach Haarlem und Amsterdam führten. Sie liebte diesen schönen Ort. Ganz genau konnte sie sich daran erinnern, wie sie das erste mal hierher kam. Damals war sie noch ein fröhliches, aufgewecktes Mädchen. Hier am Meer schien der Wind immer mit ihren langen, braunen Haaren zu spielen. Er blies es ihr aus dem Gesicht oder in die Augen, ganz wie es kam. Oft lief sie barfüßig durch den Sand. Nur zu gern sah sie den schäumenden Wellen zu, die tosend übereinander klatschten und dann landeinwärts spülten, wo sie kraftlos den Boden glätteten.
Unbeschwert war diese Kinderzeit gewesen. So einfach, so leicht, so, wie sie machmal stundenlang mit ihrem Vater zusammen in den Dünen lag und in den mit weißen Wolken befleckten Himmel sah. Ann-Kathrins Vater zeigte ihr vor scheinbar unendlich langer Zeit diesen Ort, der ihm selbst so viel bedeutete. Seitdem kam sie immer wieder hierher, vornehmlich dann, wenn ihr das Leben mal wieder einen Streich zu spielen schien. Immer dann, wenn das Chaos sich in ihrer Nähe breit machte. Das war genau der Moment, in der es sie hierher trieb. Hier fühlte Ann-Kathrin sich wieder geborgen, geliebt, wie in Mutters Schoß, oder an Vaters Hand.
Dieses Mal gab es wieder einen Grund, warum sie schnellstens hierhin wollte. Die Liebe spielte ein seltsames Spiel mit ihr. Gerade hatte sie geglaubt, den richtigen Mann fürs Leben gefunden zu haben. Alles schien so perfekt zu sein. Sie war doch glücklich, oder nicht? Und dann, als wollte ihr das Schicksal einen Streich spielen, verliebte sie sich in einen anderen. Einfach so, ohne Vorwarnung. Das war doch nicht gerecht! Und das alles nur, weil sie ihm einen Moment zu lange in diese schönen blauen Augen gesehen hatte, weil er ihr einen Moment zu lange zulächelte. Sie konnte und wollte es einfach nicht begreifen, dass diese kleinen Augenblicke ihr Leben so aus der Bahn werfen konnten. Ann-Kathrin nahm ihre Schuhe in die Hand, und schlenderte durch den warmen Sand Richtung Meer. Sie wusste, das Leben würde noch mehr solcher kleinen Augenblicke für sie bereithalten. Augenblicke, die ihr Leben auf den Kopf stellen würden, Augenblicke, in denen sie lieben und auch hassen würde. Aber sie war bereit, sie würde diese Momente annehmen und das Beste daraus machen. Denn diese Augenblicke besaßen große Magie, große Kräfte, und sie machten das Leben erst aufregend und lebenswert.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

Sir-Giant (30)
(17.03.06)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Martina meinte dazu am 17.03.06:
im moment ergießt sich nicht so viel...griins..lg tina
lunaris von aquanta (23)
(17.05.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Martina antwortete darauf am 17.05.09:
Hab gar nicht mehr damit gerechnetk, dass dieses alte Stück noch gelesen wird...dafür habe ICH zu danken. HG Tina.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram