Der proleptische Isaak

Text

von  Akzidenz

Sonneries de la Rose + Croix[/i];
soviel Ich weiß, sind diese Partituren wie die Verklanglichungen
der Reliefs, ferner bloß die Kupferstiche eines nur einzigen Gedanken.
Sie sind jedenfalls und überhaupt zum Denken erst gemacht,
und es ist eine Psyche in ihnen, die sich auf jedes Herz versteht . .

-

Nichts Vornehmlicheres naht meiner Kindheit eher
zur Natur des Menschen, als das Fieber und die Nächte,
denen Ich ihrer unterlegen; elende Stunden lag Ich geweckt in den Decken,
nebst Figuren aus Eis. Aus den Decken geweckt, gehorsam, ein Stößel, berceuses, und den Abendlieder horchend, und die Zuflucht in den Knochen suchend, und seine Beinchen in die Pritsche reibend, war nichts eher der pýrexis
näher, als die Nächte, die Ich sah.

Heute noch, nach langen etiolierten Jahren,
weiß Ich von den Greultaten, die mir im Traume widerfuhren,
ein wenig frommer zu erzählen und ihnen gut Mime anzudichten;
wie etwas, dessen sich ein Mann der Psychologie oneirologischer
Expertisen zu dünken vermisst. So viel besser staucht der Fabel
Faunen und Gedenken mir schon hinterwärts im Rücken. Und gut
und gerne wüsste Ich mehr davon nach all den Jahren, im Laufe
derer sie verschwunden sind, oder dass es jäh ein Solstitium gewesen
sei, kraft dessen sie sich nun zum Mond oder zur Venus verkrochen hätten,
um je wieder im Winter aufzutauchen, ohne die ratlose Einfalt eines jungenhaften Mannes zu beleidigen. Weniger ratlos als weltfremd
ist das Kind ein Stollen des Unterganges, und es besitzt ein Amt
zum Denken, wie viel unmöglicher und esoterischer die Welt,
dies Selbstbewegte sich verhält. Denn die höhere Kunst, zu fürchten
wurde mir der Jahre tiefer und weltseliger, nahbarer versprochen.

Es war ein Dieb in meinem Traum:
als er verdarb, da hatte Ich nichts mehr.
Es waren die Wälder von den Hecken.

-

Wenn wir nur voller Klarsicht
auf die Berge und das Hochland träten
fiel uns alles wieder in den Sinn . .

Ich sagte einem Wandersfreund,
man müsse sie artesisch lieben,
wie die Kindheit, diese Berge,
und ganz die Vorstellung, die uns da bleibt . .

Überwachsen sind wir all den Freuden, Brunnen oder Wasserfällen,
von stellenhaften Welten und zwischen zwei, drei Fuß gelegen, die Apocrita
und die Burgen, und das rebushafte Netz der Spinne, für das sich unsere Augen nicht mehr eignen. So entlohnen und überblicken wir die Wasserträger und ihr Amt, das uns zu Füßen steht von oben, von oben auf das Spielsein Gottes . .

Sehe Ich Dich nicht, wie Ich wundernehmend den Berg bechaue,
so behändigst Du des Raubes für ihn, und stellst Türme und Gewitter
vor der Melpomene Hochland . .

Und dann denke Ich mich in die tiefen Scheiden und die Blätter,
in den Steinbruch der Harpyienadler, das Astwerk aller Seekiefern;
jenes Ortsbewusstsein von den Stämmen, von denen wir uns gewiss schätzen,
es hätte nie ein Mensch in ihnen zu leben bewältigt; und in welches Tannicht hättest Du jemals Dein Gebein gesteckt? War es nicht, was Ich Dir sage,
ein ganz und gar undenkbar. Unbetreten diese Stellen, und dass sie ausgezeichnet seien. Was überblickst Du sie dafür von vielen, die Du so wenig kennst wie Deine Väter, und dass sie Dir alles Mensch vererben, zu all den alten Sülzen, von denen Du Deine Wahrheit kaust. In Wahrheit, bist Du Feinschmecker . .

Denn über den Zinnen, die das Hochland Joch um Joch bezirzen erdenken wir uns ersterhand alle ihre hohen Punkte, das Punktum über Land und Sitte, machtvolle Herrscher, Rotten und den Flieder, und dann dünken wir uns machtvoller! Und davon hält uns nichts zu  ihrer Stelle, der unteren, von der wir kommen. Kostgänger, all die Ich meine, Philippika, mit der Ich hetze,
und dass Du mir die Wahrheit kennst, die sich nicht selbst geboren hat . .

