Epochentypische Gedichte. Symbolismus. Rainer Maria Rilke: Der Panther
Interpretation zum Thema Gefangen
von EkkehartMittelberg
Anmerkung von EkkehartMittelberg:
*Ich danke ParkfüralteProfs, der mir Mut machte (siehe Thread), über den engen Rahmen des Dinggedichts hinausgehend diesen Bezug zum Menschen herzustellen.
Kommentare zu diesem Text
Eine lehrreiche Abhandlung, die mir selbst nach Mitternacht mein Literatur Wissen aufgefrischt hat.
Vielen Dank und saludos
Jorge
Vielen Dank und saludos
Jorge
Merci, Jorge, gib es doch zu, Mitternachtsspitzen wären dir noch lieber gewesen. ))
Liebe Grüße
Ekki
Liebe Grüße
Ekki
Um diese Zeit sage ich nichts ohne meinen Anwalt
chichi† (80) schrieb daraufhin am 23.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
@ Jorge und chichi: Ihr habt ja Recht. Ich brauche den Anwalt immer früh morgens.
LG
Ekki
LG
Ekki
Der Autor Rilke als Beobachter tritt in dem Dinggedicht nicht in Erscheinung. Die Verse sind allein auf das Objekt der Beobachtung, den Panther, konzentriert.
Er schaltet sich als beobachtender Schöpfer des Gedichts aus. Man hat deswegen von der „Ichlosigkeit“ beim Dinggedicht gesprochen.
Ein sehr lesenswerter Essay.
Danke für diesen Hinweis, Trekan. Ich werde die Aussage in deinem Sinne abschwächen.
Al_Azif (34) meinte dazu am 23.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Richtig, dass du einhakst. Es stimmt, dass die Sprechinstanz hier deutlich wahrnehmbar ist. Merci.
parkfüralteprofs (57)
(23.06.15)
(23.06.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Ich finde deine Gedanken sehr anregend, Park. Danke.
Uneingeschränkte Zustimmung dazu, dass es die ganz objektiven Dinggedichte nicht gibt. Die Illusion, in einem Dinggedicht etwas von sich wegrücken zu können, Distanz zu schaffen , ist verständlich und nachvollziehbar, aber du hast Recht: Letztlich geht es immer um den Menschen, wie sehr man auch versucht, davon zu abstrahieren. Daraus folgt logisch, dass auch bei dem Gedicht über den Panther der Mensch unausgesprochen gegenwärig ist. Ich werde versuchen, das in meine Interpretation aufzunehmen (dauert noch ein bisschen). Ja, auch aus meiner Sicht ist Nietzsche der Autor der Epoche. Aber auch Rilke dachte groß von sich. Ich bin deshalb nicht sicher, ob sich Nietzsches Wille zur Macht auch auf Rilke erstreckte. ) Ich halte es durchaus für denkbar, dass Rilke auf die Formulierung Tanz von Kraft um eine Mitte ein großer Wille steht aus reiner Anschauung gekommen ist, ohne dabei an Nietzsche zu denken. Deshalb möchte ich hier nicht spekulieren. Wenn du einen Beleg für die Beeinflussung durch Nietzsche hast, sieht das natürlich anders aus.
Uneingeschränkte Zustimmung dazu, dass es die ganz objektiven Dinggedichte nicht gibt. Die Illusion, in einem Dinggedicht etwas von sich wegrücken zu können, Distanz zu schaffen , ist verständlich und nachvollziehbar, aber du hast Recht: Letztlich geht es immer um den Menschen, wie sehr man auch versucht, davon zu abstrahieren. Daraus folgt logisch, dass auch bei dem Gedicht über den Panther der Mensch unausgesprochen gegenwärig ist. Ich werde versuchen, das in meine Interpretation aufzunehmen (dauert noch ein bisschen). Ja, auch aus meiner Sicht ist Nietzsche der Autor der Epoche. Aber auch Rilke dachte groß von sich. Ich bin deshalb nicht sicher, ob sich Nietzsches Wille zur Macht auch auf Rilke erstreckte. ) Ich halte es durchaus für denkbar, dass Rilke auf die Formulierung Tanz von Kraft um eine Mitte ein großer Wille steht aus reiner Anschauung gekommen ist, ohne dabei an Nietzsche zu denken. Deshalb möchte ich hier nicht spekulieren. Wenn du einen Beleg für die Beeinflussung durch Nietzsche hast, sieht das natürlich anders aus.
Gern gelesen, zumal mich das Gedicht schon immer besonders ansprach. LG
Danke, Armin. Die Interpretation scheint dich auch ein bisschen angesprochen zu haben.
LG
Ekki
LG
Ekki
LottaManguetti (59)
(23.06.15)
(23.06.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
"Ihm mag gleichzeitig die Parallele zum Menschen bewusst gewesen sein. Vorrangig jedoch beschreibt er minutiös das Verhalten des Tieres in der Gefangenschaft."
