Postkartengrüße

Kurzprosa

von  BeBa

Heute Morgen erhielt er eine Karte von seiner Tochter. Aus Miami. Überhaupt kommt sie viel rum und schickt ihm Grüße aus Städten, die er nur aus dem Fernsehen kennt. Er wirft stets einen kurzen Blick auf die Bilder der Postkarten, die sich alle gleichen: Blauer Himmel, egal wo, herausgeputzte Straßen und Menschen. Die Grüße landen in der obersten Schublade seines Schreibtisches.
Vor ein paar Monaten, er war gerade Rentner geworden, kam dann die Karte mit einer eingeschneiten Holzhütte. Der Himmel grau. Und zum ersten Mal seit langem hatte er den Wunsch verspürt, sie würde ihn mal einladen: Vielleicht in diese Hütte.
Doch nur Tage später erhielt er schon die nächste Karte mit einem menschenleereren weißen Sandstrand vor wolkenlosem Horizont. Und ihm wurde klar, dass seiner Tochter solche Holzhütten gar nichts mehr bedeuten.

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Kommentare zu diesem Text


 AvaLiam (07.07.20)
Hallo BeBa

Beim ersten Überfliegen habe ich tatsächlich "gelesen" , dass dem Vater die Dinge auf den Karten nichts bedeuten und für mich die Essenz gezogen, dass er statt der vielen Postkarten lieber mehr Nähe zu seiner Tochter hätte.
Mit dem zweiten Lesen fiel mir auf, dass es um die Tochter selbst geht.
Mir scheint, diese Frau sucht sich in der ganzen Welt und einen Ort wie zu Hause.
Wer gerade noch an einem Platz verweilt, der verschneit ist und vom Idyll einer Holzhütte lebt, um ein wenig später sich am Meer wiederzufinden, scheint ein wenig zerrissen und unruhig.

Die Häufigkeit, mit der sie diese Karten an ihren Vater versendet, lässt vermuten, dass das der Ort ist, wo sie am liebsten wäre.

Und wenn ich es noch 4 Mal lese, finden sich sicher noch ganz andere Blickwinkel.

Liebe Grüße - Ava

 BeBa meinte dazu am 07.07.20:
Hallo Ava,

danke dir für deine Eindrücke und Gedanken zum Text. Ja, du hast ihn sehr intensiv gelesen. Dafür bin ich dir sehr dankbar.

LG
BeBa
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