Unmusikalisch

Text zum Thema Musik

von  Omnahmashivaya

Ela liebte die Musik. Schon von Kindesbein an. Sie kannte alle Kinderlieder auswendig, freute sich auf die Kindermesse, weil sie wieder singen durfte und beim spielen und puzzeln liefen immer Lieder.
So war das auch später. Das erste was morgens angemacht wurde, war der Kassettenrekorder und sie schlief mit dem Walkman ein. Das Radio im Auto musste immer angemacht werden und ihr Vater bekam so dann und wann die Krise, weil immer Musik an war. Einmal hat er deswegen auch in England einen kleinen Unfall gebaut. Von da an war dann die Musik so dann und wann im Auto aus, wenn er sich konzentrieren musste.
Eine Orgel stand in der Wohnung, wo sie lebte. Später auch ein Klavier. Unterricht nahm sie nie. Sie spielte das nach, was sie hörte. So gut es ging. Weihnachten spielte sie dann abgehakt irgendwelche Lieder und die Familie freute sich. Sie hat sich immer gewünscht selbst Musik machen zu können und zu singen, doch das Meiste endete kläglich. Blockflöte war das Einzige, was gefördert wurde. Eine Mutter ihrer Grundschulkolleginnen hatte sich bereit erklärt, Blockflötenunterricht zu geben. Ihr Lieblingslied war der kleine Japaner, welches sie heute noch auf ihrer Blockflöte spielen kann. Sie spielte es im Treppenhaus, im Badezimmer, überall. Nur im Auto durfte sie nicht spielen. Ihre Mutter sagte ihr, es sei schon einmal vorgekommen, dass bei einer Vollbremsung Flöten den Hals durchstoßen hätten. Dabei war da sicherlich eine Ausrede, denn ihre Tochter konnte einfach nicht spielen. Und natürlich erst recht nicht im Auto. Der Blockflötenunterricht scheiterte auch kläglich, weil die anderen Mitschülerinnen die Lust verloren. Ela wusste gar nicht, wie ihr geschah. Um ihre Tränen zu verbergen, dass nun Alles vorbei war, kroch sie unter dem Tisch, mit dem Vorwand sie müsse sich den Schuh zu machen.
Jahre vergingen. Immer noch fing der Tag mit Musik an und hörte mit dieser auf.
Wenn sie raus ging, war Musik ihr Lebenselexier. Wenn sie im Auto fuhr, war es Freiheit pur, wenn sie die Boxen aufdrehte. Auf den Partys schloss sie die Augen und tanzte, tanzte, tanzte. Wurde eins mit der Musik, verschmolz mit ihr, tanzte sich in Trance, freue sich über jedes Lied, welches ihr gefiel. Schon beim ersten Ton fing sie an zu hüpfen.
Zwischendurch fing sie an Gitarre zu spielen. Das klappte sogar einigermaßen.
Das Klavier in der Kneipe, in der sie arbeitete, wurde auch so dann und wann in Beschlag genommen. Aber es war nichts Halbes und nichts Ganzes. Karaokeversuche im Suff verbrachten ihr selbst zwar leuchtende Augen, aber auch jede Menge Gelächter. Die Kirchenchorübungen brachten auch nichts. Sie saß schon nach 2 Wochen bei den Altstimmen. und brummte sich Einen zu recht. Sie war und blieb unmusikalisch.
Wenn ihr Freund ihr auf seinem Bass vorspielte, war sie zu Tränen gerührt, denn es klang so schön und sie wollte es auch können.
Stolz war sie, als ihr ein Trommelwochenendseminar recht gut gelang. Allerdings verlief der letzte Tag recht schlecht, da sie die Nacht durchgemacht hatte, mit einem Mitstudenten, einer Flasche selbstgebrautem Wermutschnaps und einer Badewanne.
Sie konnte sich nicht konzentrieren, kam immer wieder aus dem Rhythmus, verfehlte jeden Ton und war froh, als sie nach Hause ins Bett fallen konnten und alle Glocken sie in den tiefen Schlaf läuteten.
Das Didgeridoo, aus dem sie gerade noch den Grundton raus bekam, der sich wie ein schnaubender Gaul anhörte, stand in der Ecke und verstaubte neben der verstimmten Ukulele, der zerbrochenen Panflöte, der krummen Kalimba und dem Xylophon, bei dem das 8. Hölzchen dumpf klang. Es war hoffnungslos.
Am Schlimmsten war die bittere Erfahrung, dass sie sich stets in Musiker verliebte. Ob Bassist, Gitarist, Schlagzeuger oder Nasenflötenspieler. Jedes Mal wenn der letzte Liebesklang mit diesem Menschen verstummte, tat es ihr weh, wenn sie Musik hörte. Jeder Ton, jeder Anschlag auf der Gitarre, jeder Trommelschlag war wie ein stechender Schmerz.
Dann setzte sie sich traurig mit ihrer Maultrommel auf ein Garagendach und spielte all die Lieder, die sie mit den anderen Instrumenten niemals spielen konnte.

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Kommentare zu diesem Text


 NormanM. (28.07.09)
Also ich glaube nicht, dass sie unmusikalisch ist, sie traut sich nur selbst zuu wenig zu.
AngelaChristian (31) meinte dazu am 11.01.10:
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