"Grazie, Lotta, ich denke, dass es so war, wie du es in obigem Zitat sagst. Die Parallele zwischen Panther und Mensch darf selbstverständlich hergestellt werden, gleichgültig, ob Rilke sie intendiert hat oder nicht. Aber sie kann nur hergestellt werden, weil er den Panther so genau beobachtet hat.
Ich freue mich sehr, dass dir meine Interpretation so gut gefallen hat.
Liebe Grüße
Ekki
"Grazie, Lotta, ich denke, dass es so war, wie du es in obigem Zitat sagst. Die Parallele zwischen Panther und Mensch darf selbstverständlich hergestellt werden, gleichgültig, ob Rilke sie intendiert hat oder nicht. Aber sie kann nur hergestellt werden, weil er den Panther so genau beobachtet hat.
Ich freue mich sehr, dass dir meine Interpretation so gut gefallen hat.
Liebe Grüße
Ekki
JamesBlond (63)
(24.06.15)
(24.06.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Lieber James,Merci. Wahrscheinlich tue ich nicht gut daran, als Erster zu deinem Kommentar Stellung zu nehmen, der sich durch Präzision und Klarheit auszeichnet. Wenn es einem Autor (in diesem Falle mir) gelungen ist, durch einen Beitrag eine Diskussion auszulösen, sollte er sich zurückhalten, weil er die geringste Distanz zu seinem Text hat und Gefahr läuft, ihn rechtfertigen zu wollen. Dies bedenkend, gebe ich triebhaft inkonsequent (;-)) ) meinen Senf dazu: 1. Begriffskritik: "Ein Symbol ist kein Zeichen. Letzteres ist eine bedeutungsfreie Chiffre, der ein bestimmter Inhalt definitorisch zugeordnet werden muss, um eine Bedeutung zu erlangen. Ein Sinnbild ist demgegenüber ein Ikon, das eine wahrnehmbare Ähnlichkeit zum referenzierten Objekt aufweist, wobei das Symbol darüberhinaus einen durch Tradition und Konvention erweiterten Bezug zu übergeordneten Inhalten aufweist." Mag sein, dass ein Symbol in seiner Entstehung zunächst kein Zeichen war, aber es ist zum Zeichen geworden, weil ihm "ein bestimmter Inhalt definitorisch zugeordnet" wurde. "In hoch signo vinces" (In diesem Zeichen wirst du siegen). Mit dem Kreuz ist genau das passiert. Ihm wurde ein bestimmter Inhalt definitorisch zugeordnet und dadurcdh wurde es zum bildhaften Zeichen. Ich denke, dass ein Symbol nicht "eine wahrnehmbare Ähnlichkeit zum referenzierten Objekt" aufweisen muss. Für das Kreuz als bildhaftem Zeichen für das Leiden Jesu Christi mag das zutreffen, aber was ist mit der Taube oder dem Ring. Die Bedeutung wurde dem symbolischen Zeichen durch Konvention zuteil, was nicht heißt , dass es ein wahrnehmbare Ähnlichkeit zwischen Taube und Frieden, zwischen Ring und Treue gibt. Tatsächlich kämpft eine Taube genauso um ihre Existenz wie ein Löwe. Ihre Aggressionslust ist nur weniger offensichtlich. Der Ring mit seiner Öffnung könnte per Konvention umgekehrt zum Zeichen für Untreue geworden sein. Was du über die "Ichlosigkeit" des Dinggedichts geschrieben hast, unterschreibe ich Wort für Wort.
Die ursprüngliche Antwort wurde am 24.06.2015 von EkkehartMittelberg wieder zurückgenommen.
Ich hätte meinen Kommentar gerne mit Absätzen übersichtlicher gemacht. Aus technischen Gründen ist dies nicht mehr möglich.
JamesBlond (63) meinte dazu am 25.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
MarieT (58)
(24.06.15)
(24.06.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Grazie, Marie. Ja, um das Auffrischen und Erweitern geht es mir bei den epochentypischen Gedichten.
Am wichtigsten aber ist mir, der Illusion entgegenzuwirken, wir hätten das Rad neu erfunden. Wir stehen viel mehr auf den Schultern unserer Vorgänger als uns bewusst ist.
Wir mögen nicht mehr so genial erscheinen, wenn es uns bewusst wird, aber die Unsterblichkeit der Posie und aller Künste besteht auch darin, dass die Fackel weitergereicht wird.
Liebe Grüße
Ekki
Am wichtigsten aber ist mir, der Illusion entgegenzuwirken, wir hätten das Rad neu erfunden. Wir stehen viel mehr auf den Schultern unserer Vorgänger als uns bewusst ist.
Wir mögen nicht mehr so genial erscheinen, wenn es uns bewusst wird, aber die Unsterblichkeit der Posie und aller Künste besteht auch darin, dass die Fackel weitergereicht wird.