Anderwärts die Metaskomien - denn da wohnt Gott!
Im höchsten Tale und belächelt und beschaukelt uns
mit aller seiner nächsten Ferne. .

Bin Ich nicht glaubwürdig?
Was glauben wir uns stattdessen,
wie die Kinder und den Ruhestand,
und die Ewigkeit, den Nihilisten . . 

Der Filius ward uns bald entraten,
und all die Ecken, die er je liebgewonnen,
im großelterlichen Garten, wo der Kürbis prosperierte,
dann und wann, sie sind alle gegangen?

Wo sind nun diejenigen Werte?
Oder verwachsen mit den frischeren Wurzeln und den Strängen,
unter denen noch ein fremdes Spiel verborgen . .

Vergrub mein Holzklötzchen in einst darin,
und die Nachbarn die Narzissen drüber . .

Wir schielen die Berge in die Tiefe, Nestor!
Denn eigentlich sind sie nichts als hoch.

Ich denke mir den Rest der Welt:
doch das verunstaltet Text und Gehör!

Welchen Vorrat hat es damit,
die freudetrunkene Musik lauter
als die klagende zu spielen?

Ich erzählte, wie Ich mich entsann:
Lauter sind wir heute immer als zuvor gewesen,
hochgelahrt und gut versprochen Gründe oder jähe Gurgler,
und grellend wichtig, weißt Du das?
Und klagend rührt sich all der Ontik in den Schwächen aller rosa Haut,
um die Mädchen, die Du bald begehrst; und man stellt fest in jähen Stunden, dass die natürlichen Neigungen Deiner Kindheit heutzutage die Gefahr
von Eigenarten mit sich bringen, die den alten Jungen aus Dir vermacht,
der der Jüngeren Maßlosigkeit neidet.

Der Keller ließ die Schatten rächen,
das Dämmerlicht war Dir ein Rätsel;
darob, unter den alten Fichten,
war das Halbdunkel ein schwarzer Kern
im Sommerofen, als Du Kind warst,
und die Partikel von den Wiesen,
die mit Sonnenstrahlen irisierten,
ihre Nasenlöcher waren's.

Zu gut kannte Ich die Westpforten,
die Jäger und Gejagten in ihnen,
die Verfolger und die Dissidenten,
aber nichts davon ist mir als mehr gedeihet,
denn etwas Unbenennbarem.

Und wenn Ich heute Dir vom Berg erzähle,
dann meine Ich eines vom Ingenium,
der vorstellerischen Kraft, derer
sich baldig hat sehr belehrt gefühlt, 
alles, was einst ohne die Notwendigkeit war.
Man muss erwachsen geworden sein,
um sich noch kindlich vor der Welt zu fürchten.

Die Schwierigkeit der Psychogenese, die, wenn nicht gar sie einer aberkennt -
denn wie Ich glaube, dass jeder Mensch könnt von ihr sudern, sein Gewicht nach den Gezeiten anlegt, und ob es sich verlohnt, notwendig ist, sie anzusehen -
liegt in den tausend Stimmen in Dir, und in der Zunge, die sich nicht verdeutschen mag. In jeder Hinsicht ist die Musik dasselbe. Gleichwie fragen wir uns in die Lithosphäre Ungeheuer und Bekannte, das Bergmassiv und seltene Öfen oder Tiefen, Hexensabbat, Hexenhäuser und Verbrennendes, wofern wir wissen, das ist Erzählung, das ist Musik.

Und am Loch Lomond bist Du nie gewesen . .
Fremdling! Wanderer - und immer Fremdling!

Wie viel glaubhafter bekomme Ich Dir,
sagte Ich Dir vom höchsten Punkte auf diesem Berge,
dessen wir uns machtvoll dünken, über alles untere,
Enzyklika und Prosa vor?

Verhörtest nicht, ob tief, ob nah, weitab,
weit oben, Du, wer mir im Rücken stünde,
und dass man höher stehen könnte
über alles, was uns vorgelegt?

Hexenkinder und Begleiter?
Geiferer? Verflüsterte oder Böoten?
Bis Du Dich alsgleich selbst entdeckest?
- und was davon von Früher ist,
und wenn nicht gar, von Morgen stirbt.

