Empathie und Verlogenheit

Gedanke zum Thema Maske

von  Terminator

Im Kulturkampf um Begriffe wie N-Wort-Kuss oder M-Ohrenstraße beanspruchen die Befürworter der Sprechverbote und politisch korrekten Umbenennungen Empathie für sich. Dass lässt sie moralisch überlegen aussehen und sie fühlen sich als bessere Menschen. Aber Empathie hat ihren Preis. Echte Empathie lässt sich beim genauen Hinsehen von vorgetäuschter (gelogener) oder sich selbst fälschlich zugeschriebener (verlogener) Empathie unterscheiden.

Empathie trifft dich hart, du leidest mit. Empathie ist nicht selektiv, sie macht keine Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß, Mann und Frau, Konservativ und Liberal, Reich oder Arm. Schadenfreude darüber, dass auch reiche Menschen sehr unglücklich sein können, lässt sich mit echter Empathie nicht vereinbaren. Mitgefühl mit alleinerziehenden Müttern und „I bathe in male tears“-Einstellung gegenüber Scheidungsvätern hat nichts mit wahrer Empathie zu tun.

Wahre Empathie ist lösungsorientiert, weil es nicht darum geht, sich durch das Mitfühlen gut zu fühlen. Der wirklich Empathische will wirklich helfen. Gutmenschen-Empathie will sich gut anhören und gut anfühlen. Verlogene Empathie empört sich, wahre Empathie sucht still nach Lösungen. Der politisch korrekte Gutmensch, der bestimmte Gruppen pauschal verteufelt und anderen Gruppen einen Heiligenschein ausstellt, hat keine Empathie. So handelt vielmehr ein Soziopath.


Im Kulturkampf um Begriffe wie N-Wort-Kuss oder M-Ohrenstraße beanspruchen die Gegner der Sprechverbote und politisch korrekten Umbenennungen das Recht auf ihre alten Gewohnheiten. Dass manche dieser Sprechgewohnheiten diskriminierend und verletzend sind, scheint sie nicht zu interessieren. Sie hören einfach nicht zu. Sind sie deswegen einfach nur schlechte Menschen. Eine Gegenfrage: Aber hört man denn ihnen zu?

Jemand, der den CSD prinzipiell unterstützt, und sagt: „Ich finde gut, dass Homosexuelle für ihre Rechte demonstrieren, aber müssen sie denn in Lack und Leder marschieren, müssen sie in der Öffentlichkeit sexuelle Praktiken zeigen, müssen meine Kinder das sehen?“, gilt im politisch korrekten Mainstream als Gegner im Kampf gegen Rechts. Ansatt eines „herrschaftsfreien Diskurses“ gibt es die linksliberale Deutungshoheit über alle kulturellen und gesellschaftlichen Fragen. Wer mit seiner Meinung dagegen verstößt, wird in seiner Ehre verletzt und in seiner Würde gekränkt, gilt sozial als Mensch zweiter Klasse und moralisch als minderwertig. Die Ausgrenzung und Diffamierung von Andersdenkenden und der moralische Furor, der mit echter Moralität nichts zu tun hat, haben ein Klima des Gleichgültigkeit und des Fuckyouismus geschaffen.

Jeder Schritt des Konservativen auf den linksliberalen Mainstream zu verpufft in der totalitären Forderung: Entweder du stimmst unserer Doktrin voll und ganz zu oder du bist rechts und damit ein Nazi. Dass viele Konservative (und sogar Zentristen) als Gegenreaktion tatsächlich nach Rechts rücken, ist die logische Konsequenz. Im letzten Jahrzehnt ist dementsprechend ein rechter Mainstream entstanden, der ebenfalls alles verdammt, was mit seiner Doktrin nicht voll übereinstimmt. Die Lehre ist: Einseitigkeit funktioniert nicht, weder in der Liebe noch in der Freundschaft noch in der Politik. Wer einen Neutralen oder gar Sympathisanten zu einseitigen Zugeständnissen zwingen will, befördert eine negative Gegenseitigkeit, nämlich Feindschaft.


Anmerkung von Terminator:

Dem Spießbürger ist die Umstellung unbequem, er besteht darauf, weiterhin "Negerkuss" sagen zu dürfen. Wenn eine junge Frau ihm sagt, dass sie "Fräulein" diskriminierend findet, und stattdessen "Mieze" genannt werden will, gefällt sich das Plappermaul in der dummschwätzerischen Sophisterei, "Mieze" sei doch erst recht diskriminierend, da angeblich sexualisierend (was hat Zartheit/Katzenhaftigkeit/Kuschelfähigkeit mit Sex zu tun?), und außerdem hat man ja schon immer "Fräulein" gesagt.

Wer wirklich empathisch ist, versteht, dass sich im Bagatellbeispiel die junge Frau durch "Fräulein" abgewertet fühlt und im ernsten Beispiel der Schwarze die sich am Erbe des Kolonislismus ergötzende Anspielung übel nimmt, weil sie für Sklaverei, Rassendiskriminierung und Massenmord steht. Der Empathiebegabte (und diese Begabung auch nutzende) will keine symbolischen Lösungen, er sucht nach echten Lösungen. Die erste Frage lautet aus einem wertvollen Munde daher, ob und welche Missstände es immer noch gibt, die durch bestimmte Bezeichnungen transportiert werden. Bei denen aber, die, wie die Hure einen Orgasmus, guten Willen vortäuschen, indem sie nach Euphemismen statt Lösungen suchen, stellt sich die Frage, zu welchem, wenn nicht leckenden, Zweck sie überhaupt eine Zunge haben.

Virtue Signalling ist aber nicht immer böswillig. Es kann auch aus der uncanny valley der Halbherzigkeit kommen: man wünscht zwar durchaus, dass das Gute in der Welt geschähe und die Missstände verschwänden, aber man ist zu feige, dafür bzw. dagegen zu kämpfen. Stattdessen sagt man dem Spießbürger: "Mach was du willst, aber ich bin der Gute!" bzw. "Ich bin ein besserer Mensch als du!" Aber ich dachte, es ginge dir um die Missstände und nicht um dich, sagt der wahre Held, und zieht damit kindisch-hysterische Wut des Gutmenschen auf sich. Dieser aber sollte sich stattdessen still und bescheiden dem Mutigen anschließen, der wirklich gegen Missstände kämpft.

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Kommentare zu diesem Text


 Regina (31.07.20)
Da triffst du den Nagel auf den Kopf. Empathie fühlt alles mit, Mitleid nur das Genehme.

 Oskar (31.07.20)
Echte Empathie=Bei der Daumenhoch-Szene im flüßigen Stahl heulen wie ein Schloßhund.
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