Liebe Grüße
Ekki
Ein wenig mehr "Konjunktiv" würde der Interpretation gut tun, zumal die subjektive (Aus)deutung der Symbole (oder anders gesprochen: die Füllung der "Leerstellen") in Teilen so referiert wird, als wäre sie eine unumstößliche Gewissheit und nicht das, was sie ist: eine von zahllosen möglichen Lesarten (und ganz bestimmt niemals genuin). Ungeachtet dessen liest sie sich gut.
Graeculus (69) meinte dazu am 24.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Ich würde mir da nicht so sicher sein...
... auch hier gibt es mindestens beide Möglichkeiten.
... auch hier gibt es mindestens beide Möglichkeiten.
Graeculus (69) meinte dazu am 24.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Und zumindest das muss ich noch nachtragen: "Konjunktiv" (in Anführungszeichen) meint hier nicht konkret den grammatischen Modus sondern vielmehr im übertragenen Sinne "ein Bewusstsein für die Relativität der eigenen Interpretation". In diesem Sinne kann man den Begriff hier sogar als ein Symbol verstehen.
So so. Im Supermarkt.
Graeculus (69) meinte dazu am 24.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
"Das Wort Philister ist bekanntlich dem Studentenleben entnommen und bezeichnet in seinem weiteren, doch ganz populären Sinne den Gegensatz des Musensohnes, des Künstlers, des echten Kulturmenschen. Der Bildungsphilister aber – dessen Typus zu studieren, dessen Bekenntnisse, wenn er sie macht, anzuhören jetzt zur leidigen Pflicht wird – unterscheidet sich von der allgemeinen Idee der Gattung »Philister« durch einen Aberglauben: er wähnt selber Musensohn und Kulturmensch zu sein; ein unbegreiflicher Wahn, aus dem hervorgeht, daß er gar nicht weiß, was der Philister und was sein Gegensatz ist: weshalb wir uns nicht wundern werden, wenn er meistens es feierlich verschwört, Philister zu sein. Er fühlt sich, bei diesem Mangel jeder Selbsterkenntnis, fest überzeugt, daß seine »Bildung« gerade der satte Ausdruck der rechten deutschen Kultur sei: und da er überall Gebildete seiner Art vorfindet und alle öffentlichen Institutionen, Schul-, Bildungs- und Kulturanstalten gemäß seiner Gebildetheit und nach seinen Bedürfnissen eingerichtet findet, so trägt er auch überallhin das siegreiche Gefühl mit sich herum, der würdige Vertreter der jetzigen deutschen Kultur zu sein, und macht dementsprechend seine Forderungen und Ansprüche."
Friedrich Nietzsche (UZB): http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3244/3
Friedrich Nietzsche (UZB): http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3244/3
Graeculus (69) meinte dazu am 24.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Könnten wir uns aber mit der Mücke verständigen, so würden wir vernehmen, dass auch sie mit diesem Pathos durch die Luft schwimmt und in sich das fliegende Zentrum dieser Welt fühlt. Es ist nichts so verwerflich und gering in der Natur, was nicht durch einen kleinen Anhauch jener Kraft des Erkennens sofort wie ein Schlauch aufgeschwellt würde; und wie jeder Lastträger seinen Bewunderer haben will, so meint gar der stolzeste Mensch, der Philosoph, von allen Seiten die Augen des Weltalls teleskopisch auf sein Handeln und Denken gerichtet zu sehen.
http://www.textlog.de/455.html
http://www.textlog.de/455.html
Graeculus (69) meinte dazu am 24.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
@autoralexanderschwarz. Nö, Alexander. Mein Beitrag ist klar als Interpretation ausgewiesen. Interpretationen sind mehr oder weniger subjektive Stellungnahmen. Man kann sich ihrer mehr oder weniger sicher sein. In diesem Falle habe ich außer der von parkfüralteprofs angeregten Erweiterung nichts geschrieben, was einen konjunktivischen Eiertanz nötig gemacht hätte.
Ich schätze den Konjunktiv als Aussage für schwebende Bedeutungen und verwende ihn dafür gern. Aber ich benutze den Indikativ, wenn ich meiner Sache sicher bin. Wenn ich mich geirrt habe, gehe ich gerne auf andere Interpretationen ein und korrigiere mich. (Siehe den Verlauf des Threads)
Ich schätze den Konjunktiv als Aussage für schwebende Bedeutungen und verwende ihn dafür gern. Aber ich benutze den Indikativ, wenn ich meiner Sache sicher bin. Wenn ich mich geirrt habe, gehe ich gerne auf andere Interpretationen ein und korrigiere mich. (Siehe den Verlauf des Threads)
Ecnal (50) meinte dazu am 24.06.15:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
hahaha, den verkniffe ich mir auch nicht.
Gracie especiale, Lance.
(Antwort korrigiert am 24.06.2015)
Gracie especiale, Lance.
(Antwort korrigiert am 24.06.2015)
Ecnal (50)
(24.06.15)
(24.06.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Gracias, Lanze. Die Dinggedichte haben freilich eine breite Palette. Ich habe mal eine Ode auf meinen Kleiderbügel geschrieben. )
wa Bash (47)
(25.06.15)
(25.06.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Merci, wa Bash. Ja, ich denke auch, dass das ganze Gedicht als Symbol für die Wirkung von Gefangenschaft gesehen werden darf.