Weil Du die Freundschaften vergammeln ließest?
Verstarb der Mutter Reumut Dir? und mutterschößliche Natur?
Wilde Hecken, feine Glieder, der Heuschrecke tiefster Duft?
Und die attischen, die stellenhaften Abenteuer von den Größen
und den Hecken? Fremde kommen Dir Quellen eher zum Faulen
denn zum Sosein zu, und dass sie ihre Rechte haben,
und ungestörtes Sein, deren Seelenruhe uns unerträglich . .

Wie kann es denn - versprach Ich ihm - zu etwas kommen, was nie entwichen?

Von diesem Wandersfreund erfuhr Ich früh und hielt viel drauf, als er mir schrieb. Die Begegnung mit dem talentierten Kind.

Vegreise Ich am jähen Tage,
werde Ich beteuern gehen,
bei den kastalischen Bäumen und weißen Steinen.
Und um Gnade werde Ich bei Gott bitten, zum Circinus jenes Heues
und den größmäuligen Fohlen, und die Freundschaft mit dem Tier,
die Ich mir siebenjährig eingetäuscht, und dass Ich ihm sehr sauer war,
als es mich beleidigt hat. Vater wusste jedenfalls einen anderen Grund,
dies Vieh zu töten. Und zu den Reden dieses Hundes fällt mir das Pferdchen wieder ein; ein ephebischer Geselle, dem Ich irdische Eitelkeit versinne.
Bestürzender das Blut der Lanze, und die irdische Scheusal den viel
zu schönen, hellenischen Sagen.
Dass Ich Dich hörte, als Du lauschtest, und Ich laut war, als Du still,
vom höchsten Punkt in einst. Und die Ohren sich verwundet fühlten,
und die Augen sich verdreht, vom höchsten Punkt in einst, da bin
Ich zu den Quellen gegangen ohne Dich, und zu den Freundschaften
und zu den Rehen, und zu dem Hirsch im Unterholz . .

Ich kenne einen Mann, der virilste, der den Schoß, die weichen Stellen der Mutter abstößt: einen härteren hatte er getroffen, der roher und gewaltvoller tat, als alles Mörderische dieser Welt. Zwischen den Gesprächen, die man sich in den Tavernen ruft, gerade, wenn der Winter kalt macht, war das ihrige das brüchigste. Um all die Nücken zu vollführen, für die ein Mann Jahrzehnte probt, um unter den anderen nicht aufzufallen, tut sich einer weichherzig und empört die ganze Anwartschaft. Irgendwie liegt Reumut darin. Und ein völlig falsches Leben. Doch solange beide Menschen lebten,  hätte es nicht gefährlich werden können.
Harthörig beweint der eine immer noch die schöne Thekenfrau von Dirne, und der erste würd zu Grunde gehen, am Fluss, am Schachen, bei den Fällen. Letztere verschlang den Samen. Und irgendwie, da hoffe Ich einsam ihn zu wissen, und gelangweilt über Buridans Esel, und ratlos über seinen Kopf,
dass er das Leben nicht mehr von vorne kennenlernen würde, und wie erschüttert er doch war, aus meinem eigenen Blut zu lesen.

Ein Bedarf von Wörtern, wie von jenen, denen wir zuhinterst beinehmen, sie würden allenfalls die Wahrheit nennen, und die Wahrheit nur von uns, sind all die Phraseolexeme und vielerlei Verwechselbares, das sich selbiges, die Redeweise hat angewöhnt. Und nicht unziemlich davon steht gar nichts außer der Gewohnheit als dem Gewöhntsein durch uns selber; und dass wir ihm nie neu zuhören. Es ist nur die Instantia jener ausreichenden Erkennbarkeit, jenes regelrechten Turnus darin, wovon wir Schweres oder gar nichts meinen, und wovon sie überhaupt was lernen. Drum scheint mir aber auch das Urgestein und die Erinnerung von allem, wovon sie Schweres oder gar nichts meinen, in den neunen Worten eines kühnen Fremden mehr zu wundern als zu mindern in den Stadtgesprächen. Und es ist Drangsal darin, wie eine Photographie vom hohen Berg, nach dem Ich sehne.

Nicht ein wenig mehr als mein mutterschößlicher Gram ist es gewesen,
der meine Mitwelt allmählich hat endgültig von der eigenen Ichheit sezerniert. Eben ist dies die Subsistenz, die Ich in allen anderen Menschen warne und verhoffe.

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