Apotropaion

Text

von  Akzidenz

[..] Und in der Krone des Aztekenbaumes
picken die Raben das Birnenfleisch ab;
zu diesem Orte will Ich gehen . .

Ich weiß nicht so recht, worauf sich die Entbehrlichkeit des blinden Eiferers gründet; will er ein Namenloses, ein Anonymes ansich haben, so würde ihn die Knechtschaft heimsuchen; nichts ist namenloser als das Unauffindbare, das vor einem steht, niederkniet, zu Füßen fällt - und umgekehrt. Es gibt keinen derberen Ärger als die Verhaltenheit meiner Bediensteten, kein Menschenkenner, kein schwierigeres ungewiss über die röchelnden Kiefer, die halbtaube Hand, die klanglosen Augen, denn non liquet, sie sind entblößt. Und wer entblößt ist, kann sich nicht entschleiern.

Ich warte auf den Geruch, auf ein Muttermahl der Kore. Wenn Ich tief in ihre Hände sehe, ist das ihre Öffnung . . . gehüllt in die Mandorla, in die Mutter, in Jakutien, Stammesweib, die Farce meisterlicher Kindesnässe - eine Vorliebe der Mythographen: sie entmannen die Herrscher und verschonen die Götter. Könnten sich mir doch die Legenden vom tiefen Schwarz verschmerzen, all die anderen Gebärden, welchen sich nur jemand, der eine Scham hat, zu unterwerfen abgenötigt fühlt, sie würden verschwinden: Scham haben alle die, die Namen tragen: und Ich will mir nichts verdeutschen lassen! Seht mich nicht an wie den herrenlosen Herostraten! Ich war nie Verbrecher genug, mir Menschen zu halten. Und wahrlich, Ich sagte euch nie: ihr seid gar nicht ohne Namen, sondern von Haus aus ohne Demut. Und wollt ihr Pathos huldigen, dann huldigt das Pathos nur die Gedichte und güldene Hände, die nie an Schriften ermängeln, die nicht mit Herzblut daran leiden würden! Und wollt ihr Ungesagtes sagen, so kommt es euch zupaß, zu flüstern - ihr wisst nicht, wie der Wald mir flüstert, und er sagt alles; denn alles von Früher ist noch immer im Walde. Und wenn ihr verflüstert an die Bäume tretet, rate Ich euch, auch die Rinde zu berühren!

Ich kann keinen Schritt meiner Domestiken mehr vertragen; wenn Ich einen Fuß verlöre, so gäben sie mir einen der ihren: diese Katzenpfoten können schleichen, aber Schleichen, das heißt still sein wie Gott, und wie Gotteskinder kommen sie, dass Ich neidisch auf die Engel werde, von hinten an meinen Thron geschlichen und insinuieren sich über die Lehne.

Ich habe sie aufs Feld geschickt, um zu wissen, was man damit anstellt.
Die Wahrheit ihrer Provenienz, die Wahrheit ihrer Hände zu erkunden;
ein kleines Fünkchen ihrer Wahrheit, eine Apparenz, eine Offenlegung all  dessen, worauf Ich mühelos zur Rachsucht fand; Ich suche einen Menschen, eine Gebärde, ein Fingerzeig. Durch meine Lorgnette, droben auf dem Dolmen Vaters: Ihr Körper ist ganz Bein, Ich Schatten ganz Spiegel, ihre Scheide, ihre Erde, dort will Ich den Schatz vergraben, den Ich mir geleistet habe.

Ich weiß nicht annähernd genug vom wahren Krieg dieses Mileus (biologique).
Der wahre Krieg ist die objektive Erinnerung an den Krieg; die wahren Augen keine Träne, nein, kein Kullern, kein Lechzen nach dem Innern, das wahre Auge ist die Emergenz des Dschungels, jener Nabel, jene Pfeilspitze seines diaphanen Hintergrunds, jenes auf mich richten aus dem Dickicht, die Strenge, und er stand ganz still.

Einer hat sich totgeschuftet.
Seine Augen waren Dschungel.
Ich kondolierte dieses Unglück mit allseits anerkannter Milde. Am Abend des Konviviums, das Ich zu Ehren jenes Feldarbeiters abhalten ließ, der er da elend dahingerafft, erbrach seichtes Geheule am Nebentisch. Meine Rebe, o, mein Glück! Dionysos!

Jener Hammerhai in den Untiefen ihres alten Archipels - auf ihm habe Ich Grund gefunden; die Anrainer überwachen sich und lauschen beharrlich in die Tiefen ihres schauerhaften Meeres. Vielleicht Sirene, vielleicht Boje. Ein Kind ging drauf.

Ein Fatum, eine Notiz, eine Seele, ein Abgrund, über den gesprochen wurde, nur um die behäbige Schwere ihres Innern zu verscheuchen, und sie mit Stimmen zu überborden, für die weder sie, noch ihr Hammerhai geschaffen waren!
Entseelt gingen sie in ihr eignes Netz, das sie zur Heiterkeit gezwungen hatte, eingedenk der gellen Kinder, die Sie des Opferfalls beredt gefunden, nunmehr, um zu verhindern, was das Benthal ihnen nach oben sandt; keine Gestalt rubinroter Asche, kein Basilisk, kein Mantikor, keine transopake Haut aus den lichtlosen Schluchten, nurmehr meine Sülze, nurmehr auch mein Zahn.

Der rezente Gestank der Leber stieg mir in die Ohren;
und Ich fühlte den Muskel und Ich fühlte das Herz des Hahnes und der Assel im Gelenke jenes Fußes, der mich rechtsbeinhüpfend in die jalousierte Höhle bugsierte,
weil sich fromme Götzen meiner mächtig machten.
(Vom Begriffe des Dieners)

-

Ein Analogon auf die unzüchtigste aller Prolepsis gibt uns die hellenische Sagengestalt Priapos wieder: denn er war Gutsprecher reiflicher Ernten, Gott der Fruchtbarkeit und Hüter des Viehs. Und alsweil sein Phallus nie erlahmte, entbot er Samen dem Lande  und Erträgnis den bukolischen Hirten, die sich am Honig ihrer Imkereien labten; denn dieser Gott ist gut, da sein Vater der Dionysos heißt. Und gut ist die Freude und gut ist die Faser der göttlichen Wolle, dem hedonischen Weiß, dem Ziegenpentakel und das Opfer der Riten; gut ist die Freud, und rächend das Glied an dieser Freud des ewigen Mannes, ewige Wiederkehr und ewige Spross, die Hüter der Ziegen, die demetetrische Gierd, und die Hochzeiten Sodoms.

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Kommentare zu diesem Text

schronzdorf (27)
(25.11.11)
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 Akzidenz meinte dazu am 25.11.11:
Vielen Dank für diesen tiefgehenderen Kommentar!

Ich kann mitunter beipflichten,
ja, sogar zu Herzen nehmen . .

Über diesen schroffen Archaismus, Barbarismus,
wie auch immer Leser meine Unflat nennen,
ist mir viel Krittelei beigebracht worden:
manche Eitelkeit kompliziert mich nur.

Mir ist bewusst, dass diese Text - manche -
reichlich formlos, täppisch, wenn nicht gar großtümlich wirken;
Ich werde sie bei Zeiten einer Konjektur unterziehen, sofern sie
dann nicht entseelter wirken.
schronzdorf (27) antwortete darauf am 25.11.11:
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KingCrimson (37)
(25.11.11)
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schronzdorf (27) schrieb daraufhin am 25.11.11:
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KingCrimson (37) äußerte darauf am 25.11.11:
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