Frauke Velden-Hohrath widmete in ihrer Dissertation "Wolf Graf von Kalckreuth: Existenz - Übersetzung - Dichtung. Das lyrische Werk zwischen Todessehnsucht und Kriegslust" dem Symbolismus ein eigenes Kapitel (250f.), und fand treffende gültige Worte zum Phänomen. Das bemerkenswerte lyrische Werk Wolf von Kalckreuths steht in engem Zusammenhang zum Symbolismus und Rilke selbst.
Vielen Dank für diesen interessanten Hinweis, Dieter.
Doppelung, bitte löschen...
Antwort geändert am 17.09.2018 um 17:20 Uhr
Doppelte Optik in Rilkes Panthergedicht?
Salute in die Runde der Aficionados...
Nehme vergnügt von Ekkehard und James und anderen den Gedanken auf, dass der Text verdeckt und offen ein Spiel treibt, indem er Wahrnehmungen und Standorte fließend anbietet und im Panther menschliche und animalische Perspektive überlappen lässt.
Ich begründe die These von der Ähnlichkeit der Situationen (innerhalb und außerhalb des Käfiggitters) vielleicht ein bisschen anders – angeregt von den klugen Gedanken meiner Vorleute. Und nicht zuletzt auf den gutgemeinten, aber nicht recht glücklichen Rat hin, den Konjunktiv in der Interpretation nicht zu vernachlässigen. Konzentriere mich dabei auf das latente lyrische Ich: einen Beobachter und Menschen vor und hinter dem Gitter. Und auf den Konjunktiv im Text ("Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe/und hinter tausend Stäben keine Welt.")..
Setting und Konfiguration
Im Original - man vergleiche Ekkehards Wiedergabe - gibt es einen Untertitel („Im Jardin des Plantes, Paris“) nach der Überschrift "Der Panther", der vielen vielleicht gar nicht auffällt oder nach der Lektüre entfällt. Mit dieser Lokalisation ist das setting schärfer skizziert, eine Art Zoo, natürlich auch mit botanischem Garten, eine von Menschen ausgestellte, parkähnlich bearbeitete Natur mit Mensch, Flora und Fauna.
Eine Großstadt wie Paris: anskizziert metonymisch steht sie auch für Kultur und Zivilisation, vielleicht einen Höhepunkt der Zivilisation, den Ideal- und Realtypus. Darin, in dem Park und der Stadt, vermutlich ein Ich, das dem Panther zusieht und sich in ihn einfühlen kann.
Der Blick und der Konjunktiv
Eine besondere Art der Einfühlung ist das.
Offensichtlich ist das lyrische Ich fähig, den „müden Blick“ bis ins Bewusstein des Tieres weiterzuverfolgen. Dass der Blick nichts mehr „halten“ oder „festhalten“ kann, ist wohl auf dessen Gefängnissituation zurückzuführen. Das, was sich (scheinbar) bewegt, sind die Stäbe, die nicht aufhören. Und hinter den Stäben scheint – so die Perspektive des Panthers und das lyrische Ich kennt diese Perspektive – keine Welt zu sein.
Der Konjunktiv in „gäbe“, der Modus der eingeschränkten Gültigkeit, hat hier eine irreale Färbung, wir wissen, wir sind ja selber außerhalb des Käfigs, dass es sehr wohl eine Welt außerhalb der Gitter gibt. Der Konjunktiv nimmt also die Negation in „keine Welt“ zurück.
Andererseits lässt sich die Einfühlung in den Panther auch als eine latente Bestätigung des Pantherblickes lesen. Ich kann mich täuschen, eine Formulierung mit „als ob“ und Konjunktiv muss nicht unbedingt eine irreale Färbung haben, es kann auch eine vorsichtige Behauptung sein, die sich an die subjektive Perspektive anbindet, die nicht unbedingt unrecht haben muss: Ein Satz wie "mir ist, als ob es keine Rettung gäbe" legt nahe oder lässt zumindest offen, dass es keine Rettung gibt. Der Konjunktiv ist sozusagen redundant. Er unterstreicht die negative Formulierung von "keine Rettung".
Dort, wo wir die Passage "und hinter tausend Stäben keine Welt" so lesen, dass es sehr wohl eine Welt hinter diesen Stäben gibt, dort hat sich unsere Prämisse einer existenten Welt zum Generator der "irrealen Lesart" aufgeschwungen. Bei "Du schaust so, als ob du mich lieben würdest" ist die Liebe fraglich, aber nicht ausgeschlossen. Dass es hinter den Stäben wirklich keine Welt gibt, ist rein sprachlich nicht ausgeschlossen. Nur unser Weltwissen narkotisiert (bis zu einem gewissen Grad) diese Isotopie. Und unsere Prämisse, dass die tausend Stäbe in "Wirklichkeit" ja nicht existieren.
Dazu noch ein nicht linguistisch-grammatisches, sondern ein "ethologisches" Argument: Dort, wo die Stäbe nicht mehr sind, steht latent ein beobachtendes Ich. Wenn es das Innere des Panthers kennt, dann vielleicht, weil es die Gefangenseinsituation nachempfinden kann.
Klar doch: Wie kennen die ursprüngliche Heimat des Panthers, wir verstehen den Verlust der angestammten Wildbahn als Voraussetzung für die Irritation und Depression des Tieres. Das kann aber noch intensivere Gründe haben als nur die Einfühlung in eine nachvollziehbare, aber letzten Endes fremde Situation des Tieres.
Der Gefangene - die doppelte Optik des Gedichtes
Aber, aber, aber. Wie sicher ist die Prämisse, dass es gar keine tausend Stäbe gibt und das es eine gitterfreie Welt gibt?
Antwortversuch mit einem kleinen Salto Mortale vorwärts: Das lyrische Ich schaut hinter Stäben und durch Stäbe auf eine gefangene, animalisch schöne Kreatur. Der Bewohner der Welt außerhalb des Käfigs ist vielleicht der Bewohner, in welcher man Tiere einsperrt und ausstellt, er ist aber auch gleichzeitig in seinem vitalen, seinem animalischen Kern von der Parklandschaft und der Stadt und der Zivilisation eingeengt und gefangen. Eine reduzierte, eine wenig vitale Welt. Und somit eben nicht die ursprüngliche oder "eigentliche Welt". Und ähnlich wie eine Teilunwahrheit eine Aussage falsch machen kann, ist in dieser Perspektive die uns bekannte und von uns bewohnte Welt eben "keine Welt".
Und somit - diese Interpretationshypothese sei gewagt - sieht der Beobachter sein animalisches, sein vitales Ich im und mit dem Panther in einer Gefängniswelt.
Damit kippt die These vom irrealen Konjunktiv plötzlich. Die vom Potentialis schiebt sich vor. Und somit sind jetzt mindestens zwei Lesarten möglich. Die Welt des Beschauers als Gefängnis und/oder kein Gefängnis.
Fragt sich, ob in der letzten Strophe sich nicht auch der Beobachter im Pupillen-Bild „gesehen“ „sieht“. Einmal als ein Bildstimulus, der nicht weiter wichtig für den Panther ist und in dessen Depression versiegt. Dann weil er, der Beobachter, in einem vitalen Sinn nicht existiert, allenfalls in der reduzierten Existenz des Stadtmenschen, der sich - zweifellos auf eine sehr sensible, sehr empathische Weise im Panther einen Idealtypus von wildem Tier und Natur gönnt und sich mit „seiner“ Existenzform konfrontiert sieht. Mit der Schwundstufe von Welt unterhalb der Natur. Manche würden wohl den Begriff der "Schwundstufe" zurückweisen. Aber den gewissen Verlust mit zugestehen.
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf-. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
von Rainer Maria Rilke
Aus: Neue Gedichte (1907)
P.S.
Hier ein bisschen Material zum Aufschlusswert von
"als ob" + Indikativ
"als ob" + Konjunktiv I
"als ob" + Konjunktiv II
Also:
In der deutschen Grammatik sind selbst explizite Konjunktivsätze (Konjunktiv II) mit als ob/wie wenn nicht notwendig mit der Irrealis-Lesart verknüpft. Vielmehr liegt so etwas vor wie ein hypothetischer Vergleichssatz:
Er sieht so aus, als wäre er krank/wie wenn er krank wäre. (Buscha 1995, S.14)
Max war knallrot im Gesicht - als ob er sich furchtbar aufgeregt hätte. (Oppenrieder 1991, S. 364)
In diesen beiden Sätzen ist keineswegs ausgeschlossen, dass eine Krankheit vorliegt, beziehungsweise eine heftige Aufregung.
Salute und Valeat an den geneigten Leser
willibald wamser
Salute in die Runde der Aficionados...
Nehme vergnügt von Ekkehard und James und anderen den Gedanken auf, dass der Text verdeckt und offen ein Spiel treibt, indem er Wahrnehmungen und Standorte fließend anbietet und im Panther menschliche und animalische Perspektive überlappen lässt.
Ich begründe die These von der Ähnlichkeit der Situationen (innerhalb und außerhalb des Käfiggitters) vielleicht ein bisschen anders – angeregt von den klugen Gedanken meiner Vorleute. Und nicht zuletzt auf den gutgemeinten, aber nicht recht glücklichen Rat hin, den Konjunktiv in der Interpretation nicht zu vernachlässigen. Konzentriere mich dabei auf das latente lyrische Ich: einen Beobachter und Menschen vor und hinter dem Gitter. Und auf den Konjunktiv im Text ("Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe/und hinter tausend Stäben keine Welt.")..
Setting und Konfiguration
Im Original - man vergleiche Ekkehards Wiedergabe - gibt es einen Untertitel („Im Jardin des Plantes, Paris“) nach der Überschrift "Der Panther", der vielen vielleicht gar nicht auffällt oder nach der Lektüre entfällt. Mit dieser Lokalisation ist das setting schärfer skizziert, eine Art Zoo, natürlich auch mit botanischem Garten, eine von Menschen ausgestellte, parkähnlich bearbeitete Natur mit Mensch, Flora und Fauna.
Eine Großstadt wie Paris: anskizziert metonymisch steht sie auch für Kultur und Zivilisation, vielleicht einen Höhepunkt der Zivilisation, den Ideal- und Realtypus. Darin, in dem Park und der Stadt, vermutlich ein Ich, das dem Panther zusieht und sich in ihn einfühlen kann.
Der Blick und der Konjunktiv
Eine besondere Art der Einfühlung ist das.
Offensichtlich ist das lyrische Ich fähig, den „müden Blick“ bis ins Bewusstein des Tieres weiterzuverfolgen. Dass der Blick nichts mehr „halten“ oder „festhalten“ kann, ist wohl auf dessen Gefängnissituation zurückzuführen. Das, was sich (scheinbar) bewegt, sind die Stäbe, die nicht aufhören. Und hinter den Stäben scheint – so die Perspektive des Panthers und das lyrische Ich kennt diese Perspektive – keine Welt zu sein.
Der Konjunktiv in „gäbe“, der Modus der eingeschränkten Gültigkeit, hat hier eine irreale Färbung, wir wissen, wir sind ja selber außerhalb des Käfigs, dass es sehr wohl eine Welt außerhalb der Gitter gibt. Der Konjunktiv nimmt also die Negation in „keine Welt“ zurück.
Andererseits lässt sich die Einfühlung in den Panther auch als eine latente Bestätigung des Pantherblickes lesen. Ich kann mich täuschen, eine Formulierung mit „als ob“ und Konjunktiv muss nicht unbedingt eine irreale Färbung haben, es kann auch eine vorsichtige Behauptung sein, die sich an die subjektive Perspektive anbindet, die nicht unbedingt unrecht haben muss: Ein Satz wie "mir ist, als ob es keine Rettung gäbe" legt nahe oder lässt zumindest offen, dass es keine Rettung gibt. Der Konjunktiv ist sozusagen redundant. Er unterstreicht die negative Formulierung von "keine Rettung".
Dort, wo wir die Passage "und hinter tausend Stäben keine Welt" so lesen, dass es sehr wohl eine Welt hinter diesen Stäben gibt, dort hat sich unsere Prämisse einer existenten Welt zum Generator der "irrealen Lesart" aufgeschwungen. Bei "Du schaust so, als ob du mich lieben würdest" ist die Liebe fraglich, aber nicht ausgeschlossen. Dass es hinter den Stäben wirklich keine Welt gibt, ist rein sprachlich nicht ausgeschlossen. Nur unser Weltwissen narkotisiert (bis zu einem gewissen Grad) diese Isotopie. Und unsere Prämisse, dass die tausend Stäbe in "Wirklichkeit" ja nicht existieren.
Dazu noch ein nicht linguistisch-grammatisches, sondern ein "ethologisches" Argument: Dort, wo die Stäbe nicht mehr sind, steht latent ein beobachtendes Ich. Wenn es das Innere des Panthers kennt, dann vielleicht, weil es die Gefangenseinsituation nachempfinden kann.
Klar doch: Wie kennen die ursprüngliche Heimat des Panthers, wir verstehen den Verlust der angestammten Wildbahn als Voraussetzung für die Irritation und Depression des Tieres. Das kann aber noch intensivere Gründe haben als nur die Einfühlung in eine nachvollziehbare, aber letzten Endes fremde Situation des Tieres.
Der Gefangene - die doppelte Optik des Gedichtes
Aber, aber, aber. Wie sicher ist die Prämisse, dass es gar keine tausend Stäbe gibt und das es eine gitterfreie Welt gibt?
Antwortversuch mit einem kleinen Salto Mortale vorwärts: Das lyrische Ich schaut hinter Stäben und durch Stäbe auf eine gefangene, animalisch schöne Kreatur. Der Bewohner der Welt außerhalb des Käfigs ist vielleicht der Bewohner, in welcher man Tiere einsperrt und ausstellt, er ist aber auch gleichzeitig in seinem vitalen, seinem animalischen Kern von der Parklandschaft und der Stadt und der Zivilisation eingeengt und gefangen. Eine reduzierte, eine wenig vitale Welt. Und somit eben nicht die ursprüngliche oder "eigentliche Welt". Und ähnlich wie eine Teilunwahrheit eine Aussage falsch machen kann, ist in dieser Perspektive die uns bekannte und von uns bewohnte Welt eben "keine Welt".
Und somit - diese Interpretationshypothese sei gewagt - sieht der Beobachter sein animalisches, sein vitales Ich im und mit dem Panther in einer Gefängniswelt.
Damit kippt die These vom irrealen Konjunktiv plötzlich. Die vom Potentialis schiebt sich vor. Und somit sind jetzt mindestens zwei Lesarten möglich. Die Welt des Beschauers als Gefängnis und/oder kein Gefängnis.
Fragt sich, ob in der letzten Strophe sich nicht auch der Beobachter im Pupillen-Bild „gesehen“ „sieht“. Einmal als ein Bildstimulus, der nicht weiter wichtig für den Panther ist und in dessen Depression versiegt. Dann weil er, der Beobachter, in einem vitalen Sinn nicht existiert, allenfalls in der reduzierten Existenz des Stadtmenschen, der sich - zweifellos auf eine sehr sensible, sehr empathische Weise im Panther einen Idealtypus von wildem Tier und Natur gönnt und sich mit „seiner“ Existenzform konfrontiert sieht. Mit der Schwundstufe von Welt unterhalb der Natur. Manche würden wohl den Begriff der "Schwundstufe" zurückweisen. Aber den gewissen Verlust mit zugestehen.
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf-. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
von Rainer Maria Rilke
Aus: Neue Gedichte (1907)
P.S.
Hier ein bisschen Material zum Aufschlusswert von
"als ob" + Indikativ
"als ob" + Konjunktiv I
"als ob" + Konjunktiv II
Auch die literarische Qualität des Grass-Werkes kritisierte Kempowski: Die paar Ausschnitte, die er gelesen habe, finde er "bieder und altmodisch - so, als ob die Zeit an ihm vorübergegangen ist und es Arno Schmidt nie gegeben hätte". (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Mit Blick auf die Scheingesellschaften hatte Bass schon im Februar 2000 in einem Memo an Andersens Enron-Team geschrieben: "Es sieht so aus, als ob die ganze Sache keine Substanz hat". (Quelle: Der Spiegel ONLINE) (habe?, hätte?)
Italienischer Fußball wirkt derzeit wie in die dunklen Sechziger Jahre des Catenaccio zurückgefallen, so als ob man Ferraris kauft, um mit ihnen durch verkehrsberuhigte Zonen zu tuckern. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Es komme ihm vor, als ob die "Reise zwischen Alltagsleben und Kunst auf einer Möbiusschleife stattfindet". (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Herren Anfang sechzig stehen auf den Stühlen und recken die Fäuste empor, dauergewellte Mitdreißigerinnen zappeln wie von der Spinne gestochen, biedere Schwaben johlen, als ob die Welt morgen zu Ende ginge. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Doch auch hier werde so getan, als ob dies möglich wäre: "Es gibt einen Paragrafen über Abgeordnetenkorruption, der so speziell formuliert ist, dass er niemals zur Anwendung kommen wird." (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
"In Italien ist es so, als ob Leo Kirch in Deutschland Bundeskanzler wäre", kommentieren Beobachter die Stellung Berlusconis. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Was Kaweh Niroomand, dem Manager des Volleyball-Bundesligisten SC Charlottenburg, nach drei Jahren gemeinsamer Arbeit zur Trennung von Trainer Brian Watson einfiel, klang nicht so, als ob da ein schwerwiegender Verlust zu beklagen sei. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Und die singen und spielen die beiden mit so viel feinem Humor, komischem Pathos oder - je nachdem - zurückhaltendem Ernst, dass die Zuschauer im wenig gefüllten Saal bald lachen oder gebannt mitfiebern, als ob sie die Geschichten miterlebten. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Und als ob diese Oase an sich nicht schon Wunder genug wäre, sonnt sich ganz oben auf den Felsen noch ein mümmelndes Murmeltier, ein Viscacha. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Mit Blick auf die Scheingesellschaften hatte Bass schon im Februar 2000 in einem Memo an Andersens Enron-Team geschrieben: "Es sieht so aus, als ob die ganze Sache keine Substanz hat". (Quelle: Der Spiegel ONLINE) (habe?, hätte?)
Italienischer Fußball wirkt derzeit wie in die dunklen Sechziger Jahre des Catenaccio zurückgefallen, so als ob man Ferraris kauft, um mit ihnen durch verkehrsberuhigte Zonen zu tuckern. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Es komme ihm vor, als ob die "Reise zwischen Alltagsleben und Kunst auf einer Möbiusschleife stattfindet". (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Herren Anfang sechzig stehen auf den Stühlen und recken die Fäuste empor, dauergewellte Mitdreißigerinnen zappeln wie von der Spinne gestochen, biedere Schwaben johlen, als ob die Welt morgen zu Ende ginge. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Doch auch hier werde so getan, als ob dies möglich wäre: "Es gibt einen Paragrafen über Abgeordnetenkorruption, der so speziell formuliert ist, dass er niemals zur Anwendung kommen wird." (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
"In Italien ist es so, als ob Leo Kirch in Deutschland Bundeskanzler wäre", kommentieren Beobachter die Stellung Berlusconis. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Was Kaweh Niroomand, dem Manager des Volleyball-Bundesligisten SC Charlottenburg, nach drei Jahren gemeinsamer Arbeit zur Trennung von Trainer Brian Watson einfiel, klang nicht so, als ob da ein schwerwiegender Verlust zu beklagen sei. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Und die singen und spielen die beiden mit so viel feinem Humor, komischem Pathos oder - je nachdem - zurückhaltendem Ernst, dass die Zuschauer im wenig gefüllten Saal bald lachen oder gebannt mitfiebern, als ob sie die Geschichten miterlebten. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Und als ob diese Oase an sich nicht schon Wunder genug wäre, sonnt sich ganz oben auf den Felsen noch ein mümmelndes Murmeltier, ein Viscacha. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)
Also:
In der deutschen Grammatik sind selbst explizite Konjunktivsätze (Konjunktiv II) mit als ob/wie wenn nicht notwendig mit der Irrealis-Lesart verknüpft. Vielmehr liegt so etwas vor wie ein hypothetischer Vergleichssatz:
Er sieht so aus, als wäre er krank/wie wenn er krank wäre. (Buscha 1995, S.14)
Max war knallrot im Gesicht - als ob er sich furchtbar aufgeregt hätte. (Oppenrieder 1991, S. 364)
In diesen beiden Sätzen ist keineswegs ausgeschlossen, dass eine Krankheit vorliegt, beziehungsweise eine heftige Aufregung.
Salute und Valeat an den geneigten Leser
willibald wamser
Kommentar geändert am 18.09.2018 um 11:25 Uhr
Habe den obigen Kommentar, angeregt von Ekkehards Interpretation zum "Dingsymbol" Panther und angeregt von den Reaktionen seiner Leser, überarbeitet und eigens eingestellt.
Als
"Panthersachen bei Rilke".
greetse
ww
Als
"Panthersachen bei Rilke".
greetse
ww
Kommentar geändert am 10.01.2019 um 10:38 Uhr
Kommentar geändert am 10.01.2019 um 14:58 Uhr
Verzeih, lieber Willibald,, die Beantwortung der Kommentare zu meinen Sonetten über Selbstironie erlaubt mir erst jetzt auf deine Interpretation einzugehen. Seit Wolfgang Iser werden unterschiedliche Lesarten von Gedichten von der Literaturwissenschaft akzeptiert, weil der Text nicht mehr die einzige Autorität ist, sondern auch die Vorstellungen, die der Leser mit dem Text verbindet. Ich finde das völlig in Ordnung.
Nicht so gut finde ich, dass heute oft unterschiedliche Lesarten ohne genauen Rückbezug auf den Text angeboten werden. Davon hebt sich deine Interpretation wohltuend ab, weil du gerade durch sorgfältigen Rekurs auf den Text, insbesondere auf die Benutzung des Konjunktivs, zu einer zweiten Lesart kommst, die mir einleuchtet. Hier noch einmal für flüchtige Leser deine Zusammenfassung: "Und somit - diese Interpretationshypothese sei gewagt - sieht der Beobachter sein animalisches, sein vitales Ich im und mit dem Panther in einer Gefängniswelt.
Damit kippt die These vom irrealen Konjunktiv plötzlich. Die vom Potentialis schiebt sich vor. Und somit sind jetzt mindestens zwei Lesarten möglich. Die Welt des Beschauers als Gefängnis und/oder kein Gefängnis."
Ich danke dir für die sorgfältige Lektüre von Rilkes Gedicht und meines Textes.
Beste Grüße
Ekki
Nicht so gut finde ich, dass heute oft unterschiedliche Lesarten ohne genauen Rückbezug auf den Text angeboten werden. Davon hebt sich deine Interpretation wohltuend ab, weil du gerade durch sorgfältigen Rekurs auf den Text, insbesondere auf die Benutzung des Konjunktivs, zu einer zweiten Lesart kommst, die mir einleuchtet. Hier noch einmal für flüchtige Leser deine Zusammenfassung: "Und somit - diese Interpretationshypothese sei gewagt - sieht der Beobachter sein animalisches, sein vitales Ich im und mit dem Panther in einer Gefängniswelt.
Damit kippt die These vom irrealen Konjunktiv plötzlich. Die vom Potentialis schiebt sich vor. Und somit sind jetzt mindestens zwei Lesarten möglich. Die Welt des Beschauers als Gefängnis und/oder kein Gefängnis."
Ich danke dir für die sorgfältige Lektüre von Rilkes Gedicht und meines Textes.
Beste Grüße
Ekki
vielleicht spielt darin stillschweigend auch mit
dionysos der auf dem panther ritt
und dessen wildheit quasi schon beschnitt -
gleich vier spannte ihm schilling vor den wagen
auf der semperoper sozusagen
um musik in alle welt zu tragen.
lg
henning
dionysos der auf dem panther ritt
und dessen wildheit quasi schon beschnitt -
gleich vier spannte ihm schilling vor den wagen
auf der semperoper sozusagen
um musik in alle welt zu tragen.
lg
henning
Merci, Henning, immer wieder genieße ich deine Hinweise aus dem Fundus von Bildung.
LG
Ekki
LG
Ekki